Politik/Inland

Norbert Hofer: Der sanfte Blaue mit dem harten Inhalt

Dienstag, früher Nachmittag: Der KURIER interviewt Norbert Hofer, FPÖ-Vize und Dritter Nationalratspräsident, in seinem Büro im Parlament. Hofer sitzt entspannt auf einem lederbezogenen Stuhl, zieht ab und zu an seiner E-Zigarette. Es geht um die Rolle des Parlaments, um die Regierung, um Blau-Wortwahl und den freiheitlichen Hofburg-Anwärter.

Auf die Frage, wer für seine Partei in das Rennen geht, sagt Hofer: "Es gab eine große Zahl an Kandidaten. Jetzt haben wir reduziert auf vier Personen. Zu diesen zähle ich nach wie vor nicht." Zur Auswahl stünden: Die zur FPÖ übergelaufene ÖVP-Frau Ursula Stenzel, Wiens Vizebürgermeister Johann Gudenus, Volksanwalt Peter Fichtenbauer und Bildungssprecher Walter Rosenkranz.

Absturz

Zu Unpolitischem äußert sich Hofer ungefragt. Er, der einstige passionierte Sportler, erzählt von seinem schwerem Unfall, in der Steiermark im August 2003. Nur 15 Meter sei er mit seinem Paragleiter in der Höhe gewesen ("Ich bin gerne tief geflogen"), der Schirm sei zusammengeklappt, er abgestürzt. Die Wirbelsäule war verletzt. "Zuerst hat es geheißen: Ich würde das nicht überleben. Dann hieß es: Ich sei querschnittgelähmt." Es folgten sechs Monate Rehabilitation und hartes Training. "Eine Zeit lang sechs Stunden am Tag, dann drei." Derzeit gibt es eine Stunde täglich Physiotherapie. Es wirkt, als wolle er erklären, warum er nicht um das Präsidentenamt kämpfen könne. Nicht wegen seines Alters – mit 44 Jahren fühle er sich "zu jung" –, wie er bisher gesagt hat. Nun kandidiert er doch. In der gestrigen Pressekonferenz, in der ihn FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache als Herausforderer von Hundstorfer & Co präsentiert, sagt Hofer: "Ich trete nicht wegen, sondern trotz meiner Behinderung an."

Programmatik

Nicht nur bei diesem Auftritt poltert Hofer nicht verbal, das macht er auch sonst nicht. Er ist kein Sprachrabauke wie Strache und dessen Generalsekretär. Beim KURIER-Gespräch ebenfalls nicht: Er lächelt oft, ist höflich, freundlich, frei von jenem Misstrauen gegenüber Journalisten, das etwa Strache in sich trägt.

Inhaltlich passt allerdings kein Blatt Papier zwischen ihn und den Obmann. Am 2011 beschlossenen Neo-Parteiprogramm hat der Burgenländer, der Ehrenmitglied der Pennälerverbindung "Marko-Germania" Pinkafeld ist, federführend gewerkt. Seit einem Jahr formuliert er mit Oberösterreichs FPÖ-Chef Manfred Haimbuchner ein Regierungsprogramm für die Blauen. Ende Februar werde es fertig sein, sagt Hofer: "Dann geht es an das Generalsekretariat und den Bundesobmann, um Korrekturen vorzunehmen. Dann ist es fertig, um aus der Lade genommen zu werden, wenn es so weit ist." Das werde bald sein, meint Hofer: "Ich glaube, dass es nicht mehr lange dauern wird, bis der Knoten zwischen den Regierungsparteien reißt – und dass es noch heuer Wahlen gibt."

Aufstieg

In der Partei hat sich der gelernte Flugzeugtechniker stetig nach oben gearbeitet. Seit 2005, da hat Strache die FPÖ nach dem Zerwürfnis mit Jörg Haider übernommen, ist er einer seiner Stellvertreter. Im Jahr darauf zog er in das Parlament ein; als Behindertensprecher fungierte er schon da. Seit Oktober 2013 ist Hofer Dritter Nationalratspräsident; er beerbte Martin Graf.

Vor 21 Jahren war er, der Sohn eines ÖVP-Mannes, zu den Freiheitlichen gestoßen. Stadtparteichef in Eisenstadt war er vorerst. Er wurde Landesparteisekretär, Gemeinderat in Eisenstadt, Klubsekretär. Damals sei er forsch in der Wortwahl gewesen, sagt Hofer: "Ich habe in Eisenstadt einen jungen Obmann der ÖVP hart angegriffen. Wir haben eine Karikatur gemacht, weil er eine Japan-Reise machte, mit ihm und Taschen voller Geld. Das Verhältnis hat sich mittlerweile so verändert, dass ich eine Rede zu seinem Abschied aus der Politik gehalten habe."

PartnerschaftImmer wieder spricht Hofer davon, wie wichtig es sei, trotz Polit-Differenzen miteinander zu können. "Dann funktioniert auch eine Koalition." In der burgenländischen, der rot-blauen, an der er mitgebastelt hat, sei das so: "Es funktioniert so gut, weil sich die Partner kennengelernt haben, sehen: Es gibt ein Grundvertrauen. SPÖ-Landeshauptmann Niessl sagt: Er hat es bei einem ÖVP-Stellvertreter noch nie erlebt, dass man sich gegenseitig besucht."

Einen körperlich herausfordernden Besuch hat Hofer, der zum zweiten Mal verheiratet ist und vier Kinder hat, vor: Er will mit einem Rad nach Mariazell fahren. Dabei hat er den Katholiken den Rücken gekehrt und ist nun evangelisch – weil er es besser findet, wenn Pfarrer heiraten dürfen. Die hätten mehr Ahnung von der Familie.