Politik/Inland

Mehr als 80 Beschlüsse: Corona-Hochsaison im Parlament mit "Sonnenuntergang"

"Wir werden erstmals Gesetze mit einer flächendeckenden Sunset-Klausel beschließen!" Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka wirkt im Gespräch mit dem KURIER zum heutigen Parlamentstag fast ein wenig euphorisch, auch wenn man auf jeden der mehr als 80 Beschlüsse lieber verzichtet hätte.

Die sogenannte Sunset-Klausel sagt, dass Gesetze per Zeitablauf automatisch wieder außer Kraft treten. Ein Wunsch, den die ÖVP schon lange vor Corona immer wieder formuliert hatte. "Damit sei auch sichergestellt, dass die Sorgen vieler, es könnte jetzt zu einer dauerhaften Beschränkung der Bürgerrechte kommen, nicht stimmen", so Sobotka, der betont, dass die Rechtsstaatlichkeit für die Bürger gewahrt bleiben müsse. "Die Staatsorgane müssen funktionieren - das Parlament, die Regierung, die Justiz. Sie bekommen in einer derart schwierigen Phase besondere Bedeutung. Das Vertrauen der Bürger in den Staat ist jetzt besonders wichtig", sagt Sobotka.

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Ob damit auch der Wunsch verbunden sei, die Opposition möge im Schulterschluss auf Regierungskritik generell verzichten, ist wohl auch ein Kalkül dahinter. Doch danach sah es im Vorfeld der Sitzung nicht aus. Die FPÖ legte sich darauf fest, dass die Geschäfte sofort wieder geöffnet werden müsste. Niemand Geringerer als Parteichef Norbert Hofer forderte das im Interview mit dem TV-Sender oe24.tv.

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Kritik der Opposition am Vorgehen der Regierung

Alle drei Oppositionsparteien kritisieren am Donnerstag das ihrer Meinung nach intransparente Vorgehen der Bundesregierung vor den neuen Beschlüssen als weiteres Sammelgesetz. Etwa den Plan, Informationen über Covid-19-Erkrankte an die Bürgermeister weiterzuleiten. "Dazu ist zu sagen, dass das absolut inakzeptabel ist, dass so eine sensible Materie um 11:23 Uhr daherkommt, wenn um 12:00 Uhr die Aussprache angesetzt ist. Noch dazu bei einem Vorhaben, das gegen die Datenschutzgrundverordnung verstößt", kritisiert der stellvertretende SPÖ-Klubchef Jörg Leichtfried. Außerdem fordert die SPÖ einen Überbrückungsfonds für ArbeitnehmerInnen, höheres Arbeitslosengeld und ein Gesetz gegen Krisenwucher.

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"Der nationale Schulterschluss, den die Regierung von uns erwartet, darf keine Einbahnstraße sein. Sonst landen wir am Ende in einer Sackgasse. Wir sollen morgen über einen Notfallsfonds abstimmen, über den wir keine Details kennen", so NEOS-Wirtschaftssprecher Sepp Schellhorn. Die NEOS fordern eine Aufstockung der Hilfsmittel für die Wirtschaft und eine weniger bürokratische Abwicklung.

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Die Regierungsparteien hileten sich im Vorfeld der Sitzung mit Aussagen zurück. Sie haben ja ohnehin ihr Corona-Paket vorgelegt. Darin werden viele Einzelfragen geregelt, die nun während der Krise anders zu sehen sind als in normalen Zeiten:

  • die Möglichkeit für Gemeinderäte und das Bundesverwaltungsgericht per Umlaufbeschluss Entscheidungen zu treffen
  • die Möglichkeit für Lehrer, der Schulstoff auch zwischen Schulstufen selbst einzuteilen
  • Änderung von Fristenläufen für Aufahmsprüfungen an den Unis
  • eine Verordnungsermächtigung für den Bildungsminister
  • die Ermächtigung der Agrarmarkt Austria die Hilfe für die Landwirte abzuwicklen
  • das Gesetz zur Neuregelung des Zivildiensts
  • das gesamte Thema Mietzins-Rückstände und Kredit-Rückzahlungen
  • die Suspendierung des Wochenendfahrverbots für LKW
  • die Frist-Verlängerung für das PKW-Pickerl
  • die Möglichkeit, den Eid bei der Staatsbürgerschaftsverleihung auch schriftlich abzulegen

"Insgesamt gibt es viele Vorschläge, wie das Leben auch ohne körperliche Begegnungen besser funktionieren kann", so Sobotka.

Hilfspakete werden aufgestockt

Finanziell größte Punkte sind die Dotierung des Covid-19-Krisenbewältigungsfonds von vier auf 28 Milliarden Euro. Der Härtefallfonds für die Wirtschaft wird auf zwei Milliarden Euro verdoppelt. Auch einige Zweidrittel-Materien werden dabei sein, wo die Regierung auf Unterstützung der Opposition angewiesen ist.

Politisch brisant ist die Ermächtigung, dass Straßen künftig für Fußgänger gesperrt werden können. Damit schlägt sich die türkis-grüne Bundesregierung im rot-grünen Streit in Wien auf die Seite der Wiener Grünen. Diese hatten ja die Idee lanciert, was von der SPÖ abgelehnt worden war. Wiens Bürgermeister Michael Ludwig spielte den Konflikt hingegen herunter. Er sei ja prinzipiell gar nicht dagegen, im Augenblick hätten aber andere Themen Priorität.

Daten nur zum Schutz der Bürger

Zum heiklen Thema "Big Data" meint Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka zum KURIER: "Es kann nur Maßnahmen auf Basis des europäischen Datenschutzgesetzes geben - und nur solche, die zum Schutz des Bürgers dienen." Der Staat habe kein grundsätzliches Interesse an Daten der Bürger.

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