ÖVP gegen Beihilfe zum Selbstmord von Todkranken
Es war ein bedrückendes Thema, mit dem sich Parlamentarier in den vergangenen Monaten beschäftigt haben: "Würde am Ende des Lebens". Aus der Enquete-Kommission, bei der auch Experten gehört wurden, nehmen die Sozialdemokraten zwei Begehren mit: Straffreiheit für Menschen, die Todkranken beim Selbstmord helfen; ein "Entschuldigungsgrund" wäre für SPÖ-Justizsprecher Hannes Jarolim "ein qualvoller Zustand über einen längeren Zeitraum". Zudem will er einen Rechtsanspruch auf Palliativ- und Hospizversorgung.
"Beihilfe zum Suizid lehne ich vehement ab", sagt ÖVP-Gesundheitssprecher Erwin Rasinger im KURIER-Gespräch. Vor allem Hospiz-Ärzte seien auch dagegen. "Macht man diese Tür auf, geht sie nicht mehr zu." Das habe sich in Holland gezeigt. 4829, damit drei Prozent aller Todesfälle, seien Folge aktiver Sterbehilfe. "Das ist ethischer Wahnsinn. Da werden rote Linien laufend überschritten. Gerade in Österreich mit seiner Euthanasie-Vergangenheit sollten die Finger davon gelassen werden."
"Beschämend"
Und so drängt die ÖVP auch weiter darauf, das Verbot von Sterbehilfe in der Verfassung festzuschreiben. Nachsatz Richtung SPÖ, die das nicht will: "Wenn wir nachhaltige Energieeffizienz und Tierschutz dort verankern, wieso ein Sterbehilfeverbot nicht?"
Zur Palliativ- und Hospizversorgung sagt Rasinger: "Es ist erschütternd und beschämend, dass schon 2004 beschlossen worden ist, das Angebot zu verbessern – und wir bis jetzt nur in drei Bundesländern Hospize haben, die nicht finanziert werden, sondern auf Spenden angewiesen sind." Bis 2020 fehlen 320 Hospiz-Palliativbetten, sagt der ÖVP-Mann: "Wir sind weit weg von Vollversorgung." Er ist doch Mitglied einer Regierungspartei, warum ist nicht längst gehandelt worden? "Weil ständig zwischen Bund, Ländern, Gemeinden und Sozialversicherung gestritten wird, wer zahlt. Das muss ein Ende haben."
Geldforderung
Für die bisherigen Hospiz- und Palliativeinrichtungen werden pro Jahr 87 Millionen Euro aufgewendet, bis zum Vollausbau 2020 sollen es 148 Millionen sein, also um 61 Millionen mehr. "Bei 33 Milliarden Euro für Gesundheitsleistungen kann man erwarten, dass dieser lächerliche Betrag aufzutreiben ist. Würdevolles Sterben ist ein gesellschaftliches Muss, hat mehr Bedeutung als fünf Kilometer zusätzliche Autobahn. Eine menschliche Gesellschaft muss das Geld dafür aufbringen", befindet Rasinger, im Zivilberuf Allgemeinmediziner. Es sei nicht nur menschlicher, sondern "laut US-Studien auch kostengünstiger als die dann oft nutzlosen und sehr teuren Spitals- und Intensivaufenthalte". Wenn medizinisch nichts mehr erreicht werden könne, müsse versucht werden, "Linderung zu verschaffen. Zuwendung ist nötig."
Im März soll der Bericht der Kommission, der die ÖVP-Abgeordnete Gertrude Aubauer vorgesessen ist, vorliegen. Dann werden alle Abgeordneten der sechs Fraktionen beraten, welche Konsequenzen sie ziehen.