Neue Marschroute für Rekruten
Von Maria Kern
Am 20. Jänner hat die Bevölkerung mehrheitlich dafür votiert, dass die Wehrpflicht bestehen bleibt. Die Politik versprach, den Grundwehrdienst attraktiver zu machen. Das werde nun passieren, verkündeten Verteidigungsminister Gerald Klug (SPÖ) und Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) gestern Seite an Seite in der Wiener Rossauer Kaserne in zackigem Ton. Von einer „Win-win-Situation“ schwärmten die beiden Sicherheitsminister.
Ein Urlaub im Abenteuer-Camp wird es dennoch nicht werden. „Der Wehrdienst ist kein Wunschkonzert“, stellte Klug klar. Einiges soll sich aber ändern. 180 Maßnahmen stehen im 90-Seiten-Reform-Bericht. Die wichtigsten Details daraus sind:
Stellung: Die jungen Männer werden einem Talentecheck unterzogen. Die Tauglichkeitskriterien werden überarbeitet, manche meinen „gelockert“. Generalstabschef Othmar Commenda bestritt aber, dass es dadurch mehr „Taugliche“ geben werde. Rund 14 Prozent der Stellungspflichtigen sind im Schnitt untauglich.
Ausbildung: Grundwehrdiener müssen künftig zwei Pflichtmodule und ein Wahlmodul absolvieren (siehe Grafik). Dabei sollen Fähigkeiten und Wünsche berücksichtigt werden. Wer das Modul „Schutz und Hilfe“ belegt, wird in Sachen Objektschutz, Katastrophenhilfe und Grenzüberwachung ausgebildet und eingesetzt. IT-Spezialisten können das Modul „Cyber-Sicherheit“ absolvieren. Wer später Berufssoldat werden möchte, wird das Modul „Militärische Spezialisierung“ wählen. Das Modul „Militärisches Berufspraktikum“ umfasst praktisch die Systemerhalter. Also, Köche werden als Köche eingesetzt; Schweißer als Schweißer etc. Ziel sei, so Klug, „die besten Burschen am richtigen Platz“ einzusetzen. Eine Garantie, im Wunsch-Modul unterzukommen, gibt es freilich nicht.
Systemerhalter: Einer der Hauptkritikpunkte am Heer war, dass die Zahl der Systemerhalter viel zu hoch sei. 60 Prozent der Grundwehrdiener werden als Köche, Kellner, Chauffeure usw. eingesetzt. Nur 40 Prozent sind in der Truppe tätig. Dieses Verhältnis soll umgedreht werden. Um das zu erreichen, sollen Cafeterien zusammengelegt werden; mehr Kaderpersonal soll als Kraftfahrer eingesetzt werden, Wachdienste sollen reduziert werden etc.
Infrastruktur: Unterkünfte, Außenanlagen, Sportstätten sollen saniert werden. In Heeresgebäuden soll es W-LAN geben. Auch mehr und bessere Ausbildungsmittel wurden versprochen.
Sport: Drei Fitness-Checks sind geplant (Stellung, Dienstantritt und vor dem Abrüsten). Jede Woche soll es einen Sportnachmittag geben.
Miliz: Die Miliz-Übungen (auch gemeinsam mit Blaulichtorganisationen) sollen wieder eingeführt werden.
Ein Teil der geplanten Änderungen kostet natürlich Geld. Verteidigungsminister Klug kalkuliert mit 30 Millionen Euro pro Jahr, die durch Umschichtungen freigemacht worden seien. Auch Rücklagen werden herangezogen, sagte der Minister. Hinzu kommen noch 14 Millionen Euro aus dem Finanzressort. Ende 2014 soll die Reform umgesetzt sein, kündigte Mikl-Leitner an.
Was bringt die Reform? Hannes Androsch, einst Vorkämpfer der SPÖ für ein Berufsheer, meint, dass nun der Versuch unternommen werde, „aus der Not eine Tugend zu machen“. Die finanziellen Mittel „werden aber mit Sicherheit nicht genügen, um die Kasernen zu adaptieren und die entsprechende Ausrüstung zu finanzieren“, meint Androsch. Die 14 Millionen aus dem Finanzressort bezeichnet der Ex-Finanzminister als „Lachnummer“.
Wichtig wäre, endlich die Verwaltung im Heer zu reduzieren. „Wir haben 24.000 Verwaltungsbedienstete. Die Schweiz kommt mit einem Drittel aus. Da steckt eine Menge Geld drinnen.“