Politik/Inland

Neue ÖGB-Frontfrau fordert Pflegekarenz und 1500 Euro Mindestlohn

Wenn ein Kind oder ein anderes Familienmitglied länger krank ist, bringt das berufstätige Angehörige oft gehörig unter Druck. Die Pflegetage sind rasch aufgebraucht, und ein Kindermädchen oder eine Betreuerin zu bezahlen, kann sich nicht jeder leisten. Die neue ÖGB-Frauenchefin Sabine Oberhauser fordert daher „einen Rechtsanspruch auf befristete Pflegekarenz oder Pflegeteilzeit“.

Im KURIER-Gespräch erläutert Oberhauser, dass häufig Frauen pflegebedürftige Angehörige betreuen – und daher oftmals, wenn länger Unterstützung nötig ist, ihren Job kündigen. Pflegekarenz oder -teilzeit soll das verhindern. Was die Dauer und die Höhe des Karenzgeldes betrifft, will sich die ÖGB-Vizepräsidentin, die gestern auch zur ÖGB-Frontfrau gekürt wurde, nicht festlegen.

Die 49-jährige Wienerin hat freilich noch mehr Wünsche im Antrittsgepäck. Sie kämpft etwa für ein Mindesteinkommen von 1500 Euro brutto. Gerade Frauen seien oft in Branchen mit einem geringeren Mindestlohn tätig, argumentiert Oberhauser. Bei Arzthelferinnen liegt das Mindesteinkommen etwa bei 1100 Euro. Im Handel sind es rund 1300 Euro.

Ist es realistisch, dass die Forderung nach 1500 Euro Mindestgehalt erfüllt wird? Oberhauser ist optimistisch: „In fünf Jahren will ich dieses Ziel erreichen.“

„Ich gebe einen Kampf erst auf, wenn alles Pulver verschossen ist.“ – Neo-ÖGB-Frauenchefin Sabine Oberhauser


Mit dieser Einstellung kämpft sie auch für ein Rückkehrrecht von Teilzeit auf Vollzeit. Und Firmen ab 100 Mitarbeitern sowie öffentliche Dienste in Ländern und Gemeinden sollen auch Einkommensberichte vorlegen müssen, um mehr Transparenz bei den Gehältern zu schaffen. Derzeit müssen nur Betriebe ab 250 Beschäftigten derlei Berichte vorlegen. Passiert das nicht, hat die Firma praktisch nichts zu befürchten. Daher begehrt Oberhauser „spürbare Sanktionen“ – in Form von Strafen. Oder indem man säumige Betriebe einfach nennt.

Und sie möchte, dass Frauen weniger Überstunden leisten müssen. „Gerade Frauen bekommen Überstunden oft nicht bezahlt. Außerdem sollen die Menschen durch eine Reduktion der Überstunden länger gesünder arbeiten können“, erläutert die Ärztin und SPÖ-Gesundheitssprecherin. Mehr Jobs könnten dadurch auch entstehen.

Geld vom Finanzamt

Überdies sollen Arbeitgeber Mitarbeitern, die weniger als 1300 Euro brutto verdienen, 110 Euro Negativsteuer (pro Jahr) direkt auszahlen. Derzeit liegt die Grenze bei 1200 Euro – und die Arbeitnehmer müssen sich das Geld beim Finanzamt holen.

Daneben plädiert die Mutter zweier erwachsener Mädchen für den Ausbau der Kinderbetreuungseinrichtungen, damit mehr Frauen Vollzeit arbeiten können.

Viele Forderungen. Wie viele davon werden umgesetzt? Die ÖGB-Frauenchefin gilt jedenfalls als äußerst zäh; und sagt von sich selbst, dass sie „einen Kampf erst aufgibt, wenn alles Pulver verschossen ist“.

Medizinerin

Die Wienerin hat nach der Matura Medizin studiert und 1987 promoviert. Im selben Jahr heiratete sie einen Radiologen. Nach der Geburt ihrer beiden Mädchen (heute 25 und 23 Jahre alt) absolvierte Oberhauser ihren Turnus und die Ausbildung zur Allgemeinmedizinerin und Kinderärztin. Die 49-Jährige hat auch einen Uni-Abschluss für Krankenhausmanagement.

Politikerin

1998 wechselte Oberhauser in die Personalvertretung bzw. Gewerkschaft der Wiener Gemeindebediensteten. Daneben engagierte sie sich einige Jahre in der Ärztekammer. Seit 2009 ist Oberhauser Vize-Präsidentin des Gewerkschaftsbundes (ÖGB) und nun auch ÖGB-Frauenchefin. Seit 2006 sitzt die Ärztin im Parlament. Sie ist die Gesundheitssprecherin der SPÖ.