Lehrermangel: Loch soll mit Überstunden und Studenten gestopft werden
Schon seit einigen Jahren gibt es in bestimmten Fächern und Regionen zu wenige ausgebildete Lehrer. Zuletzt hat sich der Mangel in einigen Bundesländern durch Faktoren wie die Pensionierungswelle und den Trend zu Teilzeitbeschäftigung verschärft - eine Entwicklung, die laut Bildungsminister Martin Polaschek (ÖVP) so "nicht vorhersehbar" war. Trotzdem soll laut APA-Rundruf auch heuer wieder in allen Klassen der Unterricht gewährleistet sein - dank Überstunden und Studenten.
Die Hälfte der Lehrer sind Studenten
In Niederösterreich etwa, wo Bildungsdirektor Johann Heuras im Frühjahr noch vor einem dramatischen Lehrermangel gewarnt hatte, können nunmehr laut Bildungsdirektion alle offenen Stellen besetzt werden. Personalreserve gibt es allerdings keine. Das liege auch daran, dass fast 50 Prozent aller Lehrkräfte Teilzeit arbeiten, weil sie berufsbegleitend noch ihr Masterstudium machen müssen. Engpässe bei fertig ausgebildeten Lehrern gibt es in Fächern wie Physik, Chemie, Biologie, Bewegung und Sport, Musik oder Bildnerische Erziehung. Damit alle Stunden gehalten werden können, würden auch Lehramtsstudierende eingesetzt und zudem Mehrdienstleistungen erbracht.
Auch aus dem Burgenland heißt es gegenüber der APA, dass für das kommende Schuljahr alle 290 offenen Stellen besetzt werden können. Dennoch würde man sich in den Volks- und Mittelschulen mehr Bewerber für Kroatisch, Mathematik, Englisch, Physik und Chemie sowie Musik und Zeichnen wünschen. Derzeit bekomme etwa jeder Bewerber für Kroatisch eine Anstellung, so die Bildungsdirektion.
In der Steiermark wird betont, dass abgesehen von kurzfristigen Ausfällen durch Krankenstände oder allgemeine Personalfluktuation die Unterrichtsstunden wie vorgesehen gehalten werden und genug Lehrerinnen und Lehrer in den Klassen stehen sollten. Erfahrungsgemäß werde an einzelnen Standorten aufgrund kurzfristiger Personalentscheidungen noch Personalbedarf festgestellt und Stellen in der kommenden Woche ausgeschrieben.
Das sei aber ein "vollkommen üblicher Vorgang" und finde jedes Jahr statt, hieß es aus der Bildungsdirektion. Sollte es trotzdem Probleme geben, alle Stunden abzuhalten, werde man versuchen das Beschäftigungsausmaß von bereits im Dienst stehenden Pädagogen mit deren Einverständnis zu erhöhen oder Personal anderer Standorte hinzuziehen. Stellen können auch ausgeschrieben werden, zudem gebe es einen Pool von über 300 höhersemestrigen Studierenden, auf den man in der Steiermark zurückgreifen könne. In Ballungszentren sei - wie schon in den vergangenen Jahren - ein "merklicher Überhang von Bewerbungen" zu beobachten. Umgekehrt würden in peripheren Regionen und gewissen Fächern wie Mathematik und Physik für die oftmals weniger Bewerbungen eingehen.
OÖ: 250 Stellen unbesetzt
In Oberösterreich geht man insgesamt ebenfalls davon aus, das erforderliche Personal für den Schulstart zu haben. Bei rund 11.800 Planstellen an den Pflichtschulen sind laut Bildungsdirektion derzeit noch rund 250 Stellen unbesetzt, dabei handle es sich meist um Teilzeitbeschäftigungen. Den größten Bedarf gebe es bei den Volks- und Mittelschulen, betroffen sind alle sechs Bildungsregionen. Gesucht werden vor allem Lehrer für die Fächer Deutsch, Englisch, Mathematik, Physik, Chemie, Informatik sowie Bewegung und Sport. Teils fehlen in Volksschulen auch noch Klassenlehrerinnen und -lehrer. Wo zu wenig Personal vorhanden ist, wird versucht, das durch Mehrdienstleistungen anderer Lehrkräfte abzufangen.
"Wir gehen davon aus, dass an allen Schulstandorten der Unterricht gewährleistet werden kann", wird auch in der Tiroler Bildungsdirektion versichert. Mit Ende August waren hier 142 Stellen noch nicht besetzt, wobei es sich zum Teil auch um Teilzeitstellen handelt und das Stellenbesetzungsverfahren auch noch läuft. Im Vorjahr gab es in Tirol insgesamt rund 11.300 Lehrpersonen.
Volksschule- und Mittelschulen am härtesten getroffen
Engpässe gibt es am ehesten in Volks- und Mittelschulen, regional betrachtet in den Bezirken Innsbruck-Stadt, Innsbruck-Land und Kufstein. Betroffene Fächer sind laut Bildungsdirektion in erster Linie im Mathematik, Englisch, Deutsch und Bewegung und Sport. Um an allen Standorten den Unterricht sicherzustellen, setzt die Bildungsdirektion auf Überstunden, eine einvernehmliche Erhöhung des Beschäftigungsausmaßes von Teilzeitkräften und die Anstellung höhersemestriger Lehramtsstudierender.
In Salzburg sind derzeit laut dem Büro von Bildungslandesrätin Daniela Gutschi (ÖVP) nur 1,2 Prozent des Stellenplans nicht bedeckt. "Wir können solche Situationen bewältigen", wurde gegenüber der APA betont. Konkret sind im Pflichtschulbereich von den 4.400 Planstellen 74 Stellen (zum Teil nicht Vollzeit) im Ausmaß von 1.200 Wochenstunden aktuell vakant, wobei aber noch laufend Bewerbungen einlangen. Vor einigen Wochen waren es noch über 4.000. Vor allem an Volksschulen werden im gesamten Bundesland noch klassenführende Lehrerinnen und Lehrer gesucht, an den Mittelschulen gibt es bei den Hauptfächern Personalbedarf. Die Besetzung von klassenführenden Stellen habe oberste Priorität. Damit auf jeden Fall alle Stunden gehalten werden können, werde ein Großteil mit Mehrdienstleistungen bewerkstelligt. "Es werden aber auch Studierende und Pensionisten und Pensionistinnen eingesetzt."
Kärnten hat 17 offene Pflichtschulstellen
In Kärnten wird davon ausgegangen, dass im Pflichtschulbereich "fast alle" Posten besetzt werden können. Von den rund 280 ausgeschriebenen Stellen, bei denen die Bewerbungsfrist schon abgelaufen ist, wurden rund 250 bereits besetzt. Die meisten Probleme bei der Personalsuche gibt es im Pflichtschulbereich in Oberkärnten mit seinen vielen Klein- und Kleinstschulen. In Mathematik, Physik und im Minderheitenschulwesen ist es in ganz Kärnten schwierig. Um bei Krankenständen Ausfälle besser kompensieren zu können, setzt die Bildungsdirektion an Volksschulen auf "springende Lehrpersonen". An den Bundesschulen sind von 180 ausgeschriebenen Stellen noch 17 unbesetzt. Hier gibt es noch keine Regionen mit auffälligen Personalengpässen, wie in früheren Jahren allerdings in den Fächern Bildnerische Erziehung, Werken, Musik und Sport für Mädchen zu wenig fertig ausgebildetes Personal.
Aus Vorarlberg waren bisher keine Zahlen zu bekommen, zuletzt hat Bildungslandesrätin Barbara Schöbi-Fink (ÖVP) die Personalsuche jedoch als größte Herausforderung im Bildungsbereich in ihrem Bundesland bezeichnet. Was die Besetzung offener Posten im kommenden Schuljahr angeht, zeigte sie sich zwar vorsichtig zuversichtlich, betonte aber auch, die Situation nicht schönreden zu wollen.
Auch aus Wien werden mit Verweis auf den noch laufenden Aufnahmeprozess keine Zahlen genannt. Über den Sommer seien bereits über 1.300 Lehrerinnen und Lehrer aufgenommen worden. Es gebe in allen Bundesländern zu wenig ausgebildete Lehrer für die ausgeschriebenen Stellen, wird in der Bildungsdirektion betont. Aber: "Es steht außer Zweifel, dass alle Stunden gehalten werden, die laut Lehrplan zu unterrichten sind." Besonders eng ist es in Mittelschulen, AHS und Berufsbildenden mittleren und höheren Schulen (BMHS) in Fächern wie Physik, Chemie, Mathematik, Informatik, Sport für Mädchen und in Musik. Außerdem werden in der Volksschule ausgebildete Bewerber gesucht, hier ist laut Bildungsdirektion auch der Wunsch nach Teilzeitbeschäftigung ein Thema. Nach Möglichkeit sollen auch nicht weniger Lehrerinnen und Lehrer in der Klasse stehen als eigentlich vorgesehen, wird betont: "In jeder Pflichtschulklasse werden die vorgesehenen Unterrichtsstunden durch Lehrpersonal abgedeckt sein. Wo immer es besondere Gründe für eine verstärkte Förderung gibt, werden nach Möglichkeit zusätzliche Teamlehrer unterrichten."