Politik/Inland

Schadenersatz: Telekom fordert 10 Mio. ein

Der Schriftsatz, den die Anwälte der Telekom Austria Ende Jänner in der Wiener Landesgerichtsstraße ablieferten, könnte für acht Herren sehr unangenehm, weil teuer, werden. Abgesehen von den laufenden Strafverfahren geht es den Beschuldigten nun ans Geldbörsel. Insgesamt rund zehn Millionen Euro fordert die Telekom an Schadenersatz. Von Ex-Chef Heinz Sundt sowie den ehemaligen Vorstandsdirektoren Rudolf Fischer, Stefano Colombo und Gernot Schieszler, inzwischen Kronzeuge der Staatsanwaltschaft. Mit auf der Liste der ehemalige Geschäftskundenleiter Josef Trimmel und der schwer erkrankte Prokurist Wolfgang F. (Name der Redaktion bekannt). Und als externe Mithelfer Lobbyist Peter Hochegger und Johann Wanovits, Gründer der Spezialbank Euro Invest.

Aus Kostengründen verfasste die Telekom keine eigene Schadenersatzklage, sondern hat sich, wie aus Justizkreisen bestätigt wird, dem Strafverfahren als Privatbeteiligter angeschlossen. Das hilft Prozesskosten sparen. Nach all den Malversationen, die mittlerweile an die Öffentlichkeit geschwappt sind, kann es für die Beschuldigten freilich noch dicker kommen. Vorerst wurde nur die Kursmanipulationsaffäre eingeklagt, weitere Forderungen sind jederzeit möglich.

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Das Verfahren um die beispiellose Manipulation des Telekom-Kurses ist am weitesten fortgeschritten. Seit Mitte Jänner liegt der Abschlussbericht der Polizei vor. Darin werden die ehemaligen Spitzenmanager schwer belastet.

Kurzer Rückblick ins Jahr 2004. Über rund hundert Telekom-Mitarbeiter ergießt sich ein warmer Geldregen von 9,2 Millionen Euro. Der Kurs der Telekom-Aktie hat am 26. Februar in einem Herzschlag-Finale auf die Kommastelle genau jenen Sprung hingelegt, der für die Auszahlung der Boni aus einem Aktienoptionsprogramm ausschlaggebend ist. Die fettesten Brocken kassieren, wie bei solchen Programmen üblich, die damaligen Vorstände – insgesamt fast 1,5 Millionen Euro. An einen Zufall glaubte schon damals niemand, auch wenn Sundt (bekam 390.000 Euro) noch so oft beteuerte, alles sei in Ordnung gewesen.

Als die Grüne Abgeordnete Gabriela Moser, Vorsitzende des Korruptions-U-Ausschusses, im Vorjahr auf Grund von KURIER-Recherchen Anzeige erstattete, begann die Justiz doch noch zu ermitteln. Heute wissen wir, dass Wanovits im Auftrag der Telekom den Kurs entsprechend manipulierte. Hochegger wiederum half aus der Verlegenheit, Wanovits die versprochene „Risikoentschädigung“ von einer Million Euro an der Buchhaltung vorbei auszuzahlen. Für alle Genannten gilt die Unschuldsvermutung.

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Auffallend: Gegen Boris Nemsic werden keine Rückforderungen gestellt. Wie zu hören ist, soll das Strafverfahren gegen ihn eingestellt werden. Falls doch nicht, kann die Telekom immer noch nachreichen. Nemsic war Sundt, der 2006 den Abgang machen musste, als Telekom-Chef nachgefolgt. Wie immer im halbstaatlichen Bereich, ließ man es sich einiges kosten, einen Manager loszuwerden. Im Fall von Sundt die Kleinigkeit von knapp 2,2 Millionen Euro.

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Der (noch) amtierende Telekom-Chef Hannes Ametsreiter wird bei der Staatsanwaltschaft auch als Beschuldigter geführt. Wegen einer anonymen Anzeige aus dem Vorjahr. Diese ist allerdings derart dünn und unqualifiziert, dass die Justiz das Verfahren demnächst einstellen wird.

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Trotzdem blickt Ametsreiter derzeit tief ins Auge des Taifuns. Die im U-Ausschuss öffentlich gewordenen Korruptionsvorwürfe gegen die Telekom kommen, auch wenn sie die Vergangenheit betreffen und Ametsreiter bis heute nichts vorzuwerfen ist, zur Unzeit. Der Imageschaden für das Unternehmen ist nicht mehr reparabel. Der börsenotierte Konzern, eines der Schwergewichte im Wiener Leitindex ATX, steht vor internationalen Investoren da wie der Selbstbedienungsladen der Politik. Was die Firma ja auch tatsächlich war.

Am Markt sind die komfortablen Zeiten für den ehemaligen Monopolisten schon lange vorbei. Auf der Bilanzpressekonferenz am kommenden Donnerstag wird Ametsreiter hohe Verluste bekannt geben müssen. Die Analysten der Erste Group zum Beispiel rechnen unterm Strich mit einem Minus von rund 200 Millionen Euro. Im Jänner hatte die Ratingagentur Moody’s die langfristige Bewertung um einen Punkt herabgestuft.

Die Aussichten sind wenig rosig. Enorme Konkurrenz und schwache Konjunktur im Inland und auf wichtigen Auslandsmärkten drücken das Ergebnis. Größtes Problem ist Weißrussland, wo für die Tochter Velcom 300 Millionen Euro abgeschrieben werden müssen. Europas letzte Diktatur leidet unter einer Hyperinflation samt schwerer Rezession. Großzügige Ausschüttungen an die Aktionäre, was wiederholt Kritiker auf den Plan gerufen hatte, gibt es jedenfalls nicht mehr. Noch im November wurde eine Dividende für 2011 von 0,76 Euro pro Aktie angekündigt, zwei Monate später deren Halbierung.

Inzwischen droht auch auf Eigentümerseite Ungemach. Investor Ronny Pecik hat sich mithilfe des ägyptischen Milliardärs Nagub Sawiris bereits zu rund 20 Prozent eingekauft. Pecik und Sawiris haben Appetit auf mehr und peilen zumindest die Sperrminorität an, die sie demnächst auch erreichen dürften.

Der in Kroatien geborene und ursprünglich gelernte Starkstromtechniker Pecik hat eine illustre Vergangenheit als Investor. Ein skrupelloser Hasardeur, der nur auf schnelle Kasse aus ist, sagen seine Kritiker. Einer, der Sanierungsqualitäten hat und Aktienkurse vervielfacht, attestieren ihm Wohlmeinende. Die große Frage ist, ob Pecik als Dauer-Investor in der Telekom bleiben will oder nur auf schnelles Geld aus ist und seine Aktien beim nächsten Aufwind weiterverkauft.

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Offen ist derzeit, ob Pecik vor dem turnusmäßigen Aktionärstreffen im Mai eine außerordentliche Hauptversammlung einberufen wird. Klar ist, dass der ehemalige Partner des Pleite-Industriellen Mirko Kovats Sitze im Aufsichtsrat einfordern wird. Pecik, Schreck aller etablierten Vorstände, hält die Telekom für „unterbewertet und undermanaged“. Dass er für einen Euro Gage den Telekom-Chef machen würde, war wohl nur ein launiger Sager.

Wird Pecik ernsthaft versuchen, Ametsreiter und/oder dessen Kollegen Hans Tschuden herauszuschießen? Der neue Vertrag des zur Verlängerung anstehenden Finanzvorstandes Tschuden ist noch nicht unterschrieben. Als Kompromiss zwischen Pecik und der Staatsholding ÖIAG (diese hält 28 Prozent) könnte eine nur dreijährige Verlängerung herauskommen.

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Anlegervertreter Wilhelm Rasinger hat schon den Gesamtaustausch des Vorstands verlangt. Die Telekom brauche von der Vergangenheit unbelastete Manager, die sich nicht ständig rechtfertigen müssten ...