"Die nehmen keinem einen Job weg"
Von Maria Kern
Angertal bei Bad Hofgastein. Auf 1180 Meter Seehöhe steht ein Ski-Restaurant. Rundherum ist alles grün. Das Lokal ist geschlossen. Drinnen herrscht dennoch reger Betrieb. In der Küche wird geschnitten, gerührt und gewürzt – mitten drin stehen Hotelier Sepp Schellhorn und Roland Trettl, langjähriger Chef-Koch des "Ikarus" im "Hangar-7" von Red-Bull-Chef Dietrich Mateschitz. Die Spitzenköche instruieren 20 Flüchtlinge. In den Speiseräumen bringt der Zauchenseer Gastronom Roland Dolschek den Syrern, Afghanen und Irakern bei, wie man mehrere Teller auf einmal unfallfrei zu den Tischen manövriert. Von Mitte August bis Mitte November wurden die jungen Männer zu Hilfsköchen und -kellnern ausgebildet. Die drei "Lehrer" werkten um Gottes Lohn. Es sind Schellhorns Flüchtlinge.
Deutsch-Unterricht
35 hat der 48-jährige Tausendsassa Anfang Juni in einer Gasteiner Pension, die im Winter als Mitarbeiterhaus dient, aufgenommen. Von Beginn an wurden die Bewohner zwölf Stunden pro Woche in Deutsch unterrichtet – von ehrenamtlichen Helfern. Fünf Asylwerber arbeiten mittlerweile in einem Schellhorn-Betrieb. "Sie haben Jobs, für die wir keine Österreicher gefunden haben", betont der Unternehmer.
Perspektiven bieten
Geht es nach ihm, soll sein Projekt Schule machen. Schellhorn ist nicht nur ein Top-Gastronom mit sozialem Engagement, sondern auch Neos-Politiker. Er will, dass man den 7000 in Österreich befindlichen unbegleiteten Minderjährigen eine Perspektive bietet.
Asylwerber dürfen zwar grundsätzlich nicht arbeiten (Ausnahme Saisonarbeit, gemeinnützige Arbeit), aber unter 25-Jährige können eine Lehre in der Gastronomie oder in einem "Mangelberuf" (Dreher, Fräser, Dachdecker etc.) absolvieren. Und Stellen findet man in manchen Regionen genug. "Im Pongau gibt es 300 offene Lehrstellen, vor allem in der Industrie und der Gastronomie, aber nur 30 Lehrstellensuchende", schildert Schellhorn. Asylwerber würden also "keinem Einheimischen einen Job wegnehmen".
Es gebe aber keine Plattform, die die Arbeitswilligen und die Unternehmer zusammenbringe. Der Neos-Wirtschaftssprecher meint daher, bei der Wirtschaftskammer (Länder, Bezirke) sollten Anlaufstellen eingerichtet werden. "Betriebe sollen dort ihren Lehrlingsbedarf melden." Mit der Flüchtlingsbetreuung betraute Stellen sollten junge Asylwerber zur Kammer vermitteln. Und in den Berufsschulen sollte den Flüchtlingen im ersten Jahr nur Deutsch beigebracht werden – und die Lehre dafür um ein Jahr verlängert werden, so der Schellhorn-Plan.
AMS nicht zuständig
Das Arbeitsmarktservice kann die jungen Flüchtlinge jedenfalls nicht vermitteln, weil es erst zuständig ist, wenn deren Asylverfahren positiv abgeschlossen sind. Die Regierung steht auf dem Standpunkt, es müssten zunächst jene integriert werden, die bereits offiziell als Flüchtlinge anerkannt sind.
Bis dahin vergehen freilich Monate, mitunter Jahre, in denen die Leute zur Untätigkeit verdammt sind. "Das ist eine ökonomische und volkswirtschaftliche Dummheit und vor allem unfair und unmenschlich", befindet Schellhorn.
Was hält man beim AMS von der Idee des Neos-Mannes? "Ich verstehe den Ansatz. Die Integration am Arbeitsmarkt gelingt am besten, wenn sie schnell geschieht", sagt AMS-Vorstand Johannes Kopf. Er meint aber, wichtiger sei, dass die Asylwerber zunächst rasch Deutsch lernen. "Und am meisten würden schnellere Asylverfahren helfen."
Bis dahin wird angesichts der Vielzahl an Anträgen freilich noch viel Zeit vergehen.