Politik/Inland

Meinungsforscher zu Anti-Raucher-Votum: "Politik kann die Masse nicht ignorieren"

Der erste Tag des Volksvotums zum Nichtraucherschutz begann mit einer Panne: Die Server waren auf einen derart großen Ansturm jener, die online ihre Unterstützung erklären wollten, nicht gefasst, heißt es aus dem Innenministerium; parallel läuft ja noch das Frauenvolksbegehren.

Für die Initiatoren ist die kurzfristige Panne also durchaus ein erfreuliches Zeichen – geht es in diesem Tempo weiter, dürfte die erste Hürde, 8401 Unterschriften binnen kürzester Zeit geknackt sein. So viele sind nötig, damit die eigentliche Eintragungsphase für das Volksbegehren beantragt werden kann. Die bis dahin gesammelten Stimmen zählen dazu, sagt Ärztekammer-Präsident Thomas Szekeres – "und wir haben schon viele".

Druck auf Regierung

Die Wiener Ärztekammer und die Krebshilfe – in Person die Präsidenten Szekeres und Paul Sevelda – wollen mit ihrem Volksvotum Druck auf die türkis-blaue Regierung machen. Deren Plan ist es ja, das Rauchverbot, das ab 1. Mai kommen sollte, vorher zu kippen. Das war eine Koalitionsbedingung der FPÖ an die ÖVP – und die Türkisen in der Regierung und im Nationalrat halten brav am Pakt fest. In der ÖVP steigt der Unmut über dieses Zugeständnis. Das zeigten zuletzt die kritischen Wortmeldungen der ÖVP-Landeshauptleute und jener, die an der türkis/schwarzen Basis arbeiten.

Einer davon ist Alfred Riedl, Präsident des Gemeindebunds. Er wird das Volksbegehren nicht nur unterzeichnen (siehe unten). Er wird auch in den 2100 Gemeinden, deren Chef er ist, aktiv darauf hinweisen, sagt er im KURIER-Gespräch. "Gerade dieses kontroverse Thema eignet sich bestens für einen Volksentscheid", sagt der Sprecher aller Bürgermeister. Auf die Frage, welchen Einfluss das Plebiszit dann auf die Regierung haben sollte, meint Riedl vorsichtig: "Wenn ich die Bürgerbeteiligung so ernst nehme, wie es im Regierungsprogramm steht, dann schlägt das die Vereinbarung, das Rauchverbot abzuschaffen."

"Anpassen an den Willen des Volkes" statt Rückzieher

Formal braucht das Volksbegehren 100.000 Unterschriften, um im Parlament behandelt zu werden. Die Politik ist an das Ergebnis aber nicht gebunden. Die Zahl dürfte laut Einschätzung von OGM-Chef Wolfgang Bachmayer weit übertroffen werden – und das hätte eine enorme Symbolkraft. Der Meinungsforscher rechnet vor: Rund ein Viertel der Österreicher raucht; etwa die Hälfte raucht zwar nicht, ist aber tolerant. Bleibt etwa ein Viertel an ausdrücklichen Rauchgegnern, oder "passionierten Nichtrauchern", wie Bachmayer sie nennt. "Wenn nur die Hälfte davon am Volksbegehren teilnimmt, haben wir bei sechs Millionen Wahlberechtigten eine Masse, die von Parlament und Regierung nicht ignoriert werden kann", meint der OGM-Chef.

Mehr noch: "Die Regierung wird nicht so dumm sein, dass sie den starken Zulauf zur Kenntnis nimmt, aber ihr Vorhaben trotzdem durchzieht." Es sei also durchaus denkbar, dass noch vor Mai eingelenkt werde. "Etwa im Sinne einer 'österreichischen Lösung': Wir machen eine Zwischenlösung, verschieben und gründen eine Arbeitsgruppe", skizziert Bachmayer. Fest steht für den Meinungsforscher aber: Die Koalition werde nicht der Opposition den Gefallen tun, deswegen einen offenen Streit anzufangen. "Wenn, dann gibt es eine gemeinschaftliche Lösung. Das wäre dann kein Rückzieher, sondern ein Anpassen an den Willen des Volkes."

FPÖ: "Beugen uns nicht"

Ein Einlenken ist bei der FPÖ derzeit aber nicht in Sicht. Die blaue Gesundheitssprecherin Dagmar Belakowitsch führt den regen Zustrom beim Volksbegehren auf "politische Agitation von SPÖ und Ärztekammer" zurück und meint gelassen: "Warum sollte man sich dem beugen?"

Auch ihr Chef, Vizekanzler Heinz-Christian Strache, bleibt entspannt: Der Gesetzesentwurf werde "zeitgerecht" vorliegen. Er glaubt nicht, dass der Koalitionspartner ÖVP doch noch abspringt, das wäre ein "Bruch der Vereinbarung und würde jede Zusammenarbeit gefährden" – was ein wenig wie eine Warnung klingt. Dass das Volksbegehren ein Erfolg werden und zur verbindlichen Volksbefragung werden könnte – davor habe er "keine Angst".

Raffaela Lindorfer und Bernardo Vortisch

Der KURIER hat sich bei aktiven und ehemaligen ÖVP-Spitzenpolitikern umgehört, die folgenden haben erklärt, das Volksbegehren zum Nichtraucherschutz unterzeichnen zu wollen:

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Alfred Riedl,
VP-Bürgermeister und Gemeindebund-Präsident:

„Ich werde das Volksbegehren aus persönlicher Betroffenheit unterschreiben. Zwar bin ich für mehr Eigenverantwortung, aber das ist eine Frage, in der ich mit einem Verbot gut leben könnte.“

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Erwin Rasinger,
Ex-ÖVP-Gesundheitssprecher und Arzt:

„Natürlich werde ich unterschreiben, ich habe das Rauchverbot in meiner Zeit als Gesundheitssprecher ja auch forciert. Die österreichische Politik zieht sich bei dem Thema wie ein Strudelteig, und wir werden diese peinliche Diskussion immer wieder führen, wenn wir nicht endlich der Tatsache ins Auge sehen, dass ein Rauchverbot auf lange Sicht das einzig Richtige ist.“

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Andrea Kdolsky,
Ex-ÖVP-Gesundheitsministerin:

„Ich habe als Ärztin immer gesagt, dass Rauchen schädlich ist und sehe eine zunehmende Bereitschaft in der Bevölkerung, in der Gastronomie darauf zu verzichten. Als Gesundheitsministerin hatte ich die räumliche Trennung umzusetzen, das totale Rauchverbot ist jetzt der nächste wichtige Schritt. Deshalb werde ich das Volksbegehren unterschreiben.“