Politik/Inland

Roter Flügelkampf: „Wie doppelte Lungenentzündung“

Christian Kern sei der richtige Mann an der Spitze der SPÖ. Parteigranden wie Hannes Androsch und Ferdinand Lacina stärken dem Ex-Kanzler im roten Richtungsstreit den Rücken – wenn auch in unterschiedlicher Intensität. Mit beiden hat der KURIER über den neuerlich ausgebrochenen Flügelkampf in der SPÖ und die Rolle von Kern-Kritiker Hans Peter Doskozil gesprochen.

Christian Kern müsse in seiner Führungsrolle beweisen, dass die SPÖ angesichts der „nach rechts driftenden Entwicklung“ zu einer starken, geschlossenen Oppositionsarbeit fähig sei, sagt Androsch.

Die Auseinandersetzung um die richtige Themensetzung ist für ihn ein „künstlicher Richtungsstreit“. Den brauche die Sozialdemokratie „wie eine doppelte Lungenentzündung“, sagt der der frühere SPÖ-Vizekanzler und Finanzminister.

Aber auch Androsch hätte sich bei zwei konkreten Themen eine „ganz andere, entschiedenere Stellungnahme“ der Parteispitze gewünscht. Und zwar bei der „grausamen, unmenschlichen und ökonomisch dummen Abschiebung von Lehrlingen“ und bei der „Provokation“, man könne von 150 Euro leben.

Selbst wenn sie „der Hitze geschuldet sind oder dem Füllen des Sommerlochs“, sind „Debattenbeiträge zum Parteiprogramm keine Katastrophe“, verteidigt Androsch indirekt auch die Kritik von Burgenlands LH-Vize Hans Peter Doskozil an Kerns „grüner Fundi-Politik“.

Man müsse diskutieren dürfen, letztlich gehe es um eine pragmatische Gesamtschau: Von der Bekämpfung der Flucht- und Migrationsursachen über die „geordnete Zuwanderung, die wir in jeder Form brauchen“, bis zur Klima-Politik, wo ja vieles im Argen liege.

Auch Androsch selbst sieht einige kritische Punkte im neuen SPÖ-Programm, das im Oktober beschlossen werden soll. Wenn schon „Weltoffenheit und Toleranz“, dann müsse das auch für den Welthandel gelten. „Die Ablehnung von CETA war das Gegenteil.“

Mit Schweigen nichts gelöst

Außerdem sei wieder von der Maschinen- und Robotersteuer die Rede, kritisiert Androsch. „Das ist im 21. Jahrhundert nicht praktikabel.“ Er plädiert „da und dort für „Nachschärfungen“ beim Parteiprogramm. „Im Schweigen Einigkeit zu leben, wird nicht die Antworten auf die wichtigen Zukunftsfragen hervor bringen.“

Anders als Androsch kritisiert der frühere SPÖ-Finanzminister Ferdinand Lacina vor allem Hans Peter Doskozil und rät ihm leicht verklausuliert, besser zu schweigen. Lacina: „Man reiht sich mit solchen Wortmeldungen in die Reihe jener Leute ein, die Angst machen, obwohl ja kaum mehr Flüchtlinge kommen. Wenn Doskozil am SPÖ-Migrationspapier arbeitet, dann soll er schreiben und ein bisschen weniger seine Kaumuskulatur strapazieren.“

Der parteiinterne Richtungsstreit sei „absolut unnötig“, findet auch Lacina und ergänzt: „Vielleicht nutzt die Debatte dem Ego von Hans Peter Doskozil. Für die Partei ist sie wirklich schädlich.“

Für Lacina ist es undenkbar, dass Doskozil Kern an der Parteispitze ablöst. „Er hat eine ausgesprochen kurze Politiker-Karriere nach der Polizei-Karriere. Das befähigt noch nicht. Wir hatten noch nie einen Polizisten als Parteichef – noch dazu einen, der so denkt und spricht.“

Alle Inhalte anzeigen