Politik/Inland

Ärzte-Chef für Flexibilität beim Krankschreiben

Arbeit kann die Heilung einer Krankheit mitunter unterstützen. Insofern würde ich das Modell eines Teilzeit-Krankenstandes begrüßen – immer vorausgesetzt, die Entscheidung, ob und wie viel jemand arbeitet, bleibt allein bei Arzt und Patient."

In der seit Montag laufenden Diskussion um die sogenannten Teilzeit-Krankenstände nimmt Artur Wechselberger eine durchaus überraschende Position ein.

Der Tiroler ist Allgemeinmediziner und Präsident der Ärztekammer und würde eine Liberalisierung beim Krankschreiben durchaus begrüßen. "Derzeit fehlt uns die Flexibilität", sagt Wechselberger zum KURIER.

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Als Hausarzt könne er Patienten entweder ganz gesund oder eben krank schreiben. Das bilde die tatsächliche Lebenswelt aber nur selten ab. "Manche Patienten würden nach längeren Krankenständen gerne ausprobieren, ob sie wieder voll belastbar sind. Etwa, indem sie nicht acht, sondern nur vier Stunden am Tag in den Job zurückkehren."

Zu diesen Genesenden könne er als Arzt aber nur sagen: "Wir probieren’s aus, Sie gehen arbeiten – und wenn’s nicht klappt, muss ich sie eben wieder krank schreiben. Auch wenn es unbefriedigend ist."

Verbesserungen

Ausgangspunkt der Debatte sind die für September avisierten Verhandlungen der Sozialpartner.

ÖGB, AK und Wirtschaftskammer wollen darüber nachdenken, ob es bei Krankenständen, Rehabilitation und dem Wiedereinstieg in den Job nicht Verbesserungsbedarf gibt. Bei der sanften Rückkehr in den Beruf – etwa nach einer längeren Krebserkrankung – sind sich Arbeitnehmer-Vertreter und Wirtschaftskammer schon jetzt recht einig: Es soll Patienten-freundlichere Lösungen geben, etwa ein Recht auf Teilzeit-Arbeit nach einem längeren Krankenstand.

Die Wirtschaftskammer möchte zudem darüber verhandeln, ob man mit bestimmten körperlichen Einschränkungen nicht auch arbeiten gehen kann – ein Teilzeit-Krankenstand für jene, die sich gesund genug fühlen, ein paar Stunden am Tag im Büro zu verbringen.

Für die Interessenvertreter von AK, ÖGB und auch für das Sozialministerium ist das freilich ein No-Go. Sie fürchten ein Aufweichen der Schutzbestimmungen; Arbeitnehmer könnten sich genötigt fühlen trotz schwerer Erkrankungen zumindest ein paar Stunden im Unternehmen zu sein.

Ärzte-Präsident Wechselberger sieht das nicht ganz so kritisch: "Niemand will, dass sich Kranke in den Job schleppen und dadurch noch kränker werden."

Allerdings dürfe man nicht negieren, dass Job und Arbeitskollegen für viele ein wichtiger Teil des Alltags sind. "Es geht um soziale Kontakte, um ein Stück Normalität. Für Patienten, denen das bei der Heilung hilft, sollte es gesetzliche Lösungen geben."