Politik/Inland

Nach dem Scheitern: Warum Frauen Männern in Führungsjobs folgen

Sie ist hart. Sie ist smart. Sie ist am Start. „Jetzt bin ich dran“, sagt Claire Underwood (Robin Wright) am Schluss der 5. Staffel der Polit-Serie „House of Cards“. Sein Ende ist ihr Anfang.

„Die Herrschaft des weißen Mannes mittleren Alters ist vorüber.“ Ein Zitat wie ein Omen. Für US-Präsident Frank Underwood in der Netflix-Serie. Für Kevin Spacey in Hollywood. Es ist Spaceys Leben, das Regie führt. In der Realität wie im Fernsehen. Das vor Augen führt, wie Männer entthront, entzaubert, entmachtet und Frauen erst daraufhin engagiert werden. Frauen, die zuvor für die Neben-, nicht für die Hauptrollen vorgesehen waren. Bis zu diesem einen, alles entscheidenden Wendepunkt.

Der TV-Part des US-Präsidenten, der Vorsitz der Jetzt-Partei und der Chef-Posten des Internationalen Währungsfonds (IWF) werden erst vakant und mit Frauen nachbesetzt, nachdem die Vorwürfe des sexuellen Missbrauchs (Kevin Spacey/2017), der sexuellen Belästigung (Peter Pilz/2017 – Ermittlungen wurden später eingestellt) und der Vergewaltigung (Dominque Strauss-Kahn/2011– später außergerichtliche Einigung) laut werden. Erst in der Stunde der bisweilen größten Niederlage der Sozialdemokraten ist es Zeit für Frauen an deren Spitze – wie ein Blick nach Deutschland 2017 und Österreich 2018 zeigt.

„Gläserne Klippe“ (Glass Cliff) nennen Alexander Haslam und Michelle K. Ryan von der Universität Exeter das Phänomen, dass Frauen überproportional oft in Führungspositionen gelangen, wenn die Chance des Scheiterns am Höchsten ist. „Der Eindruck kann durch prominenten Beispiele durchaus entstehen“, sagt Wirtschaftscoach Christine Bauer-Jelinek. Erst seit wenigen Jahren bestehe jedenfalls in allen Bereichen der Anspruch, Positionen mit Frauen nachzubesetzen.

Schleudersitz & Sandkiste

Warum tun sich Andrea Nahles, Pamela Rendi-Wagner und nicht zuletzt Theresa May, die die Brexit-Bürde von Cameron 2016 übernommen hat, die vermeintlichen Schleudersitz-Chefposten an? „Frauen sind heute mutiger, wenn es um Troubleshooting geht. Sie sind uneitler, deswegen übernehmen sie auch schwierige Aufgaben ohne Erfolgsgarantie und haben weniger Versagensängste als Männer,“ sagt Politik-Beraterin Heidi Glück zum KURIER. Für Glück, die jahrelang an der Seite von ÖVP-Kanzler Wolfgang Schüssel arbeitete, stellen „Frauen oftmals den wirtschaftlichen wie fachlichen Erfolg vor den persönlichen. Bei Männern ist es oft umgekehrt.“

Bauer-Jelinek beobachtet, dass Frauen „meist mehr an der inhaltlichen Herausforderung interessiert sind als an den Folgen für ihre weitere Karriere. Ich empfehle Frauen auf sich selbst zu achten.“ Worauf noch? „Dass in Top-Positionen ganz andere Spielregeln gelten. Regeln, die Buben immer noch in der Sandkiste lernen. Es geht für Frauen aber nicht darum, die Karte nicht anzunehmen, sondern sie richtig zu spielen.“