Satire vs. Politik: Kern, Kurz und der Kampf ums Netz
Können Sie sich noch an Frau Gertrude erinnern? Das Plädoyer der 89-Jährigen gegen Norbert Hofer sorgte kurz vor der Bundespräsidentenwahl für Furore. Zuerst in den Sozialen Medien, wo der Clip innerhalb von vier Tagen drei Millionen Mal aufgerufen wurden. Und dann auch außerhalb Österreichs. „Entscheidet Oma Gertrude die Ösi-Wahl?“, fragte etwa die deutsche Bild-Zeitung.
Und auch wenn so eine Frage letztlich unmöglich zu beantworten ist, so ist doch unbestritten: Insbesondere Facebook, wo 3,7 Millionen Österreicher registriert sind, werden auch beim bevorstehenden Nationalratswahlkampf zum wichtigsten Tool der Parteistrategen. Die Vorteile liegen auf der Hand: Billig in der Verbreitung, direkt im Kontakt mit Unterstützern, sind Facebook, Youtube, und Twitter, mit Abstrichen in der Reichweite auch Instagram, das Mittel der Wahl, wenn es darum geht Wähler zu mobilisieren und seine Botschaften an die (jüngeren) Wähler zu bringen. Donald Trump hat’s vorgemacht. Dieser gab am Ende ein Viertel seines Geldes für den Online-Wahlkampf aus, bei Hillary Clinton waren es 3,5 Prozent.
Kein Zufall
Klar, dass man da nichts dem Zufall überlassen will. Dass die „Frau Gertrude“ letztlich die Arbeit einer Werbeagentur (Jung von Matt/Donau) war, darf dabei als harmlose Episode abgehakt werden.
Schlimmer wiegt, dass sogenannte Social Bots darauf programmiert werden, politische Meinungen zu verstärken und auch Falschmeldungen zu verbreiten. Gekaufte „Likes“ suggerieren vermeintliche Reichweiten. Und bezahlte Kommentarschreiber sorgen in Online-Foren für positive Stimmung für den Kandidaten der Wahl. Das alles sind keine Spielereien von Trumps Spin-Doktoren. Wie das Magazin Datum bereits 2015 aufdeckte, erledigte die österreichische PR-Agentur mhoch3 solche Dienste in der Vergangenheit auch hierzulande schon für Unternehmen und Parteien, etwa für die ÖVP Wien. Kommentare von falschen Accounts, betrieben von Studenten als Nebenjobs, beeinflussten in Foren von Tageszeitungen und auf Facebook die Stimmung.
Es darf also angenommen werden, dass uns Ähnliches auch beim bevorstehenden Nationalratswahlkampf blühen wird.
Anstelle von strategischer Kommunikation ist aktuell aber noch die satirische Begleitung der jüngsten Ereignisse im Fokus der Netz-Kommentatoren. Vorsichtig sein heißt es jedoch schon jetzt. Die Facebook-Seite „Bundeskanzler Kurz“ thematisiert die vermeintlichen Allmachtsfantasien von „Kaiser Kurz“. Auf Nachfrage des KURIER, wer hinter dieser Seite steckt, gab es lediglich eine Antwort im Duktus des neuen ÖVP-Chefs. "Als Bundeskanzler Sebastian Kurz möchte ich auch über die Nutzer des Social Medias bestimmen können. Ich werde morgen den Vorschlag machen, dass wir Facebook unter meiner Seite versammeln", hieß es. In der Online-Umsetzung sieht das dann so aus:
Christian Pichler, der hinter der Facebook-Gruppe Kurz4kanzler steht, war da auskunftsfreudiger. Seine Seite sei eine reine Privatinitiative, mit der Bundes- oder Landes-ÖVP sei sie nicht akkordiert, sagte Pichler, selbst einfaches Parteimitglied und ehemaliger Funktionär der JVP Wien, gegenüber Kurier.at. Der Hashtag zu seiner Gruppe kursiert inzwischen auch auf Twitter und wurde auch vom Satireprofil "Liste Kurz" aufgegriffen. In der Profil-Beschreibung des Accounts heißt es: "Geilster ÖVP-Obmann der Geschichte. Bald Kanzler (sagt zumindest Mama)."
Dass Viktor Orban Sebastian Kurz zur ÖVP-Obmannschaft gratulierte, wurde von der Seite "SteiraMemes" wie folgt verarbeitet: