Ohne Frank: Partei ringt um Überlebensstrategie
Nicht viel Erfreuliches“ gebe es zu berichten, ließ Klubobfrau Kathrin Nachbaur am Rande der Klausurtagung des Team Stronach in Fuschl bei Salzburg wissen. Nein, damit meine sie nicht die Krisenstimmung im Hause Stronach, vielmehr eröffnete sie damit eine mediale Abrechnung mit der Regierung.
Offiziell standen die Arbeitsschwerpunkte 2014 und die Gemeinderatswahl in Salzburg bei der Klausur der Bundespartei und den Länderorganisationen im Vordergrund. Glaubt man der Klubobfrau und ihrer launigen Entourage, die nach außen einträchtig zum Fototermin an den idyllischen Fuschler See spazierte, geht das Team Stronach kämpferisch in erste Jahr nach der Wahl.
Hinter der Fassade liegt aber ein Trümmerfeld: Leitwolf Frank Stronach zieht sich zurück, die Umfragewerte liegen bei einem kläglichen Prozent. Ob man sich die EU-Wahl im Mai zutraut, macht auch Nachbaur Kopfzerbrechen, gibt sie zu. „Wir kennen unsere Umfragewerte und müssen uns überlegen, ob wir es uns leisten können, das Risiko einzugehen. Budget, Kandidatur und Programm müssen stimmig sein.“
Könnte es an den Finanzen scheitern, wenn Stronach geht und seine investierten 30 Millionen zur Gänze zurückhaben will? „Ich habe ein Geld“, sagt die Klubobfrau mit Nachdruck und verweist auf die Parteiförderung.
„Die Werte“ bleiben
Was macht man, wenn das Image und die Strukturen derart ramponiert sind? Man gibt sich betont arbeitsam, einig und gut gelaunt. Nachbaur, flankiert von der geschäftsführenden Klubobfrau Waltraud Dietrich und dem Salzburger Landesrat Hans Mayr, gelobt Treue zu Frank. Zumal sie verkündet: „Ich gehe davon aus, dass er Obmann bleibt.“
Seinen Nationalratsessel übernimmt Burgenlandchef Rouven Ertlschweiger. Wann und wie er der Partei erhalten bleibt, ist völlig offen. „Er kommt nächste Woche nach Österreich, dann werden wir das im Team besprechen“, sagt Nachbaur: Stronach geht, „die Werte“ bleiben. Man wolle sich wieder auf die Stärken wie die Wirtschaftskompetenz konzentrieren. Die Salzburger Landespartei markiert den Musterschüler: „Wir sind ein unverzichtbarer Teil der Veränderung geworden. Die Koalition mit Schwarz und Grün ist ein gutes Miteinander“, sagt Landesrat Mayr.
Die Gemeinderatswahl in Salzburg-Stadt soll Ex-FPÖ-Staatsekretär und Ex-Nationalratsabgeordneter Eduard Mainoni für Stronachs Hinterbliebene retten.
Der Spitzenkandidat soll aber nur unter der Bedingung eingewilligt haben, dass die Liste „Team Salzburg“ genannt und „Stronach“ aus dem Namen gestrichen wird. „Das war aus Gründen der Regionalisierung“, beschwichtigt Landesrat Mayr.
Den Einwand, der Name sei generell stark beschädigt, lässt er nicht gelten. „Wir haben lange diskutiert, aber es gibt keinen Grund, den Namen zu ändern“, Nachbaur ergänzt: „Wir sind stolz darauf.“ Stronach oder nicht – das werde intern vor allem eine Überlebensfrage gesehen, gibt ein Insider gegenüber dem KURIER zu: „Er hat uns viel Aufmerksam gebracht. Wer weiß, ob wir ohne ihn noch wahrgenommen werden?“ Ausdiskutiert sei das aber noch lange nicht. „In einem halben Jahr kann sich alles ändern.“
Das Team Stronach wird am 27. 9. 2012 aus der Taufe gehoben. Frank Stronach sprach damals von einem „neuen Feiertag“ für Österreich.
WahlergebnisseBei den Landtagswahlen 2013 schlug sich das Team in drei Ländern ganz gut: In Kärnten kam es auf 11,2 Prozent, in Niederösterreich auf 9,8 und in Salzburg auf 8,3 Prozent. Nach Streitereien über die Liste, erreichte das Team in Tirol nur 3,4 Prozent und bei den Bundeswahlen im September gab es auch nur 5,7 Prozent.
Es ist nicht einmal zwei Jahre her, als er als superreicher Onkel aus Kanada mit Pauken und Trompeten in die politische Arena einzieht. In der Tasche schlappe 30 Millionen Euro, die er in die Gründung einer neuen Partei stecken will. Ihr Name ist auch ihr einziges Programm: Frank Stronach. Ein Milliardär will sich die Macht in Österreich kaufen. Sein Wahlziel: Er will als Nummer eins den Takt im Land vorgeben.
Wenn es nach Frank Stronachs Millionen gegangen wären, hätten diese Woche nicht Werner Faymann & Michael Spindelegger, sondern Sigi Wolf die erste Regierungsklausur hinter sich. Der Ex-Magna-Manager sollte vom Ballhausplatz aus für seinen Mentor (der jahrzehntelang davon gelebt hatte, mit der Politik zu dealen) mit dem „System der Freunderlwirtschaft aufräumen“.
Auch wenn es heute absurder denn je klingt, begeisterte Anhänger fanden sich damals mehr, als Stronach überblicken konnte: Politisch wache, aber vom mediokren Angebot frustrierte Bürger, die im Selfmade-Unternehmer den Eisbrecher für einen Selfmade-Neustart der Politik sahen; Desperados, die schon bei vielen Kleingruppen und Sekten vergeblich ihr Glück versucht hatten; und kühl kalkulierende Spekulanten, die die Chance witterten, fünf weitere Jahre unauffällig im Hohen Haus zu überwintern: Überläufer aus Jörg Haiders BZÖ machten es möglich, dass Stronachs Truppe, ohne auch nur eine einzige Stimme zu erhalten, schon vor der Wahl im Parlament saß.
Dieser „Operetten-Putsch“ ist dank einer überfälligen Gesetzesänderung heute nicht mehr möglich. Dem Team Stronach hat er auch mehr geschadet als gebracht. Das Bild einer Truppe, die sich von einem Milliardär kaufen lässt, prägt das Image der Partei nachhaltig. Den Rest besorgte Frank himself. Jeder, der mehr als „Bravo, Frank“ zu sagen wagte, erntete ein stupides „Du verstehst ja nichts von Wirtschaft“.
Erneuerung statt Erlöser
Als „Erlöser“ der Wutbürger stand das „Team Stronach“ noch vor einem Jahr für ein gut zweistelliges Wahlergebnis. Heute muss es mit Kommunisten und Piraten um den Kellerplatz rittern. Seine Hinterbliebenen sind mit dem Abgang des frustrierten Gönners politisch mausetot.
Spielmacher ist längst eine Partei, die vor der Wahl nur wenige auf der Rechnung hatten. An der Wiege der Neos stand mit Hans Peter Haselsteiner auch ein Milliardär. Der Ezzes- und Geldgeber der Neos war aber klug genug, im Hintergrund zu bleiben und die grassroots-Partei in Ruhe und aus eigener Kraft wachsen zu lassen.
Die Neos sind jetzt für die ÖVP eine ernst zu nehmende Herausforderung, künftig aber wohl weit darüber hinaus. Denn in Umfragen ist die hemdsärmelige Truppe um Matthias Strolz bereits für jene zweistelligen Wahlerfolge gut, von denen Stronach nur träumen konnte.
Danke, Frank, für die neue „goldene Regel“: Wer das Geld hat, kann sich Politiker mieten – und den einen oder anderen vielleicht auch kaufen. Wähler sind nur kurzfristig verführbar, auf Dauer aber nicht so primitiv käuflich.