Regierung will jährlich 15.000 Rot-Weiß-Rot-Karten ausstellen
Die Bundesregierung will Maßnahmen gegen den Fachkräftemangel verstärken, der sich zunehmend zum betriebs- und volkswirtschaftlichen Bremsklotz entwickelt. Es zeichne sich ab, dass sich der Arbeitskräftebedarf auch wegen der alternden Gesellschaft weiter steigert. Nun wird ein "interministerieller Strategieausschuss zur Beratung und Bündelung aller Vorhaben in diesem Bereich geschaffen". Bis 2027 sollen jährlich mindestens 15.000 Menschen eine Rot-Weiß-Rot-Karte erhalten.
Der Ausschuss, der vom Arbeits- und Wirtschaftsministerium koordiniert wird, soll sich "unter anderem mit einer bundesweiten Strategie zur Fachkräftezuwanderung, verbesserten Verfahren und der Identifikation von Ziel- und Fokusländern zur Fachkräfterekrutierung befasst. Am Freitag wurde ein entsprechender Umlaufbeschluss verabschiedet", so die Ankündigung am Sonntag mit Verweis auf einen Umlaufbeschluss vom Freitag. Gleichzeitig wurde vom zuständigen Ministerium auf bereits viele vorhandene Maßnahmen zur Rekrutierung von internationalen Fachkräften verwiesen.
So seien heuer auf Grund einer Reformierung bis Ende Oktober mit 6.661 Rot-Weiß-Rot-Karten bereits mehr solcher Arbeitserlaubnisse für Drittstaatsangehörige ausgestellt worden, als im gesamten Vorjahr, so Arbeitsminister Martin Kocher (ÖVP). Die Mangelberufsliste wurde kürzlich beispielsweise um "Greenjobs im Mobilitätsbereich" wie etwa Lokführer erweitert, erinnerte er - wie auch an eine Absichtserklärung mit den Philippinen, um dortiges Arbeitskräftepotenzial für die Alpenrepublik zu erschließen.
"Bis 2027 sollen jährlich mindestens 15.000 Menschen eine Rot-Weiß-Rot-Karte erhalten", so Kocher. Denn die Anzahl der für die qualifizierte Arbeitsmigration erteilten Aufenthaltstitel müsse ansteigen, um über mehrere Jahre einen kontinuierlichen und substanziellen Beitrag für den Arbeitsmarkt und Wirtschaftsstandort zu leisten. Über das Netzwerk Europäischer Arbeitsmarktservices (EURES), sollen zudem zusätzlich EU-Bürger aktiv vermittelt werden.
"Der Strategieausschuss für internationale Fachkräfte der Bundesregierung dient dazu, zukünftige Maßnahmen an einer zentralen Stelle zu koordinieren und zu bündeln", erläuterte der Regierungspolitiker. Neben acht Ministerien sind auch das Arbeitsmarktservice (AMS), die Austrian Business Agency (ABA) sowie Sozialpartner und Bundesländer eingebunden.
Übergeordnetes Ziel sei eine allgemeine, österreichweite und ressortübergreifende Strategie zur Fachkräftezuwanderung umzusetzen. Diese umfasse unter anderem Maßnahmen zur Verbesserung der Arbeitsmarktintegration und der Qualifizierung in Österreich lebender Personen mit Migrationsbiografie, die Identifikation von möglichen Ziel- und Fokusländern für die Vermittlung von interessierten Arbeitskräften, aber auch eine abgestimmte Kommunikation im Ausland zur Darstellung von Österreich als attraktiven Arbeitsstandort.
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"In der Pflege und Betreuung ist der Fachkräftemangel besonders eklatant", bekräftigte Gesundheits- und Sozialminister Johannes Rauch (Grüne). "Er trifft nicht nur Österreich, sondern alle europäischen Mitgliedsstaaten gleichermaßen." Interessierten Fachkräften sei zu vermitteln, dass sie hierzulande willkommen seien. Ein Konkurrenzkampf unter den EU-Mitgliedstaaten sei nicht zielführend, vielmehr brauche es "Abstimmung und Kooperation". Lob und Hinweise auf die große Bedeutung der Integration neuer Arbeitskräfte kam auch von weiteren involvierten Ministerinnen und Ministern.
Auch Wirtschaftskammer (WKÖ) und Industriellenvereinigung (IV) begrüßen die Pläne, erinnerten in Stellungnahmen mit Blick auf laut WKÖ 200.000 offene Stellen aber doch auch daran, dass man solcherlei Maßnahmen schon lange gefordert habe. "Qualifizierte Zuwanderung ist ein unerlässliches Mittel, um den Wohlstand von uns allen und die Finanzierung unseres Sozialsystems zu sichern", betonte WKÖ-Generalsekretär und ÖVP-Nationalratspolitiker Karlheinz Kopf. "Im internationalen Wettbewerb um die besten Talente können wir als Staat nur gewinnen, wenn wir alle an einem Strang ziehen."
Einen weiteren Beitrag zur Deckung des Arbeits- und Fachkräftemangels können auch aus der Ukraine vertriebene Personen darstellen, hieß es von der IV mit Verweis darauf, dass sich dies auch in der am Freitag beschlossenen Regierungsstrategie wiederfinde. "Wir müssen Ukrainerinnen und Ukrainern geeignete Perspektiven am österreichischen Arbeitsmarkt bieten", so Generalsekretär Christoph Neumayr. "Es gilt bürokratische Hürden abzubauen und den Übergang ins Erwerbsleben aktiv zu fördern. Es braucht hier österreichweit praktikable Zuverdienstregelungen für Ukraine-Vertriebene in der Grundversorgung." Darüber hinaus müsse diesen Personen eine längerfristige Bleibeperspektive geboten werden, wenn sie am österreichischen Arbeitsmarkt Fuß gefasst haben.