Ja zu mehr Grün mit vielen Abers
Von Christian Willim
Das Umfeld ist grün. Tirols ÖVP-Landeshauptmann Günther Platter und Grünen-Frontfrau Ingrid Felipe haben am Dienstag in den Congresspark von Igls bei Innsbruck geladen. Die neuen Regierungspartner stellten ihre Koalitionsvereinbarung der Öffentlichkeit vor. Eine Woche lang war um die Formulierungen gerungen worden. Felipes Fazit: „Wir haben stark verhandelt. Das ist ein mutiges Projekt für die Grünen, aber auch für die Tiroler Volkspartei.“
Ein Projekt, über das die grüne Basis Montagnacht Stunden lang diskutiert hatte, bevor schließlich mit 89 Prozent der Delegiertenstimmen ihr Ja für Schwarz-Grün gaben.
Zuvor hatte es aber auch kritische Stimmen gegeben. Vieles sei zu schwammig formuliert, teilweise fehlten konkrete Termine für vereinbarte Projekte. Das gilt etwa für das von den Grünen in das Papier reklamierte 365-Euro-Ticket für ganz Tirol (ein solches gibt es in Wien). Das soll „nach Maßgabe der finanziellen Möglichkeiten“ eingeführt werden. Die Finanzen liegen in der Zuständigkeit von Landeschef Platter.
Wie eine Absichtserklärung liest sich auch der Kompromiss zur sogenannten Agrar-Frage, eines der in Tirol seit Jahren umstrittensten politischen Themen. Vor der Landtagswahl hatten die Grünen einen Sonderlandtag initiiert und gemeinsam mit den anderen Parteien (außer der ÖVP) versucht, ein Gesetz zur Lösung dieser Frage durchzubringen. Das hätte die Rückübertragung des Gemeindeguts (Grund und Boden im Ausmaß der Fläche Osttirols) von Agrargemeinschaften an die Kommunen sichern sollen. Felipe machte die Rückübertragung zur Koalitionsbedingung.
Umfaller und No-go
Am Dienstag musste die künftige Landesrätin jedoch klarmachen, dass sie das von den Grünen vor wenigen Wochen forcierte Gesetz nicht unterstützen werde, wenn es von der Opposition erneut in den Landtag gebracht wird. „Wir haben aber eine Lösung gefunden, die der Rückübertragung sehr nahe kommt.“
Keine Kompromisse machten die Grünen bei einer Naturschutzfrage, die im Vorfeld als Knackpunkt für einen Regierungspakt galt. Ein Zusammenschluss von Axamer Lizum und Schlick wurde als einziger Punkt in den koalitionsfreien Raum gestellt. Eine Verbindung der beiden Skigebiete würde durch das Ruhegebiet Kalkkögel führen. „Das wird es mit den Grünen bestimmt nicht geben“, versicherte Gebi Mair, der neue Klubchef der Grünen.
Das Arbeitsübereinkommen der neuen Partner hat aber auch eine klar erkennbare grüne Handschrift – etwa im Bereich direkte Demokratie. So sollen Bürger die Möglichkeit bekommen, dass eine Anfrage von ihnen im Landtag behandelt wird. Als Erfolg für die Grünen kann zudem gewertet werden, dass der Landesumweltanwalt künftig weisungsfrei sein wird.
Modell für den Bund
Günther Platter verriet, dass er schon länger mit Schwarz-Grün geliebäugelt habe. Für dieses Projekt rückte der Landeshauptmann unter anderem von seinem kategorischen Nein zu „Tempo 100“ auf Tirols Autobahnen ab, wenn dadurch das sektorale Fahrverbot wieder eingeführt werden kann. Sollte Schwarz-Grün auch im Bund kommen, würde ihn das „freuen“, sagt Platter. Doch das ist vorerst nur ein Wunschkonzert. Laut Umfragen haben die zwei Parteien keine Mehrheit.
Stunden zuvor hat die grüne Basis ihre Zustimmung zum Versuch einer schwarz-grünen Regierung und damit einer Premiere in Tirol gegeben. Während der VP-Landesparteivorstand das Regierungsübereinkommen Montagabend nach einer rund zweistündigen Sitzung absegnete, tagte die grüne Landesversammlung über Stunden bis in die Nacht hinein. Um fünf vor zwölf kam dann das eindeutige grüne Ja: 89 Prozent der Delegierten stimmten dem Pakt zu.