Politik/Inland

Populistisch und verantwortungslos

Als "wunderschöne Marxistin" hat Andreas Khol einst Grünen-Chefin Eva Glawischnig bezeichnet. In der sonntägigen ORF-Pressestunde gab sie sich tatsächlich große Mühe, dem Bild der Salonkommunistin zu entsprechen (siehe Hintergrund). Einer Schuldenbremse im Parlament werde sie nur zustimmen, wenn gleichzeitig dafür gesorgt werde, dass "die, die sehr viel angehäuft haben, die Schulden zahlen". Es gehe um jene, "die spekulieren und Gewinne machen".

Bisher hätten nur die "Kleinen geblutet". Pardon, aber schlichter geht's nimmer. Das ähnelt ja schon beängstigend dem Strache-Sprech! Bitte melden, wer in letzter Zeit an der Börse Gewinne und keine Verluste gemacht hat! Und - äh - wo haben "Kleine" in einem Land "geblutet", das Gott sei Dank noch immer eine erfreulich niedrige Arbeitslosenquote und 2,5 Millionen Schlechterverdiener von der Einkommenssteuer befreit hat? Ein Land, wo die Metaller gerade 4,2 Prozent Lohnerhöhung erkämpft haben - die unteren Einkommen satte 4,4 und die oberen 3,8 Prozent?

Feilschen für die eigene Klientel

Weil das Ganze ein Verfassungsgesetz ist, braucht die Koalition ja mindestens die Stimmen einer Oppositionspartei. Damit ist der Bazar eröffnet. Erinnerungen an den verhängnisvollen 24. September 2008 werden wach, an dem das Parlament in einer Nachtaktion reihum Wahlzuckerln verteilt hat. Am - relativ - konstruktivsten verhält sich das BZÖ, das vorwiegend ausgabenseitiges Einsparen und keine neuen Steuern will (was aber wohl auch unrealistisch ist).

Die FPÖ verweigert jede Verantwortung und spielt auf dem Klavier der EU-Feindlichkeit inklusive Volksabstimmung über Österreichs Beitrag zur "Schuldenunion". Aber auch innerhalb der SPÖ rumort es. Der Kanzler wird seinen Kritikern eine Vermögenssteuer als Trophäe präsentieren müssen. Die Rede ist von Wiedereinführung der Erbschaftssteuer, einer Substanzbesteuerung ab einer Million Euro Besitz und einer neuen Steuer bei Umwidmung von Bauern- in Bauland.

Als Signal bitter nötig

Im Grunde hat das aber kaum etwas mit der Schuldenbremse zu tun. Natürlich ist sie eine Art Selbstfesselung einer Regierung, die ohne äußeren Druck keinen Mut zu Unpopulärem hat. Als Signal für die Ratingagenturen ist die Schuldenbremse jedoch bitter nötig. Schon die Ankündigung hat gewirkt: Die Zinsen auf österreichische Staatsanleihen stabilisierten sich. Wenn Glawischnig nun sagt, dass sie keine Reformen für die Ratingagenturen, sondern "für die Jugend" will, so klingt das nur im ersten Moment gut. Denn wenn die Ratingagenturen Österreichs Kreditwürdigkeit schlechter einstufen, dann zahlen das alle - auch die Jugend - mit saftig höheren Zinsen für Kredite auf Staatsschulden.

Das Wunschprogramm der Grünen wird die Regierung nicht stante pede erfüllen können - sonst müsste sie ja gleichzeitig mit der Schuldenbremse das Konsolidierungspaket beschließen. Wir wollen uns lieber nicht vorstellen, was da noch an populistischen Argumenten kommt - von allen. Es ist jetzt schon schlimm genug.