Politik/Inland

Leser-Tag: Wenn das KURIER-Zelt zur Wahlkampfarena wird

Es ist schon zur Tradition geworden, dass die Polit-Prominenz beim KURIER-Tag – heuer war es der sechste – aufmarschiert. So viele Vertreter der Bundespolitik wie heuer waren in Wien-Heiligenstadt aber noch nie zu sehen. Der Grund ist einfach: In 17 Tagen ist Nationalratswahl, das rote KURIER-Zelt wurde zuweilen zur Wahlkampf-Arena. Zwei, die den Politik-Zirkus schon hinter sich haben, plauderten am Nachmittag am Podium aus dem Nähkästchen: Die ehemalige Gesundheitsministerin Andrea Kdolsky und Karin Kraml, Ex-EU-Abgeordnete von der Liste Martin.

Frustriert? Nein, eher desillusioniert wirkten die beiden im Gespräch mit der stellvertretenden Chefredakteurin Martina Salomon darüber, wie es sich als Quereinsteiger in der Politik lebt.

Wie ein heißer Erdäpfel

Kdolsky war medizinische Geschäftsführerin der nö. Landesholding, als sie 2007 quasi über Nacht ins Kabinett Gusenbauer geholt wurde. Es war ein kurzer Auftritt – 2008 trat sie nicht mehr zur Wahl an. Ihre Erfahrung: "Als Experte gibt man seine Expertise ab, und das bleibt zu 100 Prozent stehen. Als Politiker muss man sehr vorsichtig sein, sehr diplomatisch. Wenn man 15 Prozent umsetzen kann, ist man glücklich." Für Diplomatie ist die 55-Jährige wahrlich nicht bekannt ("Warum auch? Ich wollte ja gestalten.") und warf die Frage auf: "Kennen Sie einen, der als Quereinsteiger lange in der Politik überlebt hätte?"

Apropos: Kraml war erfolgreiche ORF-Moderatorin und Journalistin, bis sie 2004 ins EU-Parlament einzog. "Dann wurde ich fallengelassen wie ein heißer Erdäpfel." Danach ist sie Wirtin geworden – was der Politik in zweifacher Hinsicht vorzuziehen sei: "Wenn jemandem das Essen schmeckt, spürt man die Dankbarkeit." Punkt zwei: Das Kommunizieren sei im Wirtshaus wesentlich einfacher. Nach dem Polit-Ausstieg habe sie an viele Türen vergeblich geklopft.

Kdolsky, die derzeit in Südtirol als Gesundheitsmanagerin tätig ist ("In Österreich ist mir nichts angeboten worden"), warnte etwaige Nachahmer: "Politik ist ein harter Job, das kann nicht jeder." Die Liste von ÖVP-Chef Sebastian Kurz (der terminlich verhindert war, Anm.) wurde nicht namentlich genannt.

Mit am Podium saßen zwei Anwärter um einen Platz im neuen Nationalrat: Irmgard Griss (Neos) und Alfred Noll (Liste Pilz). Für Griss, die 2016 für die Hofburg kandidierte, sei in dem Job "die Fähigkeit, zu verstehen, und sich verständlich zu machen" wesentlich. Und wenn es mit der Politik (wieder) nicht klappt, wäre es für die ehemalige Präsidentin des Obersten Gerichtshofes auch kein Drama: "Ich bin in Pension, ich brauch’ nix mehr werden." In der Volksvertretung gebe es "viel zu wenig normale Leute", meinte Anwalt Noll, dem Berufspolitiker "zu konformistisch" sind – "die haben eine Schere im Kopf". Als Quereinsteiger, der beruflich schon etwas erreicht hat, sei man da freier – man könne ja in den Zivilberuf zurück.

Diskussion am Podium

Wen dieses Schicksal nach dem 15. Oktober ereilen wird, bleibt abzuwarten. Beim Tag der offenen Tür des KURIER gaben sich Vertreter der Bundespolitik jedenfalls größte Mühe, mit ihren politischen Botschaften zu überzeugen. ÖVP-Innenminister Wolfgang Sobotka und Vizekanzler Wolfgang Brandstetter rührten die Werbetrommel für ihr Sicherheitspaket, das SPÖ-Klubchef Andreas Schieder erst nach der Wahl neu debattieren will.

SPÖ-Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil präsentierte sein Buch "Sicherheit neu denken" mit KURIER-Redakteurin Margaretha Kopeinig und diskutierte mit Peter Pilz, über die Flüchtlingswelle 2015/’16.

Am Podium noch vertreten: Grünen-Spitzenkandidatin Ulrike Lunacek, ÖVP-Generalsekretärin Elisabeth Köstinger, ÖVP-Kandidat für Wien Karl Mahrer, SPÖ-Bildungsministerin Sonja Hammerschmid, SPÖ-Bundesgeschäftsführer Georg Niedermühlbichler, die Wiener Neos-Listenerste Beate Meinl-Reisinger und Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner.

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