Politik/Inland

Reaktionen auf gestrichenen Feiertag: "Verhöhnung der Arbeitnehmer"

Statt zu einem gesetzlichen Feiertag für alle wird der Karfreitag künftig zu gar keinem Feiertag. Die von der Regierung am Dienstag verkündete Regelung sorgt für Reaktionen. 

Der ÖGB sieht in der neuen Karfreitagsregelung eine "Verhöhung der Arbeitnehmer". Zuerst werde evangelischen und altkatholischen Beschäftigten ein halber Feiertag gestrichen und jetzt sogar der ganze, ärgerte sich der Leitende Sekretär Bernhard Achitz im Gespräch mit der APA. Bisher ist der freie Karfreitag für diese Religionsgruppen auch durch den Generalkollektivvertrag geschützt. Achitz kann angesichts des noch nicht vorliegenden Gesetzestextes nicht beurteilen, inwiefern die Koalition auch hier eingreifen will. Theoretisch möglich wäre es, freilich mit einer Brüskierung der Kollektivvertragspartner verbunden, wie der ÖGB-Vertreter betont.

Wichtig sei der Regierung sichtlich gewesen, dass der Wirtschaft, vor der sie große Angst habe, alle Wünsche erfüllt würden, die Arbeitnehmer dafür nichts bekämen. Mit dem ÖGB habe ohnehin niemand gesprochen.Sichtlich lächerlich findet Achitz die Rhetorik der Regierung bezüglich eines persönlichen Feiertags innerhalb des eigenen Urlaubskontingents, auf den bei rechtzeitiger Anmeldung ein Rechtsanspruch bestehen soll. Denn es sei schon jetzt so, dass der Arbeitgeber vor Gericht gehen müsste, wenn er einen lange beantragten Urlaubstag verhindern will. Rechtliche Frage hält der ÖGB-Sekretär auch für offen. Fragen wie Gleichheitswidrigkeit oder Eingriff in die Kollektivvertragsautonomie blieben ohne Gesetzestext ungeklärt.

Heftige Kritik an der am Dienstag gefundenen neuen Karfreitags-Lösung kommt von der Arbeiterkammer (AK). "Das ist ein Schlag ins Gesicht der ArbeitnehmerInnen", schrieb Präsidentin Renate Anderl am Dienstag in einer Aussendung. Statt allen einen Feiertag zu lassen, müsse nun für einen Feiertag ein Urlaubstag verbraucht werden. Dass ein "persönlicher Feiertag" im Rahmen des bestehenden Urlaubsanspruchs eingeführt wird, wird von der Arbeiterkammer abgelehnt. "Damit wird allen Protestanten, Methodisten und Altkatholiken ein Feiertag genommen, den sie vorher hatten", so Anderl. Das sei eine einseitige Lösung, bei der nur die Wirtschaft profitiere, und respektlos gegenüber den Arbeitnehmern.

"Positive Lösung mit Wermutstropfen"

Für den evangelisch-lutherische Bischof Michael Bünker ist die von der Regierung vorgestellte Karfreitagsregelung, wonach jeder einen "persönlichen Feiertag" aus dem bestehenden Urlaubskontingent einseitig festlegen kann, eine "positive Lösung mit Wermutstropfen". Auch die katholische Bischofskonferenz begrüßte die Neuregelung.

Positiv ist für Bünker, dass die Variante mit dem halben Feiertag ab 14.00 Uhr "vom Tisch" sei. Positiv sei weiters, "dass nun Evangelische die Möglichkeit haben, den ganzen Karfreitag als ihren Feiertag zu begehen". Außerdem sei diese Lösung diskriminierungsfrei. "Ich freue mich, dass auch für Angehörige anderer Religionsgemeinschaften die Möglichkeit eröffnet wird, einen selbst gewählten Feiertag zu haben", sagte der evangelische Bischof in einer Aussendung. Als "Wermutstropfen" bezeichnete er allerdings die Tatsache, "dass dieser selbst gewählte Feiertag aus dem bestehenden Urlaubskontingent zu nehmen ist".

Der Generalsekretär der katholischen Bischofskonferenz, Peter Schipka, bezeichnete es als "erfreulich, dass eine Lösung gefunden wurde, die für Evangelische und Altkatholiken akzeptabel ist und ihnen ermöglicht, den Karfreitag als Feiertag in gewohnter Weise zu begehen." Der katholischen Kirche sei es von allem Anfang an wichtig gewesen, dass Evangelische weiterhin den Karfreitag als Feiertag begehen können, erinnerte Schipka daran, dass auch Kardinal Christoph Schönborn dies eingemahnt hatte. Dass jetzt eine zufriedenstellende Lösung zustande gekommen sei, "ist Zeichen einer religionsfreundlichen Politik gerade im Blick auf Minderheiten", sagte Schipka laut Kathpress.

Altkatholische Kirche: Etikettenschwindel

Mit gemischten Gefühlen bewertet die altkatholische Kirche die neue Regelung des Karfreitag. Einerseits ist man zufrieden, andererseits aber auch verärgert. Positiv findet es Bischof Heinz Lederleitner, dass es allen Angehörigen von Religionsgemeinschaften möglich wird, an einem besonderen Feiertag frei zu nehmen. Dennoch stellt die Altkatholische Kirche Österreichs in einer Aussendung fest, dass den altkatholischen und evangelischen Minderheitskirchen etwas weggenommen wird. Es werde "großzügig gestattet", einen Urlaubstag auf den Karfreitag, der bisher als Feiertag zustand, legen zu dürfen. Aus der Sicht der Kirche ist das ein klarer Etikettenschwindel, hatte doch Kanzleramtsminister Gernot Blümel (ÖVP) zugesagt, dass niemandem etwas weggenommen wird.

Die Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGÖ) sieht die Karfreitags-Lösung der Regierung vorsichtig optimistisch. "Es klingt wie eine annehmbare und vernünftige Zwischenlösung, wobei man abwarten muss, wie sie sich in der Praxis bewährt", schrieb Präsident Ümit Vural am Dienstag auf Facebook. Er freut sich jedenfalls über einen Rechtsanspruch der Muslime auf einen Feiertag. Bedauerlich ist für Vural allerdings, dass der Feiertag vom eigenen Urlaubsanspruch konsumiert werden muss. Ebenso müsse sichergestellt werden, dass es zu keiner Diskriminierung von etwa konfessionslosen Arbeitnehmern kommt, "schließlich ist die ganze Causa ja dadurch vor dem EuGH gelandet".

SPÖ startet Petition für freien Karfreitag

Die SPÖ hat schon vor der Entscheidung eine Online-Petition gestartet, die für einen Karfreitags-Feiertag für alle Österreicher plädiert. Und SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner übt scharfe Kritik an der Karfreitagsregelung der Regierung. Diese sei völlig untauglich und arbeitnehmerfeindlich. Man sehe, wie sehr ÖVP und FPÖ die Wirtschaftsinteressen vor die Interessen der Beschäftigten stellten. Rendi-Wagner erinnerte in einer Aussendung daran, dass ÖVP-Kanzler Sebastian Kurz, sein Kanzleramtsminister Gernot Blümel und die FPÖ noch vor kurzem versprochen hätten, dass niemandem etwas weggenommen würde: "Jetzt sieht man, was die Versprechen von Kurz, Blümel, Strache und Hofer wert sind." ÖVP und FPÖ hätten gelogen. Die SPÖ werde dagegen einen Gesetzesvorschlag für einen allgemein freien Karfreitag einbringen.

Für Daniela Holzinger von der Liste Jetzt ist der von der Regierung ausgerufene "persönliche Feiertag" lediglich "nett verpackter Urlaubsraub".

Zu schnell geht es den NEOS, gebe es doch noch nicht einmal einen Gesetzesvorschlag, obwohl die Vorlage bereits am morgigen Mittwoch beschlossen werden soll. Nun drohe eine Hüftschuss-Regelung mit neuen Rechtsunsicherheiten rund um Feiertagszuschläge: "Das ist eine Belastung und Unsicherheit für Unternehmen, die jetzt schon enormen Aufwand für die Lohnverrechnung betreiben müssen", erklärt Sozialsprecher Gerald Loacker. Eine lebensnahe Lösung im Sinne des EuGH-Urteils sehe anders aus.

Industriellenvereinigung mahnt vor Belastungen

Einigermaßen zufrieden ist die Industriellenvereinigung mit der Neuregelung des Karfreitag-Feiertags. Nun müsse auch im Endergebnis sichergestellt werden, dass das Gesetz praxisgerecht und tatsächlich ohne Mehrbelastung "der im harten internationalen Wettbewerb stehenden heimischen Unternehmen" ausgestaltet werde. Bei einer Lösung über das Urlaubsrecht müssten zusätzliche administrative und finanzielle Belastungen für Unternehmen jedenfalls vermieden werden, schreibt Generalsekretär Christoph Neumayer in einer Aussendung. Positiv sei jedenfalls, dass die Neuregelung rasche komme und kein zusätzlicher Feiertag festgelegt werde.

Angetan ist die Wirtschaftskammer von der neuen Karfreitagsregelung. Generalsekretär Karlheinz Kopf sieht einen "vernünftigen Kompromiss und eine salomonische Lösung eines sehr komplexen Sachproblems". Es liege nun ein klarer Plan am Tisch, der auch die Wirtschaft nicht überfordere und Rechtssicherheit gewährleiste. In der Praxis werde niemand schlechter gestellt.

Zufrieden ist auch der Handel: "Am Karfreitag, einem sehr umsatzstarken Tag für den heimischen Handel, können die Geschäfte in Österreich geöffnet bleiben - und das ist gut so", zeigt sich Peter Buchmüller, Obmann der Bundessparte Handel in der Wirtschaftskammer angetan.

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