Politik/Inland

"Für die Nr.1 hat es nicht gereicht"

Es war nach den Landtagswahlen in Kärnten und Niederösterreich, als die ÖVP-Spitzen voller Euphorie „das Jahr der ÖVP“ ausriefen. Am Abend der Nationalratswahl war die Euphorie verflogen, das Jahr der ÖVP endete am 29. September. Stimmten bei der Nationalratswahl 2008 noch 26 Prozent der Wähler für die ÖVP, waren es am Sonntag laut vorläufiger Hochrechnung nur 24,1 Prozent. Ein historisches Tief für die ÖVP, die zuletzt 2002 (nach Schwarz-Blau) mehr Stimmen als die SPÖ zählte.

Dennoch war ein Aufatmen in der Parteizentrale hörbar – hatten manche Umfragen doch gar ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit der FPÖ um Platz 2 vorhergesagt. „Wir haben besser abgeschnitten, als so manche Umfrage prophezeit hat“, sieht VP-Geschäftsführer Hannes Rauch durchaus positive Seiten des Ergebnisses. Rauch will die gesamte Regierung abgestraft wissen: „Das zeigt, dass die Große Koalition nicht optimal gearbeitet hat. Das ist ein Denkzettel für die Regierung.“

Die Frage, ob die ÖVP, die seit 1987 durchgehend der Regierung angehört, auch die kommenden fünf Jahre als Junior-Partner mitregieren wird, beantwortet Rauch so: „More of the same wird nicht möglich sein.“ Ob ein dritter Partner für frischen Wind sorgen soll, will aber auch Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner nicht beantworten: „Das müssen erst die Gremien entscheiden.“

Zerplatzter Traum

Die Stimmung unter den Funktionären war entsprechend getrübt. Nur einmal brandete tosender Applaus auf – für Alt-Parteichef Alois Mock, der aufgrund schwerer Krankheit im Rollstuhl sitzt.

Auch Michaela Steinacker, Platz 2 auf der Bundesliste, applaudierte kräftig, sah aber sonst wenig Grund zum Jubeln: „Es ist schade, dass es nicht für den 1er gereicht hat.“ Nun müssten die „besten Köpfe in die Regierung“ einziehen. Steinacker: „Es hat jeder verstanden, dass Reformen angesagt sind.“ Zerplatzt sind jedenfalls die Träume der Nr. 1: Unermüdlich warb Spindelegger vor der Wahl für eine „Wende“ – in der Hoffnung, die SPÖ zum Juniorpartner zu machen.

„Du sitzt schon zu lange im Bundeskanzleramt. Da gehörst du einmal weg“, hatte Spindelegger SP-Chef Werner Faymann bei einer TV-Konfrontation an den Kopf geworfen. Seine Botschaft, vor allem die Wirtschaft zu entlasten, um Jobs zu schaffen, wurde von vielen Österreichern aber nicht goutiert.

Schwierige Situation

Zudem hatte die ÖVP mit schwierigen Bedingungen zu kämpfen, versuchte Ex-Minister Werner Fasslabend eine Analyse: „Vom zweiten Platz aus ist es nicht leicht zu überzeugen.“ Erschwerend sei das Antreten von neuen Gruppierungen hinzugekommen. Mit Neos, BZÖ und Team Stronach knabberten gleich drei bürgerliche Parteien am VP-Wählerkuchen.

Von einer nun anstehenden Personaldebatte wollen die VP-Spitzen vorerst nichts wissen. Aber es wäre nicht die ÖVP, wenn auf herbe Verluste nicht eine heftige Obmanndebatte aufkeimen würde.

Schon einmal wackelte der Sessel von Michael Spindelegger nach einem Match mit Maria Fekter. Wer die ÖVP in die nächsten fünf Jahre Regierung führt, könnte schon am Montag entschieden werden. Dann tagt der Bundesparteivorstand.