Politik/Inland

Bericht: Starker Anstieg bei Rassismus-Fällen in Österreich

1.920 Vorfälle von Rassismus wurden im Jahr 2018 an den Verein ZARA (Zivilcourage und Antirassismus-Arbeit) gemeldet. Anlässlich des heutigen Internationalen Tages gegen Rassismus präsentierte der Verein mit seinem jährlichen Rassismus-Report diese traurige Bilanz. Im Vergleich zu 2017 stiegen die Fälle damit um knapp 40 Prozent.

Wobei ZARA-Geschäftsführer Dieter Schindlauer bei der Pressekonferenz betonte, dass es sich bei dem Rassismus-Report um keine statistische Erhebung handle. "Er zeigt nur eine Auswahl von rassistischer Diskriminierung", sagte Schindlauer. Was man aber sehrwohl zeigen könne, ist, wo Rassismus vorkommt.

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1.164 der Fälle im Internet

Ein Großteil der Rassismus-Meldungen betraf auch 2018 das Internet. Auf Webseiten, in Online-Foren und Sozialen Medien sowie auf Video-Plattformen verbreiten sich herabwürdigende und rassistische Beiträge rasant. Bei den Sozialen Medien ist laut dem Bericht auffällig, dass besonders viele Fälle von "Hasspostings" auf Facebook gemeldet werden. Fast 60 Prozent aller das Internet betreffenden Meldungen kamen von Facebook-Usern.

Muslime und Geflüchtete besonders betroffen

Schindlauer betonte, dass Rassismus in jedem Bereich zu finden sei. Es gebe aber schon gewisse "Trends", die vom öffentlichen Diskurs geprägt seien. So gehe es seit einigen Jahren besonders gegen Muslime und Geflüchtete.

Wiens Integrationsstadtrat Jürgen Czernohorszky (SPÖ), dessen Amt ZARA ab 2019 mit 80.000 Euro unterstützt, ortete auf politischer Ebene "strukturellen Rassismus", beispielsweise wenn man "Erstaufnahmezentren in Ausreisezentren umbenennt". Einen "rassistisch geführten Diskurs" dürfe man aber nicht als "Normalität" verstehen. Die meisten Menschen wollten in Frieden und Zusammenhalt leben, auch wenn sie derzeit vielleicht nicht besonders laut seien.

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82 rassistische Vorfälle durch Polizei

Inhaltlich liegt der Schwerpunkt des Rassismus-Reports 2018 auf "vorurteilsbehaftetem Handeln der Polizei". Konkret hält der Report fest, dass nur in acht von 82 gemeldeten rassistischen Vorfällen durch die Polizei formale Beschwerden eingebracht werden konnten. Bei den 82 Fällen handelt es sich laut ZARA um sehr unterschiedliche Fälle, bei allen hätten sich jedoch "Betroffene vorurteilshaft behandelt gefühlt" und sich daraufhin gemeldet.

"Die Polizei in unserem Land ist in vielen Bereichen schon sehr gut - nur in einem Bereich ist sie nicht so toll und das ist im Umgang mit Beschwerden", sagte Schindlauer. Der Umgang mit Beschwerden sei immer noch von "Leugnen, Mauern, Abschrecken" und völliger Uneinsichtigkeit geprägt.

Hürden, sich wirksam bei der Polizei zu beschweren, sind laut ZARA unter anderem "mangelnde Erfolgsaussichten, Angst vor sekundärer Viktimisierung durch die Polizei und ein nicht unerheblicher Aufwand an Kosten und Zeit".

Als Beispiel für eine rassistische Beleidigung durch einen Polizisten findet sich im Report dieser Fall: G. ist minderjährig und afghanischer Herkunft. Bei einem Besuch des Wiener Donauinselfests wurde er offenbar grundlos von der Polizei kontrolliert. Laut Bericht wurde er an den Händen gepackt und einige Meter weitergezerrt. Der minderjährige Mann möchte seinen Ausweis herzeigen, worauf ein Polizist meint, das mache er schon selbst. Ein Polizist sagt: "Du gschissener Afghane hast hier nichts zu suchen. Pack deine Sachen und geh heim. Die Donauinsel ist für dich verboten." G. meint daraufhin, dass er hierbleiben würde. Daraufhin sagt der Polizist: "Schleich dich gschissener Afghane, wir wollen dich nicht hier". Unklar ist, wie der Fall ausgegangen ist. Im Report selbst wird nur die Version des Opfers geschildert.

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Zivilcourage

Die gestiegene Zahl der Meldungen bedeute nicht automatisch, dass Rassismus immer stärker um sich greife, sondern mehr Menschen Zivilcourage zeigten, sagte Caroline Kerschbaumer, ZARA-Leiterin der Beratung, bei der Pressekonferenz.

Der Großteil – acht von zehn rassistischen Fällen – wurde im vergangenen Jahr von Zeugen an ZARA gemeldet. "Das zeigt uns, dass die Menschen in Österreich Rassismus nicht nur wahrnehmen, sondern auch etwas dagegen tun", sagte Kerschbaumer.

Laut Kerschbaumer ist es für die Betroffenen selbst sehr schwierig, Übergriffe zu melden. ZARA befürchtet, dass die tatsächliche Dunkelziffer sehr hoch ist. "Eine Studie der EU Grundrechteagentur zeigt, dass nur 14 Prozent aller Betroffenen rassistische Belästigungen melden."

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