Politik/Inland

Regierungskrise in Österreich: Was Deutschland Sorgen bereitet

Wer sich am Wochenende in Deutschland befand, sollte nichts verpasst haben: Die Regierungskrise beherrschte auch im Nachbarland die Schlagzeilen – vom „Ösi-Beben“ war zu lesen, ebenso vom Rat des Ex-Kanzlers Christian Kern, der Sebastian Kurz via Welt den Rückzug empfahl.

Warum sich Deutschland so für die Causa interessiert, liegt nicht nur daran, dass sie von deutschen Medien aufgedeckt wurde: Sie birgt auch jede Menge Stoff, der für die deutsche Politik höchst relevant ist. Es sind vor allem die Verbindungen der FPÖ zu Russland, die deutsche Politiker mit Sorge beobachten. Wie die Welt am Sonntag berichtete, sprach Verfassungsschutzchef Thomas Haldenwang den österreichischen Behörden zum wiederholten Male sein Misstrauen aus. Hintergrund: Man befürchtet, dass Österreich geheimdienstlich relevante Informationen – die Deutschland betreffen – an Russland weitergeben könnte. Das bestätigte auch CDU-Sicherheitspolitiker Patrick Sensburg gegenüber dem KURIER. Österreich sei immer ein verlässlicher Partner, zuletzt aber sorgte das eine oder andere Ereignis im Innenministerium für Unruhe, so Sensburg. „Da ist Vertrauen verloren gegangen in der nachrichtendienstlichen Community“, sagt er mit Blick auf die mögliche Instrumentalisierung der Behörde durch das FPÖ-Ministerium. Zudem alarmiert ihn das im Video von Strache vorgeschlagene Konstrukt, wie man heimlich an Spenden kommen könne. Es stellt sich die Frage, ob dies mit einem Netzwerk an Verschleierung von Parteispenden zusammenhängt, die sämtliche Rechtspopulisten in Europa betreffen könnte.

Für FDP-Politiker Konstantin Kuhle ist die Verbindung von AfD und FPÖ besonders relevant, sagt er dem KURIER. Denn die Alternative für Deutschland lehnt sich besonders an die FPÖ an, sieht diese als Vorbild. Auch Teile der Union hätten mit einer Regierungsbeteiligung der Rechtspopulisten kein Problem. Gerade in den Bundesländern, wo im Herbst gewählt wird, liebäugeln manche mit einer Allianz à la Türkis-Blau. Der Fall Österreich zeigt für ihn aber, „dass es ein großer Fehler ist, Rechtspopulisten den Zugang zur Regierung zu gewähren“.

Kenner von Kanzlerin Merkel berichten, dass diese über das Ende der Konstellation nicht unglücklich sei. Eine Sprecherin teilte gestern mit, dass die vom österreichischen Bundeskanzler gezogenen Konsequenzen – Neuwahlen – aus Sicht der Bundesregierung „nachvollziehbar“ sind. Die Regierung in Berlin habe die Entscheidung „zur Kenntnis genommen“, sagte sie bei einer Pressekonferenz in Berlin. Weniger nachvollziehbar ist für manche deutschen Journalisten die Kommunikation des Kanzlers. So wäre es in Deutschland undenkbar, dass die Kanzlerin in ihrer größten Krise die ersten Interviews an große Boulevardmedien geben könnte, eines davon im Ausland.