Politik/Inland

Bedingungen erfüllt: Sebastian Kurz übernimmt ÖVP

Er wohnt ums Eck, das Wetter ist mild – warum also nicht zu Fuß kommen? Mit federndem Schritt, die Sonne im Gesicht, marschierte Sebastian Kurz am Sonntag lächelnd die Wiener Tivoligasse hinauf. Er schien sich seiner Sache sicher – und er sollte Recht behalten.

Im Springer Schlössl, dem Sitz der Politischen Akademie der Volkspartei, traf sich am Sonntag der Parteivorstand, um über den neuen Obmann zu beraten, oder genauer: um ihn tatsächlich auf den Schild zu heben. Nach einer kurzen Sitzung machten die ÖVP-Granden den 30-jährigen Außenminister einstimmig zum 17. Bundesparteiobmann der Volkspartei. Kein Widerspruch, nicht ein Anflug von Kritik nach außen – und das ist durchaus bemerkenswert.

Durchgriffsrecht

Denn nur etwas mehr als 24 Stunden zuvor hatte Kurz die Öffentlichkeit wissen lassen, er werde die Partei nur dann übernehmen, wenn ihm sieben unverrückbare Zugeständnisse gemacht werden – alles oder nichts also.

Darunter: ein starkes Veto- und Durchgriffsrecht beim Personal; die Hoheit über die politische Linie; eine fixe Frauenquote von 50 Prozent auf den Kandidatenlisten; und dazu das Pouvoir, auf den Namen ÖVP bei der Nationalratswahl de facto zu verzichten.

All das wollte Kurz von der ÖVP-Führung verbrieft im Partei-Statut – und er wird es bekommen. Schon Samstagabend waren Landeshauptleute ausgerückt, um Unterstützung zu zeigen. Der gestrige Beschluss schien nur noch ein Formal-Akt. "Wer führt, der muss gestalten können", begründete Kurz Sonntagabend seine umfassenden Forderungen als Parteichef.

Und das Gestalten beginnt schon beim Namen: "Liste Sebastian Kurz – die neue Volkspartei", soll bei der Nationalratswahl auf dem Stimmzettel stehen. Man will eine Bewegung, ein möglichst breiter politischer Pool werden.

Partei im Rücken

Wie geht es nun weiter? Mit der Partei im Rücken will Sebastian Kurz auf die SPÖ zugehen. Am Montag soll es ein Treffen mit SPÖ-Chef und Bundeskanzler Christian Kern geben. Im Anschluss ist ein Zusammentreffen mit Bundespräsident Alexander Van der Bellen geplant.

Im Wesentlichen will die Volkspartei ihrem Noch-Koalitionspartner folgende Vorschläge machen: SPÖ und ÖVP beschließen gemeinsam, dass noch in diesem Jahr der Nationalrat neu gewählt wird.

Projekte umsetzen

Bis dahin, so Kurz, solle die Zeit insofern genützt werden, als zwischen SPÖ und ÖVP de facto außer Streit stehende Projekte auch tatsächlich umgesetzt werden. Eines der wichtigsten ist der so genannte Beschäftigungsbonus, der per 1. Juli in Kraft treten sollte, zwei Milliarden Euro an Förderungen umfasst und mittlerweile schon im Parlament ist.

Dieses Projekt, so bestätigte am Wochenende bereits ÖVP-Staatssekretär und Regierungskoordinator Harald Mahrer, könne man trotz allem noch mit der SPÖ auf den Weg bringen. Wie sich die Oppositionsparteien beim Neuwahlantrag oder konkreten Projekten verhalten, klärt sich Mitte der Woche.

Laut dem KURIER vorliegenden Informationen treffen einander alle Oppositionsparteien am Mittwoch, um eine gemeinsame Vorgehensweise zu vereinbaren. Insbesondere der Eurofighter-Untersuchungsausschuss, der gerade erst begonnen hat, soll nach dem Wunsch von Grünen und FPÖ noch etwas länger weiter arbeiten.

Als dritten konkreten Vorschlag will Kurz mit der SPÖ einen "kurzen und fairen" Wahlkampf im September vereinbaren.

Kurz wollte gestern keine neuen Regierungsmitglieder nominieren. Mit dem Abgang Reinhold Mitterlehners wurde ja sowohl der Posten des Vizekanzlers als auch der des Wirtschaftsministers vakant. Als Wirtschaftsminister wurde zuletzt Harald Mahrer kolportiert. Und laut dem KURIER vorliegenden Informationen dürfte der neue ÖVP-Chef Wolfgang Brandstetter als Vizekanzler vorschlagen – vorausgesetzt, er kommt mit Christian Kern auch bei den anderen Punkten auf einen grünen Zweig.

Der Live-Ticker zum Nachlesen:

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