Politik/Inland

ÖVP-Debakel: "Schallende Ohrfeige für die Regierung"

Kurz vor 18 Uhr brandete in der ÖVP-Zentrale in der Wiener Lichtenfelsgasse am Sonntag ein bisschen Applaus auf. Über den TV-Schirm flimmerte gerade eine Hochrechnung, die zeigte, dass ÖVP-Kandidat Andreas Khol seinen SPÖ-Kontrahenten Rudolf Hundstorfer überholt hat. "Man klammert sich an solchen Tagen eben an Kleinigkeiten fest", kommentierte eine junge Frau den verhaltenen und schon fast sarkastisch anmutenden Jubel.

Denn der Sonntag war für die Schwarzen ein schwarzer Tag. Die in Meinungsumfragen prognostizierte Schlappe für Khol wurde am Wahltag bestätigt.

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Parteichef Reinhold Mitterlehner macht "eine Grundstimmung gegen das Polit-Establishment" gepaart mit "Zukunfts- und Abstiegsängsten" für das desaströse Ergebnis hauptverantwortlich. Er meint aber auch, die ÖVP sei "Opfer der Meinungsumfragen" gewesen – weil FPÖ-Mann Norbert Hofer, der Grüne Alexander Van der Bellen und die unabhängige Kandidatin Irmgard Griss als Favoriten ausgewiesen worden waren. Frauenchefin Dorothea Schittenhelm sieht das ebenso und meint zudem, Khol sei "vom ersten Tag an totgeschrieben worden" – obwohl er "ein ausgezeichneter Kandidat" gewesen sei. Dass der Verfassungsrechtler "ein großartiger Kandidat" gewesen sei, befindet auch Ingrid Korosec. Medien und Meinungsforscher will sie aber nicht für das Debakel hauptverantwortlich machen. Das Ergebnis sei "eine schallende Ohrfeige für die Regierung", stellt die Seniorenbund-Chefin klar (die Andreas Khol kürzlich in dieser Funktion abgelöst hat): "Das ist ein Signal an die Regierung, endlich aktiver zu werden und nicht alle Probleme vor sich herzuschieben."

Auch Justizminister Wolfgang Brandstetter spricht von "einer heftigen Ohrfeige für die Regierungsparteien".

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Mitterlehner weiß natürlich auch, dass SPÖ und ÖVP nach diesen katastrophalen Ergebnissen nicht zur Tagesordnung übergehen können. Der ÖVP-Frontmann kündigt als Konsequenz einen "rot-schwarzen Relaunch" an. Selbstkritischer Nachsatz: "Das ist die letzte Chance."

Wohl auch für ihn. Denn auch wenn dem Oberösterreicher offenbar alle wesentlichen Player in der Partei ihre Unterstützung zugesichert haben und derzeit aller Voraussicht nach keine Obmann-Debatte ausbrechen wird, ist Mitterlehner angeschlagen und auch angezählt. Ein Chef-Wechsel würde derzeit aber "nichts bringen", sagt ein Insider. Der potenzielle Nachfolger, ÖVP-Star Sebastian Kurz, will – noch – nicht ans Ruder. Als etwas wackelig gilt der Sessel von ÖVP-General Peter McDonald. Dass der Oberösterreicher in absehbarer Zeit gehen könnte, wird nicht gänzlich ausgeschlossen.