Politik/Inland

Reaktionen zu Schmid-Rücktritt: "System bröckelt weiter"

Vor wenigen Stunden hat die Staatsholding ÖBAG bekannt gegeben, dass Alleinvorstand Thomas Schmid mit sofortiger Wirkung seine Tätigkeit beendet. Schmid war wegen veröffentlichter Chats zuletzt stark unter Druck geraten.  

Der stellvertretende Klubvorsitzende der SPÖ, Jörg Leichtfried, hält den Rücktritt von Thomas Schmid für einen "längst überfälligen, notwendigen Schritt". Er kritisiert die "von vorne bis hinten von Kanzler Kurz und Finanzminister Blümel ausgepackelte Bestellung", die "selbst gezimmerte Ausschreibung, seine unsäglichen Äußerungen zu ÖBAG-Mitarbeiter*innen, zum Betriebsrat und nicht zuletzt die Beschimpfungen der normalen Bevölkerung als ,Pöbel'" - das alles habe Schmid "an der Spitze der staatlichen Beteiligungsgesellschaft untragbar" gemacht.

Leichtfried sieht die Verantwortung für "diese Kultur der Arroganz und Selbstüberschätzung" bei Kanzler Kurz - dessen System "bröckelt weiter". Der Rücktritt Schmids werde nicht der letzte sein, so Leichtfried: "Weitere, allen voran der von Finanzminister Blümel, müssen und werden folgen.“ 

"Weiterer prominenter Abgang"

Als "längst überfällig" haben die Oppositionsparteien SPÖ, NEOS und FPÖ aber auch die Grünen den Rücktritt von ÖBAG-Chef Thomas Schmid am Dienstag im Untersuchungsausschuss bezeichnet. ÖVP-Fraktionsführer Andreas Hanger sah darin hingegen eine "höchstpersönliche Entscheidung". Schmid habe "hervorragende Arbeit" geleistet und sei "letztlich an der Veröffentlichung privater Chats gescheitert", so Hanger.

Für SPÖ-Fraktionsführer Jan Krainer hätte der Rücktritt "eigentlich vor Monaten erfolgen müssen". Kritik übte er am Aufsichtsrat, dieser habe "zu spät" gehandelt und sei im Grunde "Teil des Problems", weil dieser versucht habe "seit Monaten zuzudecken, was nicht mehr zuzudecken war". Für Krainer ist auch der Aufsichtsrat "längst rücktrittsfällig". NEOS-Fraktionsführerin Stephanie Krisper sah als Grund für den Rücktritt, den sie ebenfalls als "überfälligen Schritt" bezeichnete, die Konsequenz der Arbeit des U-Ausschusses: "Endlich hat der Aufsichtsrat Verantwortung übernommen." Nun brauche es eine Neuaufstellung mit einer Doppelspitze, die im Interesse der Republik arbeitet und das Interesse der Steuerzahler vertritt.

"Offensichtlich zerbröselt gerade die Familie von Sebastian Kurz", meinte FPÖ-Fraktionsführer Christian Hafenecker. Schmid wie auch Ex-VfGH-Richter Wolfgang Brandstetter hätten beide im "türkisen Netzwerk" eine "wesentliche Rolle" gespielt. Der Rücktritt des suspendierten Justiz-Sektionschefs Christian Pilnacek sei "längst fällig". Auch für Grünen-Fraktionsführerin Nina Tomaselli habe der Aufsichtsrat "spät aber doch Konsequenzen gezogen". Das, was durch die Chats bekannt wurde, können nicht "im Sinn der Republik sein". Der U-Ausschuss liefere stetig "Belege und Beweise", welches System unter Türkis-Blau geherrscht habe. "Und sie werden immer mehr", so Tomaselli, die auch weitere Rücktritte nicht ausschließen wollte.

"Richtiger Schritt"

Auch der freiheitliche Generalsekretär, Nationalratsabgeordneter Michael Schnedlitz, fordert weitere Rücktritte: „Nach dem heutigen Rückzug von Thomas Schmid, der längst überfällig war, müssen auch unmittelbar die Rücktritte derer erfolgen, die ihn ins Amt gehievt haben. Ich erwarte mir hier mehr Geschlossenheit in der türkisen Familie."

NEOS-Wirtschaftssprecher Sepp Schellhorn bezeichnete den Rücktritt Schmids als "richtigen und längst überfälligen" Schritt. Schmid habe die Position in der ÖBAG einzig wegen seiner türkisen Familie und nicht aufgrund seiner Qualifikation bekommen. Schellhorn verweist in einer Aussendung darauf, dass er "seit August 2020" in Form eines offenen Briefs den ÖBAG-Aufsichtsrat zum Handeln auffordere.

Er fordert jetzt eine organisatorische Neuaufstellung der ÖBAG mit einer Doppel-Vorstandsspitze und einer transparenten und professionellen Suche nach den neuen Vorständen. 

"Logische Folge"

Laut Fritz Pöltl, Vorsitzender der FCG-ÖAAB-Fraktion in der Arbeiterkammer Wien, war das Ausscheiden Schmids "nur noch eine logische Folge" aus dem politischen Erdbeben, das die öffentlich gewordenen Handy-Chats ausgelöst hatten. Pöltl stößt sich an dem "Abdrehen" des Betriebsrats, das in diesen Chats diskutiert wurde. "Ich bleibe dabei: Wer Betriebsräte ‚abdrehen‘ will, hat in der Republik keinen Spitzenposten zu besetzen!" Pöltl kritisiert, dass drei FSG-Betriebsratsvorsitzende die Wahl Schmids zum Vorsitzenden erst ermöglicht hätten.

Er schießt aber auch in Richtung der NEOS. "Dass die Veröffentlichung von neuen, völlig privaten Mitteilungen nun aber munter weitergehen wird, das ist nicht nur eine neue und unrühmliche Facette der politischen Auseinandersetzung geworden, es fordert auch weitergehende politische Konsequenzen", heißt es in der Aussendung Pöltls. Er sagt: „Dem unwürdige Verhalten der NEOS im Ibiza-Untersuchungsausschuss, die damit einen eindeutigen Rechtsbruch in Verbindung mit einigen Medien begangen haben, müsste endlich auch Einhalt geboten werden“

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Reaktion Gernot Blümel

Finanzminister Gernot Blümel erklärte heute Vormittag am Rande einer Pressekonferenz, dass die Entscheidung über den Rücktritt Schmids eine des Aufsichtsrats der ÖBAG sei. Der Aufsichtsratsvorsitzende hätte ihn darüber informiert. Ob er diesen Schritt für richtig halte, sei "nicht die Frage", so Blümel auf Nachfrage von Journalistinnen und Journalisten.

Er bedankte sich beim Aufsichtsrat und bei Schmid für dessen "ausgezeichnete inhaltliche Arbeit". Detailfragen wie jene, ob Schmid sein Vorstandsgehalt weiter ausbezahlt bekomme, seien an den Aufsichtsrat zu richten. Laut Blümel wäre "bei dem aktuellen Portfolio" ein Einzelvorstand der ÖBAG "ausreichend".