Politik/Inland

Flüchtlinge: Jeder zweite Bürger besorgt

Die ÖVP rangiert in Umfragen bei mageren 20 Prozent – und Parteichef Reinhold Mitterlehner wird laufend mit der Frage konfrontiert, wann Außenminister Sebastian Kurz das Ruder übernimmt. Kurzum: Die Volkspartei hat schon bessere Zeiten erlebt. Da tut es den Schwarzen naturgemäß gut, wenn sie Zuspruch bekommen. Den erhielten sie gestern von OGM-Chef Wolfgang Bachmayer.

Der Meinungsforscher hat im Auftrag der ÖVP knapp 1000 Österreicher befragt, wie sie zu Flüchtlingen und Integration stehen. Demnach bereiten jedem zweiten Bürger "zu viel Zuwanderung" und die "Flüchtlinge" mehr Sorgen als Pensionsfrage oder die hohen Wohnkosten. Dass das Gros der Bevölkerung die Flüchtlingscausa kritisch betrachtet und eine strikte Politik wünscht, ist zwar nicht neu, aber ÖVP-Klubchef Reinhold Lopatka sieht die Positionen seiner Partei dadurch erneut bestätigt.

Was die ÖVP will

Die Schwarzen, allen voran Integrationsminister Kurz, drängen ja auf ein Integrationsgesetz. Damit sollen Flüchtlinge verpflichtet werden, Deutsch- und Wertekurse zu absolvieren sowie gemeinnützige Tätigkeiten zu übernehmen ("Ein-Euro-Jobs"). Auch ein Verbot der Vollverschleierung ("Burka- Verbot") wird angestrebt, detto eine Kürzung der Mindestsicherung auf 560 Euro (statt 836 Euro) für Flüchtlinge, die noch keine fünf Jahre im Land sind ("Wartefrist").

Das will die Mehrheit der Österreicher laut OGM-Umfrage auch. 70 Prozent der Befragten sind dafür, dass Asylberechtigte weniger Mindestsicherung als Österreicher bekommen. 79 Prozent befinden, es sei "nicht akzeptabel", dass sich Frauen voll verschleiern. Und 90 Prozent sagen, wer nicht Deutsch lernen möchte, keine Arbeit annimmt oder die Gleichberechtigung von Mann und Frau nicht akzeptiert, dem sollen Sozialleistungen gekürzt werden.

Sanktus der SPÖ fehlt

Die ÖVP hat freilich ein Problem: Dass die Bevölkerung ihre Ansichten durchwegs teilt, genügt nicht. Um ihre Vorhaben umsetzen zu können, benötigen Lopatka & Co den Sanktus der SPÖ – und die ziert sich, etwa bei der Kürzung der Mindestsicherung. Der ÖVP-Klubobmann hält es dennoch "nicht für ausgeschlossen, dass man zu einer Einigung kommt" – weil Wiens SPÖ-Stadträtin Sonja Wehsely vor wenigen Tagen über eine "Mindestaufenthaltsdauer" in der Bundeshauptstadt nachgedacht hat, um Anspruch auf Mindestsicherung zu haben. Lopatka meint, Wehsely habe sich damit "das erste Mal in die richtige Richtung bewegt".

Österreich hat Aufholbedarf

Dass Zuwanderer weniger Geld erhalten sollen, verteidigt Lopatka erneut. Andere Länder, die 2015 vom Flüchtlingsstrom auch stark betroffen waren, hätten Sozialleistungen bereits gekürzt. Österreich hat laut dem ÖVP-Mann also Aufholbedarf.

Einen solchen ortet die Bevölkerung auch – allerdings beim Thema Integration. Drei von vier Österreichern sehen hier Defizite. Lopatka gesteht ein: "Wir haben in manchen Bereichen tatsächlich lange gebraucht, um gesetzliche Bestimmungen zu schaffen."