Politik/Inland

Pilz fordert Pürstl zum Rücktritt auf

Die Grünen erheben im Zusammenhang mit dem Wiener Akademikerball vergangenen Freitag weitere Vorwürfe gegen Polizeipräsident Gerhard Pürstl. Dieser habe bestätigt, einige Monate Mitglied der deutschnationalen Burschenschaft Franko-Cherusker gewesen zu sein. Für den Abgeordneten Peter Pilz stellen sich nun einige Fragen, aus seiner Sicht ist Pürstl als Wiener Polizeipräsident "untragbar". Pürstl weist die Vorwürfe gegenüber der APA zurück: Er unterhalte keine Verbindungen mehr zu Burschenschaften.

Pürstl habe bestätigt, "einige Monate" bei der Burschenschaft gewesen zu sein, so Peter Pilz bei einer Pressekonferenz am Freitag. Das Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes (DÖW) attestiert dieser ein Naheverhältnis zum Rechtsradikalismus. Der Polizeipräsident gab außerdem an, noch "lose Kontakte" zu "Freunden aus der Mittelschule und auch aus verschiedenen Verbindungen" zu haben. Dabei rede man aber "nie über Burschenschaften, sondern über Privates oder auch Berufliches".

Dies empörte Pilz, war Pürstl als Polizeipräsident doch für den Polizeieinsatz bei der Demonstration gegen den Akademikerball der FPÖ zuständig. Weiters wies er darauf hin, dass Herwig Götschober sowohl einer der "führenden Köpfe" der Franko-Cherusker als auch eine "Schlüsselfigur" beim Ballorganisator sei.

"Ungeklärte Verbindung"

Der Grünen-Mandatar möchte nun wissen, zu welchen Verbindungen und Personen Pürstl nach wie vor Kontakt hat und ob der Ball und der Polizeieinsatz am Freitag Gegenstand in Gesprächen mit Burschenschaftervertreten war. Aufgrund seiner Verantwortung für die Eskalation bei der Demo gegen den Ball und die "ungeklärte Verbindung" zu den Ball-Veranstaltern hält Pilz den Polizeipräsidenten für "untragbar". Pürstl solle zurücktreten oder abberufen werden, forderte er.

Pilz pocht auf eine parlamentarische Aufklärung der Fragen und kündigte mehrere Anfragen an. Die erste brachte er am heutigen Freitag an Innenministerin Johanna Mikl-Leitner ein.

Pürstl verteidigt sich

Pürstl wies die Vorwürfe zurück: Er habe während seiner Mittelschulzeit für einige Monate bei der Verbindung Franko-Cherusker geschnuppert, bestätigte ein Polizeisprecher, diese jedoch im Alter von 17 Jahren verlassen. Heute unterhalte er keine Kontakte mehr zur Burschenschaft. Der Polizeipräsident pflege keine Kontakte mit der Burschenschaft oder deren Mitgliedern. Ebenso nicht zum von Pilz genannten Herwig Götschober. Die Burschenschaft Franko-Cherusker habe Pürstl 1979, im Alter von 17 Jahren, nach ein paar Monaten wieder verlassen. Alle Fragen, etwa ob der Akademikerball Gegenstand von Besprechungen zwischen Pürstl und Burschenschaftern gewesen sei, sind laut dem Polizeisprecher mit "Nein" zu beantworten.

Im Wiener Gemeinderat haben sich am Donnerstag SPÖ und Grüne in einem Beschlussantrag gegen die Abhaltung des Akademikerballs in der Hofburg ausgesprochen: "Das internationale Vernetzungstreffen von Rechtsextremen hat dem Ruf Wiens geschadet."

Außerdem wurde die Passage "Der Wiener Gemeinderat lehnt jede Gewaltausübung als Mittel politischer Auseinandersetzung ab" verabschiedet und mit den Stimmen der Wiener Regierungsparteien angenommen. Ein Beschlussantrag der FPÖ, die Gewaltakte von Freitagabend zu verurteilen und etwaigen Geschädigten ohne Versicherung Schadenersatz zukommen zu lassen, wurde hingegen mehrheitlich abgelehnt.

Die Resolution des Gemeinderats hat keine bindende Wirkung für die Betreibergesellschaft der Hofburg, könnte jedoch den Druck bedeutend erhöhen.

"Ersetzen Sie das Wort Jude durch Nazi, dann haben Sie genau die Parolen, die Ihre Anhänger gebrüllt haben"


Die Krawalle rund um den Ball haben aber nicht nur zu der Resolution, sondern auch zu einem verbalen Schlagabtausch im Wiener Gemeinderat geführt: "Das ist Linksfaschismus pur, der hier betrieben wurde", echauffierte sich FPÖ-Mandatar Wolfgang Jung. "Heute erfolgt der Anschluss von Links!", äußerte sich Jung über "Radaubrüder" und "Radikalinskis" aus Deutschland bei den Demonstrationen gegen die Veranstaltung. "Ersetzen Sie das Wort Jude durch Nazi, dann haben Sie genau die Parolen, die Ihre Anhänger gebrüllt haben", attackierte der Freiheitliche SPÖ und Grüne.

"Sie freuen sich ja über Ausschreitungen: Je mehr Krawall, je mehr Bahö, desto besser für Sie. Der Herr Generalsekretär reibt sich die Hände", wies SPÖ-Mandatar Peko Baxant die Kritik zurück. Auch sein Parteikollege Godwin Schuster unterstrich: "Ich habe einen Motor in mir, der da lautet: Ich möchte unter keinen Umständen erleben, dass Hass und Ausgrenzung dazu führen, was damals in der Vorkriegs- und Kriegszeit den Menschen passiert ist." Deshalb sei er froh, dass sich Menschen vergangenes Wochenende im gewaltfreien Protest organisiert hätten.

Pürstl gesteht Fehler ein

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Im Vorfeld hat der Wiener Polizeipräsident Gerhard Pürstl erstmals Fehler im Zusammenhang mit dem Polizeieinsatz im Zuge der Demonstrationen gegen denAkademikerball am vergangenen Freitag zugegeben: Er sei bei dem Einsatz doch "nicht mit allem zufrieden". Die Vorgehensweise könnte demnach "zu defensiv" gewesen sein, sagte Pürstl im Ö1-Morgenjournal. Bei den Ausschreitungen am Stephansplatz habe man vielleicht zulange auf eine "deeskalierende Taktik" gesetzt, so Pürstl. Die Frage sei, ob man den Gewalttaten gegen Polizisten dort nicht entschiedener entgegentreten und vielleicht schneller Front zeigen hätte müssen, meinte Pürstl. Wiens Polizeipräsident gab aber auch zu bedenken, dass der Ablauf noch zu evaluieren sei: "Das muss man sich anschauen."
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Pürstl bleibt aber bei dabei, dass das große Platzverbot "die einzig richtige Entscheidung" gewesen sei. Anders hätte man das sichere Eintreffen der Ballgäste nicht gewährleisten können.

Pürstl hat seine Haltung nach anhaltender Kritik revidiert: Der Wiener Polizeipräsident hatte den Polizeieinsatz bei den Demonstrationen gegen den Akademikerball in einer hitzigen im Zentrum-Diskussionsrunde noch verteidigt. Kritik an zu hartem Vorgehen der Beamten hatte er ebenso zurückgewiesen wie den Vorwurf, die Polizei sei eskalierend vorgegangen bzw. wäre angesichts der hohen Sachschäden nicht ausreichend vorbereitet gewesen. Pürstl ist von mehreren Seiten zum Rücktritt aufgefordert worden.