Reiche Staaten wollen Handhabe gegen „Sozialtourismus“
Mitunter muss sich die EU-Kommission mit Problemen befassen, die sie selbst gar nicht als solche einstuft. Etwa mit dem „Sozialtourismus“, den die Innenminister aus Deutschland, Großbritannien, den Niederlanden und Österreich vor dem Sommer auf die Brüsseler Agenda gehievt haben. In einem Brief beklagten sie, dass vermehrt EU-Ausländer ins Land kämen, um sich (z. B. durch Scheinehen) Sozialleistungen zu erschleichen; Brüssel möge dagegen aktiv werden.
Die nüchterne Antwort der Kommission: Machen wir gerne – sobald es Daten und Fakten dazu gibt.
Österreich solidarisch
Beim Treffen der EU-Innenminister am Dienstag gibt es nun einen Zwischenbericht der Kommission. Wie aus Ratskreisen zu hören ist, haben Deutschland, Großbritannien und die Niederlande Zahlenmaterial geliefert – während Österreich nur „Anekdoten“ nach Brüssel geschickt habe. Schließlich gebe es das Problem hierzulande nicht, wie Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) seit Beginn der Causa betont. Man wollte lediglich solidarisch sein und habe daher den Brief unterzeichnet.
Dafür haben sich mittlerweile Dänemark, Belgien und Frankreich von selbst gemeldet – und Daten geliefert.
Die Debatte ist heikel: Auf der einen Seite wird in Brüssel stets betont, dass an der Personenfreizügigkeit in der EU nicht zu rütteln sei. Auf der anderen Seite fürchten viele Politiker, dass sich die Armutsmigration verstärkt – spätestens mit einem Schengen-Beitritt von Bulgarien und Rumänien. Der wird seit Jahren hinausgezögert; „viel länger geht es nicht mehr“, sagt ein EU-Diplomat. Im Dezember sollen die Innenminister darüber entscheiden; wahrscheinlich ist, dass zunächst Flug- und Schiffshäfen geöffnet werden, später dann die Landesgrenzen.