Neue Chefin sieht "Zusammenhalt in der SPÖ" als ihre erste Aufgabe
Bis Mitte Oktober wollte sich die SPÖ nach dem überraschenden Abgang von Parteichef Christian Kern am Dienstag Zeit geben, die SPÖ-Spitze neu zu besetzen. Um nicht noch mehr Schaden anzurichten, ging es dann sehr schnell. Gestern, Samstag, beschloss das SPÖ-Präsidium einstimmig, Pamela Rendi-Wagner als neue Parteichefin zu designieren.
Scharf zurückgewiesen wurde von Kern die Darstellung, dass die ehemalige Gesundheits- und Frauenministerin nur wegen der Absage anderer als Parteivorsitzende designiert wurde. „Sie ist tatsächlich die erste Wahl.“ Kern wollte damit demonstrativ Vorbehalte gegen Rendi-Wagner, die es in der Wiener SPÖ gab, vom Tisch wischen.
Die Sitzung des höchsten Parteigremiums verlief nach Angaben mehrerer Teilnehmer durchaus „positiv“ und „freundschaftlich“. Eine Frage wurde länger diskutiert: Wie erklärt man der Parteibasis und den Funktionären, dass ausgerechnet eine Person, die erst seit eineinhalb Jahre Parteimitglied ist, die SPÖ führen und gleichzeitig eine starke Oppositionschefin sein sollte. Kern gab darauf die Antwort: „Es gilt nicht nur den eigenen Funktionären zu gefallen, sondern ein Angebot an breite Wählerschichten darzustellen“, betonte er in seiner Pressekonferenz.
Pamela Rendi-Wagner ergänze die inhaltliche und personelle Breite der SPÖ-Länderchefs, hieß es im Umfeld des Wiener Bürgermeisters Michael Ludwig.
Von allen SPÖ-Granden gab es für die neue Vorsitzende demonstrativ Applaus. „Könnte sie Opposition nicht, würden wir sie nicht zur Parteichefin designieren“, sagte Burgenlands SPÖ- Vorsitzender Hans Peter Doskozil. Euphorisch klang eine Aussendung von Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser, der an der Sitzung nicht teilnahm: „Die absolut beste Wahl“ sei Rendi-Wagner. Auffällig zurückhaltend gab sich nur Michael Ludwig: Die Praxis werde zeigen, wie gut Rendi-Wagner den Vorsitz bewältigt. „Sie hat aber die Fähigkeiten dazu.“ Und AK-Präsidentin Renate Anderl mahnte die Partei, mit der neuen Vorsitzenden auch nach der Bestellung solidarisch zu sein.
Zusammenhalt
Rendi-Wagner betonte in der Sitzung, wie wichtig ihr der „Zusammenhalt der Partei“ sei. Dafür zu arbeiten, werde im Fokus ihrer Aufgabe stehen. Inhaltlich wolle sie sich aber erst am Dienstag nach der SPÖ-Vorstandssitzung erklären. Dann dürfte auch klar sein, wer ihrem Team angehören werde. Kern betonte, dass die neue Parteichefin ihre engsten Mitarbeiter selbst aussuchen werde. Steiermarks stellvertretender Landeshauptmann Michael Schickhofer machte sich dafür stark, dass Max Lercher als Bundesgeschäftsführer unbedingt bleiben solle. Ob sich Rendi-Wagner daran hält, ist offen.
Dem Vernehmen nach, will sie zusätzliche Funktionen einziehen und mit Vertrauenspersonen besetzen: Genannt werden die Namen des ehemaligen Kulturministers Thomas Drozda und der ehemaligen Bildungsministerin Sonja Hammerschmid. Beide sitzen mit Rendi-Wagner im Parlament und gelten als ihre Freunde.
Wann Kern den Vorsitz im Parlamentsklub an die neue Parteichefin abgeben wird, ließ er offen: „Das muss sie sagen, wie sie das will.“ Offiziell gewählt wird Pamela Rendi-Wagner bei einem SPÖ-Parteitag Ende November. Ihr neues Amt empfindet sie als „große Ehre“. 130 Jahre nach Parteigründung (Dezember 1888) wird die Parteispitze erstmals weiblich.
Kern lässt offen, ob er das EU-Mandat annehmen wird
Ein Ziel hat Christian Kern als Spitzenkandidaten der SPÖ für die Europa-Wahl am Samstag bei der Pressekonferenz in Wien gesagt: „Es ist mein Ziel, die wichtige Wahl für Österreich erfolgreich zu schlagen.“ Die Europa-Wahl 2014 gewann die ÖVP mit 27 Prozent der abgegebenen Stimmen, die SPÖ kam auf 24 Prozent Stimmanteil.
Kern will bei der EU-Wahl den ersten Platz zurückerobern. Damit will er vergessen machen, dass die SPÖ die Nationalratswahl im Herbst 2017 verloren hat. Der scheidende SPÖ-Chef ließ aber offen, ob er sein Mandat im EU-Parlament annehmen wird, sollte er nicht als Spitzenkandidat der Europäischen Sozialdemokraten (SPE) aufgestellt werden. Das werde man nach dem Urnengang sehen, erklärte Kern.
Definitiv wird der Spitzenkandidat der SPE am 7. Dezember bei einem Parteikongress in Lissabon gekürt. Die Bewerbungsfrist endet am 18. Oktober. Die Frage, ob er mit einigen Gegenkandidaten auf EU-Ebene rechnet, ließ er offen und sagte nur so viel: „Wichtig ist, dass die Kandidaten anschlussfähig für andere Fraktionen sind.“
Sein Team für die Europa-Wahl-Kampagne steht noch nicht fest. Im Wahlkampf will er „die humanistische Tradition der Gründer der EU“ hervorheben und gegen Rechtspopulisten und Nationalisten vorgehen.