Politik/Inland

Pro & Contra: Sexualkunde in der Schule?

Rudolf Mitlöhner, katholischer Publizist

Sexualkunde an der Schule. Wenn die Gemeinde Wien ihr Rathaus mit einem „queeren“ Kunstwerk repräsentativ verziert, so gilt diese Reverenz an die LGBT-Community als Ausweis von „Weltoffenheit“. Wenn ein an der katholischen Sexuallehre orientierter Verein als einer unter vielen Workshops an Schulen anbietet, bekommt der Bildungsminister der christdemokratischen ÖVP weiche Knie. Gut, das ist jetzt ein bisschen polemisch, weil die Dinge nicht ganz vergleichbar sind. Aber nur ein bisschen, weil es doch zeigt, wie sich das Wertekoordinatensystem verschoben hat: Unter dem Begriff der „Antiheteronormativität“ wird die überkommene Privilegierung („Norm“) der (heterosexuellen) Mann-Frau-Beziehung bekämpft.

Gleichzeitig wird damit freilich eine neue „Normativität“ gesetzt. Wer diese infrage stellt, muss mit dem Verdikt der Tugendwächter des öffentlichen Diskurses rechnen. Und hat dabei, wie man sieht, weder bürgerliche Politiker noch kirchliche Entscheidungsträger (ist da jemand?) auf seiner Seite. Um nicht missverstanden zu werden: Man kann und soll über die Inhalte des inkriminierten Vereins „TeenStar“ unterschiedlicher Meinung sein – wie auch über die aller anderen einschlägig tätigen Vereine. Man kann auch generell fragen, ob es notwendig ist, solche Vereine an Schulen heranzuziehen. Aber wenn man das tut, dann kann es nicht sein, dass alles Platz hat, nur nicht das, was sich dem nivellierenden Post-68er-Zeitgeist entschieden widersetzt.

Julya Rabinowich, Autorin, Kolumnistin und Malerin

Bildungsminister Faßmann zieht bei „TeenStar“, der Sexualkundeerziehung, die man in diesem Fall treffender „Sexualverziehung“ nennen könnte, die Reißleine. Spät, aber doch. Wie es dazu kommen konnte, dass Kinder jahrelang auf erschreckende Art und Weise indoktriniert und verunsichert werden konnten, bleibt als schmerzlich brennende Frage zurück. Natürliche Verhütung, das Bezweifeln der Homosexualität als natürliches Phänomen, kein Sex vor der Ehe (was vermutlich zu etlichen unglücklichen Ehen führen könnte) das sind die Bausteine, die sich zu einem Bild fügen, von dem man dachte, 2019 wäre das längst überwunden.

Immerhin will man sich gar nicht ausmalen, wie sich homosexuell veranlagte Betroffene gefühlt haben, wenn man vor versammeltem Publikum ihre Neigungen als Verirrung diskriminiert hat: die Scham, die Erschütterung, die vermutlich weiter bestärkte Angst davor, sich zu outen. Warum dieser sensible Bereich überhaupt einer derartig agierenden Organisation überlassen wurde, erschließt sich auch nicht. Jedenfalls ein Bereich, der dringend ausgebaut und qualitätsgesichert gehört. Im Interesse der kommenden Generationen. Zum Abschluss lässt sich festhalten: Wenn Masturbation  – wie von Teen Star verbreitet –  tatsächlich zu Schäden führen würde, wäre die Welt seit Jahrtausenden blind und krank. Und Sie wissen bestimmt, wie man oft genug jene Menschen  nennt, die ausschließlich auf natürlichem Wege verhüten: nämlich Eltern.