Politik/Inland

Duzfreunde mit harten Bandagen

Der eine ist Kanzler und will es auch bleiben - der andere will es unbedingt werden: Werner Faymann hat sich heute seinem Herausforderer Michael Spindelegger gestellt. Zum dritten Mal sind die Spitzen der beiden Großparteien vor Fernsehpublikum aufeinander getroffen - das erste Duell auf Puls4 war noch recht amikal, das zweite - vergangenen Sonntag auf ATV - fiel auch nicht sonderlich angriffig aus.

Der KURIER hat Sie auch heute wieder durch den von Ingrid Thurnher moderierten Abend begleitet - diesmal fiel das Duell der beiden Duzfreunde deutlich emotionaler aus als die Debatten zuvor.

Alle Inhalte anzeigen

Koalitionsfrage:

Große Koalition oder nicht - und mit oder ohne Vermögenssteuern? "Das wird der Wähler am Sonntag entscheiden", sagt Spindelegger. Faymann spricht sich auch dafür aus, das "nach dem Sonntag zu verhandeln." Auf die Antwort des Wählers wartet auch Ingrid Thurnher, die mit diesen Worten die Diskussion beschließt.

Europa:

Thurnher polemisch: "Was macht Angela Merkel so viel besser als Sie?" In Deutschland hätten die Europakritiker kaum Zuspruch, in Österreich durchaus. Spindeleggers Rezept: "es genauso machen wie Merkel" - stabile Verhältnisse, keine neuen Steuern seien ihre Devise gewesen - und so auch seine. In Puncto Europa verweist er darauf, dass es darum gehe, wettbewerbsfähig zu bleiben. Auch Faymann weist auf die hohe Exportrate Österreichs hin.

Zum Thema möglicher neuer Schuldenschnitte weicht Faymann aus - und stellt die Kanzler-Frage: "Wer soll Österreich künftig vertreten?" Jemand, der für Konjunkturmaßnahmen und Beschäftigung stehe - also er. Spindelegger setzt ebenso zur Wahlwerbe-Rede an: Er sei jemand, der "an einem neuen, zukünftigen Östereich bauen" wolle.

Pensionen II:

Spindeleggers Forderung, das faktische Pensionsalter auf 62,5 Jahre anzuheben - und das in der kommenden Legislaturperiode - wird von Thurnher hinterfragt. Der VP-Chef argumentiert dies mit Reformen, die bereits beschlossen worden sind. Faymann plädiert dafür, dass sich die Menschen doch auf etwas verlassen müssen" - ein Vorziehen von Reformen komme nicht infrage.

Pensionen:

Faymann schwenkt um zum Thema Frauenpensionen - ein Vorziehen der Senkung sei indiskutabel, meint der Kanzler. Spindelegger glaubt seinem Koalitionspartner nicht so recht: "Wenn's keine Einzahlungen gibt, sondern nur Auszahlungen, wird das zum Problem." Nur mit einem "Bundeskanzler Spindelegger" sei eine Pension für die heute Jungen gewährleistet.

Thurnher unterbricht - und spricht die Frage nach der privaten Vorsorge an. Ob eine private Pensionsvorsorge sinnvoll sei, will sie vom Kanzler wissen. Der antwortet ausweichend: Sinnvoll ja, aber nicht nötig, so Faymanns Tenor; die staatliche Vorsorge sei garantiert. Spinelegger attackiert Faymann wieder: Unter einem Kanzler Faymann sei dies nicht garantiert.

Mindestlohn:

Wer wie viel verdienen soll, ist die nächste Frage - für Spindelegger ist die Antwort klar: Dies stehe in den Kollektivverträgen festgeschrieben. Faymann hingegen plädiert für eine Mindestgrenzen von 1500 Euro: "Es ist doch unfair, wenn Menschen den ganze Tag arbeiten und nicht einmal 1500 Euro bekommen."

Spindelegger verweist auf die zu hohen Lohnnebenkosten: "Du musst einmal rausgehen zu den Betrieben, du sitzt schon zu lange im Bundeskanzleramt." Faymann pariert: "Man wird in dem Land nicht Kanzler, wenn man will, das die Arbeiter wenig verdienen" - die Zuseher klatschen lautstark.

Das Publikum ist übrigens beiderseits stark vertreten - die Faymann- und Spindelegger-Fans sind beinahe gleich lautstark.

Bildung:

Das Schulsystem 2018? Für Michael Spindelegger ein ganz anderes als heute: Jene 25 Prozent mit Lernschwäche, wie es sie jetzt gibt, soll es dann nicht mehr geben. Für eine Systemänderung ist er nicht zu haben: "Die Türschilddebatte führe ich nicht."

Faymann, gefragt nach der Realisierung der Gesamtschule 2018, schwenkt um auf die Kinderbetreuung: "Hier ist viel auszubauen und zu verbessern" - und verweist wiederum darauf, wie viel bereits gemeinsam beschlossen worden sei. In weiterer Folge brauche es ein neues Lehrerdienstrecht und Ausbaupläne für die Schulen selbst, um den Anforderungen gerecht zu werden.

Zum Thema Ganztagsschule sagt Spindelegger Altbekanntes: Es laufe eine Erhebung, ob und wie viele der Eltern für ein solches Modell plädieren würden. Aber auch Neues präsentiert er: Der VP-Chef wirft seinem Noch-Koalitionspartner vor, bereits jetzt vorschreiben zu wollen, dass 50 Prozent der Schüler eine Ganztagesbetreuung verordnen zu wollen. "Lass doch die Eltern entscheiden", meint er - für Faymann indiskutabel.

Steuern II:

Thurnher macht ein Unterkapitel auf - sie spricht Spindelegger auf eine mögliche Erhöhung der Grundsteuer an. Der VP-Chef lehnt dies rundweg ab. In puncto Lohnsteuer sieht er dies nicht so: Künftig soll jedem - egal, wie viel er verdient - mehr im Börsel bleiben.

Faymann nickt zustimmend: Für "vier Millionen Österreicherinnen und Österreicher" solle es Steuererleichterungen beim Einkommen geben - und vergisst nicht, darauf hinzuweisen, dass Vermögenssteuern der richtige Weg dazu wären.

Für Spindelegger ein "Griff in die Mottenkiste des Klassenkampfes": So wie auch Francois Hollande eine Millionärssteuer versprochen habe und dies nicht einhalten konnte, drohe Österreich auch eine Abwanderung der Reichen.

Steuern:

Ingrid Thurnher will den Abend unter das Thema "Österreich 2018" stellen und eröffnet mit dem Thema Steuern. Ob Herr und Frau Österreicher dann weniger an den Staat abliefern müssen, will sie von Michael Spindelegger wissen - "ja, natürlich", sagt er dezidiert. Faymanns Steuerpläne - Stichwort Reichensteuer - trage er deshalb in keinem Fall mit.

Faymann selbst verweist darauf, dass Einsparungen nötig wären - er stehe für drei Milliarden Euro schwere Steuerreform im Jahr 2015, 2016 folge dann das ausgeglichene Budget.

Spindelegger kann damit - wenig Wunder - nichts anfangen: Man habe schließlich gemeinsam einen Weg eingeschlagen, der keine Steuerreform im Faymann-Stil beinhalte. Der Konter des Kanzlers: "Wenn's den Leuten gut geht, geht's der Wirtschaft gut" - der Faktor Arbeit sei einfach zu hoch belastet. Eine unmoderierte Diskussion ist im Gange; ein Novum bei den TV-Duellen. Zeitlich gesehen sind die beiden Kontrahenten fast gleichauf; Faymann liegt knapp vorne.

Startschuss:

Zu Beginn steht die Frage nach dem "Du" - die beide bejahen: Wie in den Duellen zuvor werden sich die beiden Kontrahenten nicht siezen. Die erste Frage geht an Michael Spindelegger und dessen Erwartungshaltung - scharf angehen werde man sich ja nicht, legt ihm Moderatorin Thurnher in den Mund. Der VP-Chef verneint nicht - und auch Kanzler Faymann meint, man habe "gemeinsam viel geschafft".

Experten:

OBM-Chef Wolfgang Bachmayer und Medienprofi Gerald Groß werden auch heute ihr Urteil über die beiden Duellanten abgeben - ihre Meinung zu den bisherigen Auftitten der beiden Spitzenkandidaten? "Sie haben sich ganz wacker geschlagen“, befindet der einstige ORF-Moderator Groß. Faymann habe sich im Prinzip gut und sehr routiniert präsentiert, urteilt Bachmayer - allein beim Duell mit HC Strache habe er ein wenig überreagiert und nicht besonders staatsmännisch agiert.

Spindeleggers anfänglicher Stil hat Bachmayer weniger behagt: „Er war wie aufgezogen und hat nicht authentisch gewirkt.“ Groß sieht das ebenfalls so: „Er vermittelte den Eindruck eines Duracell-Hasen, der nicht zu bremsen ist. Er schien overcoached.“