Politik/Inland

Neues aus der "Stillstandsrepublik"

"Wenn wir nur lang g’nug tun, als ob nix g’wesen wär, dann is a nix g’wesen." Helmut Qualtingers Zitat stimmt ein in den "Stillstand im Dreivierteltakt", in das neue Buch von Charles Ritterband. Der "Schweizer im Exil", wie sich der langjährige Korrespondent der Neuen Zürcher Zeitung (NZZ) selbst bezeichnet, beobachtet die Geschehnisse in Österreich, dem Land des "Operettenföderalismus", seit 2001.

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Die hiesigen Zustände kommen für ihn einem Zug mit zwei Lokomotiven gleich. "Die eine zieht nach vorne, die andere zieht hinten. Die eine rot, die andere schwarz." Dass der ehemalige ÖBB-Chef Christian Kern nunmehr Kanzler ist, ändert für Ritterband am Zustand der "Stillstandsrepublik" noch wenig. Noch. Denn wer weiß, was Kanzler Kern und Außenminister Sebastian Kurz noch zu tun vermögen, regt er in der Kolumne "Die K.u.K.-Demokratie" zum Nachdenken an. Geht es nach KURIER-Karikaturisten Michael Pammesberger, dessen Zeichnungen die Themen wie Thesen Ritterbands illustrieren, könnte Kurz nicht nur jüngster Staatssekretär und Außenminister sondern 2018 auch jüngster Bundespräsident sein.

Lehrreich ist die Lektüre, wenn Ritterband beispielsweise über den "Sie werden sich noch wundern, was alles geht"-Satz von Norbert Hofer räsoniert. Denn: 2003 ließ Thomas Klestil den NZZ-Korrespondenten persönlich bei Tee in der Hofburg wissen, dass er jederzeit die Regierung Schüssel entlassen könne, wenn er wolle.

Erkenntnisreich sind die auf über 200 Seiten gesammelten Kolumnen und Glossen. Denn: Sie fördern zutage, was viele lieber vergessen oder schlichtweg in Vergessenheit geriet.

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Erinnerungswürdig der Umgang von Medien wie Menschen mit Fotos – beispielsweise jenem Bild des toten zweijährigen Alan Kurdi.

Erfrischend skurril die Aussagen von Politikern. Von "Richtwert oder Obergrenze", über Andreas Khols Ansinnen, die ÖVP "jünger, moderner und weiblicher" zu machen bis hin zu Eugen Freunds Einschätzungsvermögen. (Der EU-Spitzenkandidat der SPÖ schätzte ein Arbeitergehalt auf 3000 Euro.)

Erschreckend ernüchternd, wie viele Protagonisten sich öffentlich in der Wortwahl vergriffen und, wie oft Konsequenzen ausblieben. An treffenden wie trefflichen Beispielen mangelt es diesem Buch nicht.

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Der gebürtige Zürcher stellt Kontexte her, weit über den Schnitzeltellerrand hinaus, und macht wortreich gleichsam Geschnetzeltes aus jenen, die ein ewig gestriges Geschichtsverständnis haben.

Gleichzeitig vermag Ritterband, der stolze Besitzer eines XL-Pudels – der auch für das Buchcover karikiert wurde – die Menschen und Mächte mit ihren Mätzchen zu beschreiben. Zum Schmunzeln bis zum Lachen sind seine Zeilen dann. Michael Pammesbergers Zeichnungen setzen dem die Krone auf. Ein Lachen, das bisweilen auch im Hals stecken bleibt.

Zu den Karikaturen von Michael Pammesberger auf KURIER.at