Politik/Inland

Nächtliches Verhandeln führte zu ersten "Zwischeneinigungen"

Die Koalitionsverhandler von ÖVP und FPÖ haben in der Nacht auf Samstag die Zwischenberichte aus den Verhandler-Fachgruppen besprochen und dabei eine "Zwischeneinigung" erzielt. Dabei wurden einige Ziele - etwa das Erreichen eines strukturellen Defizits von 0,5 Prozent des BIP für 2018/2019 - außer Streit gestellt. Konkret ausgearbeitet werden sollen die Ziele nun von den zuständigen Fachgruppen.

In der Nacht auf Samstag fixierte die sogenannte "Steuerungsgruppe" einige grundsätzliche Ziele, wie aus einer am Samstag an die APA übermittelten gemeinsamen Stellungnahme von ÖVP und FPÖ hervorgeht. Neben der Einhaltung der EU- Defizitvorgaben (diese sehen ein - um Einmaleffekte und Konjunkturschwankungen bereinigtes - "strukturelles Defizit" von 0,5 Prozent vor) enthalten diese auch die Senkung der Staatsschuldenquote von derzeit 82 "in Richtung 70 Prozent".

Außerdem bestehe Konsens, zur Entlastung der Arbeitnehmer, Familien und der Wirtschaft, die Steuer- und Abgabenquote von 43,2 in Richtung 40 Prozent zu senken, hieß es. Einig sind sich die Verhandler laut Auskunft der Parteien auch darüber, die Anzahl der Sozialversicherungen zu reduzieren. Konkrete Vorschläge dazu gab es nach der Verhandlungsrunde noch nicht, derzeit würden dazu mehrere Modelle geprüft, hieß es.

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Die Umsetzung der Ziele soll nun von den zuständigen Untergruppen der Koalitionsverhandler (fünf Cluster- und mehrere Fachgruppen) ausgearbeitet werden. Bis zum 24. November werden demnach alle 25 Fachgruppen die Verhandlungen vertiefen und weitere Details für die Cluster ausarbeiten. Danach sollen die Zwischenberichte aus diesen Gruppen an die Steuerungsgruppe gemeldet werden. Freilich bedeutet das nicht, dass damit dann schon alles ausgehandelt sein wird, wie es auf Nachfrage seitens der ÖVP hieß.

Die leitende "Steuerungsgruppe" mit u.a. den Parteichefs Sebastian Kurz (ÖVP) und Heinz-Christian Strache (FPÖ) wird bereits davor - nämlich am kommenden Freitagvormittag (17. November) - erneut zusammenkommen. Nicht thematisiert wurde in den nächtlichen Verhandlungen laut Auskunft aus der ÖVP das von der FPÖ gewünschte Kippen des Rauchverbots. Die "Kronen Zeitung" hatte in ihrer Samstag-Ausgabe davon berichtet, dass Kurz auf dem Bestehen des vorgesehenen Verbots beharren würde.

Ebenfalls nicht besprochen habe man nach wie vor Personelles, betonte man seitens der ÖVP. Unseren KURIER-Bericht, wonach ein Verbleib von Finanzminister Hans Jörg Schelling in seinem Amt wahrscheinlich sei, wollte man seitens der Volkspartei daher auch nicht kommentieren.

Strolz plant Gespräche mit SPÖ und Liste Pilz

NEOS-Chef Matthias Strolz will mit den beiden anderen Oppositionsparteien Gemeinsamkeiten ausloten, etwa im Bereich Bildung. Es seien bereits Gespräche mit SP-Chef Christian Kern und dem Klubobmann der Liste Pilz, Peter Kolba, vereinbart worden, sagte Strolz im Ö1-"Mittagsjournal" am Samstag. Aber auch ÖVP-Chef Sebastian Kurz und FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache habe er angeboten, zu reden.

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Er glaube, dass im Bildungsbereich Veränderungen notwendig sein werden, und NEOS wolle dafür sorgen, dass der Druck dahingehend weiter wächst. "Wir sollten das Bildungsthema in das Parlament ziehen", sagte Strolz. Das werde auch einer seiner Vorschläge an Kurz und Strache sein. Vorstellbar sei etwa, dass man die Frequenz des Unterrichtsausschusses von derzeit vier Sitzungen pro Jahr "hochschaltet" auf jede sechste Woche. Darüber hinaus könnte es permanent eingerichtete Arbeitsgruppen geben. Locken will Strolz eine künftige Regierung damit, dass ein derartiges Vorhaben auch eine "Bühne" für den nächsten Bildungsminister sein könnte.

Bildung ist Thema

Insbesondere beim Bildungsthema will Strolz auch mit den beiden anderen Oppositionsparteien den Schulterschluss suchen. "Wir werden jetzt schon in Gespräche mit der SPÖ und der Liste Pilz gehen. Ich habe mit Christian Kern als auch Herrn Kolba schon Termine vereinbart, wo wir ausloten - in 'Chancengesprächen' -, wo haben wir Gemeinsamkeiten", so Strolz. Vor allem die Frage der "sozialen Durchmischung" in den Schulen sei eine "Schicksalsfrage für unsere Gesellschaft". "Entweder wir schaffen eine bessere soziale Durchmischung, oder wir werden in Bezirken wie Hietzing oder in anderen Nobelbezirken, in anderen Städten Österreichs in 20 Jahren halt Gartenzäume bauen, die sechs Meter hoch sind, mit Stacheldraht und Videokamera, weil wir eine Spaltung der österreichischen Gesellschaft zugelassen haben", so seine Warnung.

Ehe für alle?

Aber auch bei anderen - vor allem gesellschaftspolitischen - Fragen ist sich Strolz sicher, dass man im Parlament Mehrheiten finden könnte, etwa in der Frage der Ehe für alle. Hier will er bei Kurz darum werben, die Abstimmung bei solchen Fragen klubintern freizugeben. Das Gesprächsangebot an Kurz und Strache - nach allfällig erfolgreichen Koalitionsverhandlungen von ÖVP und FPÖ - wurde laut Strolz von diesen bisher allerdings eher skeptisch aufgenommen. Grund sei die Sorge, die NEOS wollten nur mediale Aufmerksamkeit. Dabei gebe es durchaus Themen, bei denen es auch mit der FPÖ Berührungspunkte gebe, etwa bei der Direkten Demokratie als auch bei der Frage der Kammern, so Strolz.

Gespräch suchen müssen

FPÖ und ÖVP werden jedenfalls "immer wieder das Gespräch mit uns suchen müssen, weil sie bei ihren Reformvorhaben an jeder Ecke und an jedem Ende auf die Notwendigkeit von Zwei-Drittel-Materien stoßen werden." Und die Gelegenheit dieser Gespräche werde man nutzen, um eigene Vorschläge auf den Tisch zu legen. Gleichzeitig betonte Strolz einmal mehr, seine Fraktion werde auch eine "Stopptafel" aufstellen bei sensiblen Zwei-Drittel-Materien, etwa wenn es um die Unterminierung von Freiheits- oder Bürgerrechten geht oder wenn immer die künftige Regierung "einen Anflug von Orbanisierung veranstaltet".