"Liefern Sie mir den Herrn Grasser, Sie sind mir wurscht"
Von Ida Metzger
Der 158. Tag im Korruptionsprozess gegen Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser bestärkte dessen Anwälte in ihrer Argumentation, dass die Staatsanwaltschaft mehrfach versuchte, Mitangeklagten eine Strafmilderung anzubieten, wenn sie gegen Grasser, Walter Meischberger oder Ernst Karl Plech aussagen.
So schilderte es gestern auch der Mitangeklagte Gerald Toifl (er war 2009 Walter Meischbergers Steuerberater) vor Gericht. Mehrfach sei Toifl zwischen 2010 und 2013 von den Ermittlern des Bundeskriminalamtes vernommen worden, auch eine Hausdurchsuchung gab es im Juni 2010.
Schon bei den Einvernahmen durch die Ermittler habe man ihm ein „Angebot von Staatsanwalt Gerald Denk“ unterbreitet. „Sie haben mir angeboten, dass das Verfahren gegen mich eingestellt wird, wenn ich mehr aussage zu den Konten Walter, Karin und Natalie, als ich bis dahin gesagt habe“, führte Toifl aus.
"Denken Sie dann das Angebot vom Staatsanwalt"
Doch Toifl blieb bei seiner Aussage, weil er den Ermittlern nicht mehr Details gegen Grasser & Co. liefern konnte. „Aber ich habe immer wieder gehört: Denken Sie an das Angebot vom Staatsanwalt Denk.“
Doch dann, im Sommer 2012, erhielt der Ex-Steuerberater von Meischberger einen überraschenden Anruf von der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA). „Sie haben mich direkt angerufen und um einen Termin gebeten“, schilderte Toifl. „Ich dachte mir nur, jetzt geht es eine Stufe höher.“
Zu diesem Treffen gibt es interessanterweise kein Protokoll im Akt. Staatsanwalt Gerald Denk und Beatrix Winkler – sie ist die stellvertretende Leiterin der WKStA – waren bei dem Termin mit Toifl dabei. Dort erneuerte man das Angebot. Am Ende der WKStA-Einvernahme habe man Toifl gesagt: "Wir werden uns das noch anschauen und kommen dann allenfalls mit einer Diversion auf Sie zu", das sei dann aber nie geschehen. Er habe bei Staatsanwalt Denk einmal nachgefragt, habe aber keine Antwort bekommen. Allerdings sei dann später auch zu Geldwäscherei gegen ihn ermittelt. Diese Entwicklung habe den Angeklagten Toifl "fuchsteufelswild" gemacht. Ob das von den objektiven Voraussetzungen überhaupt passt, solle dass Gericht entscheiden, habe ihm die Staatsanwaltschaft vermittelt.
Von einem ähnlichen Angebot erzählte auch der Ex-Banker W. im Prozess. In einer Vernehmungspause kam der Oberstaatsanwalt Denk auf ihm zu und meinte: "Liefern Sie mir den Herrn Grasser, Sie sind mir wurscht".
Grasser: "Diese Geschichte ist schlecht erfunden"
Nach den Aussagen einiger Angeklagter, nützte Grasser die Zeit, um eine zusammenfassende Stellungnahme abzugeben. In der zweieinhalbstündigen Erklärung attackierte er den mitangeklagten, teilgeständigen Ex-Lobbyisten Peter Hochegger und die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft. Hochegger habe mit seinem Teilgeständnis das Schöffengericht "mehrfach belogen", weil er nicht mehr ins Gefängnis wolle, sagte Grasser am Dienstagnachmittag.
Grasser verwies darauf, dass Hochegger 19-mal einvernommen wurde und ihn unter Wahrheitspflicht "nie belastet" habe. Erst nach einem "Geheimgespräch" zwischen dem damaligen Hochegger-Anwalt und der WKStA-Chefin Ilse-Maria Vrabl-Sanda, habe Hochegger ihn beim Prozessauftakt im Dezember 2017 belastet. Das Gespräch zwischen dem Anwalt und Vrabl-Sanda sei nicht dokumentiert worden, kritisierte Grasser. "Peter Hochegger ist ein Lügner, für mich ist das völlig klar", sagte der Ex-Finanzminister im Großen Schwurgerichtssaal des Wiener Landesgerichts. Es wurde "ein Deal zu meinem Lasten mit der WKStA vereinbart". Die WKStA habe "einseitig und voreingenommen ermittelt" und entlastende Beweise nicht berücksichtigt.
Grasser sieht große Widersprüche in den Aussagen von Hochegger vom Dezember 2017 und 2019 im Zusammenhang mit einem Treffen mit dem liechtensteinischen Bankmitarbeiter W. im September 2005. Hochegger sei der "Unwahrheit überführt" worden und habe dann einfach seine Aussage geändert. Im September 2005 hätten die Konten "Karin" und "Natalie" noch gar nicht existiert, so Grasser. Deswegen habe der Bankmitarbeiter gar keinen Zettel mit den Konten zeigen können. Ex-Lobbyist Walter Meischberger pocht darauf, dass alle drei Konten in Liechtenstein, auf die die Buwog-Provision aufgeteilt wurde, ihm gehören. Laut Anklage gehörten die drei Konten aber Grasser, Ernst Plech und Meischberger - was alle drei dementieren. "Diese Geschichte ist schlecht erfunden", sagte Grasser.