Nach Vilimsky-Attacke: Juncker denkt nicht an Rücktritt
Von Peter Temel
Die EU-Kommission hat einen Rücktritt ihres Präsidenten Jean-Claude Juncker nach einer umstrittenen Rücktrittsaufforderung von FPÖ-Generalsekretär Harald Vilimsky abgelehnt. "Wir werden unser Programm zu Ende führen", sagte ein EU-Kommissionssprecher am Montag auf eine entsprechende Frage in Brüssel.
Einzelpersonen keine Ansprechpartner
Juncker habe bei seiner Amtseinsetzung das Vertrauen des Europaparlaments und des Europäischen Rates bekommen, betonte der Sprecher. Ansprechpartner sei für die EU-Kommission die österreichische Regierung, und "nicht Einzelpersonen".
Mit Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) habe es aktuell keine Kontakte gegeben. Der Sprecher betonte, es habe zuletzt aber ein "produktives Treffen" zwischen der EU-Kommission und der österreichischen Bundesregierung stattgefunden. Die EU-Kommission werde sich auch weiter für einen soliden und produktiven Austausch einsetzen.
Vilimsky hatte vergangenen Freitag Juncker zum Rücktritt aufgefordert und bezog sich dabei auf Aufnahmen vom NATO-Gipfel am Mittwoch, die den 63-Jährigen schwankend und auf mehrere Staatsgäste gestützt zeigen. Die Europäische Union würde durch solche Auftritte "zur Lachnummer", trommelte Vilimsky per Aussendung und auf der FPÖ-Homepage. Vilimsky verwies dabei auf "eine Reihe von offensichtlichen Alkoholproblemen", die "immer wieder zu einer Serie peinlicher Videos geführt haben".
FPÖ reagiert auf Kritik
Hafenecker verteidigte Vilimsky gegen Kritik aus mehreren Parteien. Dieser habe nur "ausgesprochen, was sich viele Leute gedacht haben, die das Video im Internet sehen konnten", sagte der Generalsekretär im Ö1-"Morgenjournal". Othmar Karas, ÖVP-Delegationsleiter im EU-Parlament, hatte von Vilimsky gefordert, sich bei Juncker zu entschuldigen oder Konsequenzen zu ziehen. SPÖ-Europasprecher Jörg Leichtfried forderte den Rücktritt Vilimskys, der auch Abgeordneter im EU-Parlament ist. Scharfe Kritik kam auch von EU-Kommissar Johannes Hahn (ÖVP). Seitens der ÖVP-Regierungsmannschaft in Österreich gab es vorerst keine Reaktionen.
Keine Entschuldigung
Hafenecker hält eine Entschuldigung für "nicht notwendig". Es wäre eher zu hinterfragen, wenn es wirklich einen medizinischen Notfall gegeben hat, warum der Kommissionspräsident nicht sofort versorgt worden ist und man ihn überhaupt dieser Sache ausgesetzt hat."
Der FPÖ-Politiker bezweifelt aber einen solchen Notfall. "Wenn ich einen Ischias-Anfall habe - ich hatte schon einen -, steht man schmerzverkrümmt in einer Ecke und taumelt nicht in der Gegend herum und versucht noch, Staatsoberhäupter zu unterhalten, sondern man ist mit sich selbst beschäftigt", sagt Hafenecker.
Der Vorfall sei "beharrlich von den Systemmedien unter Anführungszeichen verschwiegen worden", sagte Hafenecker wörtlich auf Ö1. Der KURIER und viele andere Medien im In- und Ausland berichteten über den Vorfall sowie über Vilimskys Vorwürfe.
Kommission: "Akuter Ischias-Krampf"
Die EU-Kommission hatte am Freitag empört auf entsprechende Berichte reagiert und wies darauf hin, dass der seit Jahren an Rückenproblemen leidende Juncker am Mittwoch einen akuten Ischias-Krampf gehabt habe. "Aus meiner Sicht ist es mehr als geschmacklos, dass einige Presseorgane beleidigende Schlagzeilen machen und Präsident Junckers Schmerz ausnutzen. Ich glaube nicht, dass das elegant ist, und ich glaube nicht, dass das fair ist", sagte Kommissionssprecher Margaritis Schinas zu den Alkohol-Spekulationen in sozialen Medien.
Ein im Netz verbreitetes Video zeigt, dass Juncker bei der Aufstellung für das "Familienfoto" vor dem NATO-Galadiner nicht auf das Podium steigen konnte. Er schwankte und wurde von mehreren Regierungschefs gestützt. Später gab es Bilder Junckers im Rollstuhl.