Politik/Inland

Kurz und Poroschenko sprachen über UN-Mission

Nach seinem Treffen mit Bundespräsident Alexander Van der Bellen hat der ukrainische Präsident Petro Poroschenko am Donnerstag auch Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) getroffen. Dabei habe man auch über eine mögliche "Peacekeeping"-Mission in der Ostukraine gesprochen, sagte Kurz im Anschluss vor Journalisten. Wenn es Bedarf gebe, schließe er eine Beteiligung Österreichs nicht aus, so Kurz.

Freilich sei das noch mit dem Koalitionspartner und dem Verteidigungsminister zu klären, doch Österreich habe "in der Vergangenheit immer seinen Beitrag geleistet". Kurz betonte aber, dass es noch lange Verhandlungen auf europäischer Ebene brauchen werde, bis es zu einer Friedenssicherungsmission komme. Doch dafür gebe es "breite internationale Unterstützung und auch in Russland positive Signale".

Bei Besuchen in der Ostukraine gemeinsam mit dem ukrainischen Außenminister Pawlo Klimkin, der Poroschenko in Wien begleitete, habe er gesehen, wie dringend dort humanitäre Hilfe gebraucht werde, betonte Kurz. Poroschenko unterstrich, dass während der Zeit von Kurz als OSZE-Vorsitzender die Zahl der OSZE-Beobachter in der Ostukraine "maßgeblich verstärkt" und deren technische Ausrüstung verbessert worden sei.

Russland-Kontakte der FPÖ

Das Koalitionsabkommen in Österreich habe er sich genau angeschaut, sagte Poroschenko auf eine Frage zu den Russland-Kontakten von Kurz' Koalitionspartner FPÖ. Er sei hier aber sehr optimistisch, versicherte der ukrainische Präsident. Die FPÖ, die auch ein Freundschaftsabkommen mit der Kreml-Partei "Einiges Russland" hat, hatte sich wiederholt für ein Ende der Russland-Sanktionen der EU ausgesprochen.

Der steirische FPÖ-Nationalratsabgeordnete Axel Kassegger darf derzeit nicht in die Ukraine einreisen, da er im April 2016 zum offiziösen "Internationalen Jalta-Wirtschaftsforum" auf die Krim gereist war. Das Einreiseverbot gegen FPÖ-Klubobmann Johann Gudenus sei mittlerweile aber wieder aufgehoben worden, hatte der ukrainische Geheimdienst SBU auf Anfrage der APA erklärt.

Die bilateralen wirtschaftlichen und politischen Beziehungen bezeichneten sowohl Poroschenko als auch Kurz als ausgezeichnet. Am Abend sind beide auch noch am Opernball, Poroschenko auf Einladung von Bundespräsident Alexander Van der Bellen, Kurz mit dem irischen Premierminister Leo Varadkar.

Van der Bellen: Umsetzung des Minsk-Abkommens

Zuvor hat Poroschenko in der Hofburg Bundespräsident Alexander Van der Bellen zu einem Arbeitsgespräch getroffen. Beide betonten die guten bilateralen Beziehungen und stimmten überein, dass das Minsker Abkommen vollständig umgesetzt werden müsse. Im März wird Van der Bellen auf Einladung Poroschenkos mit Außenministerin Karin Kneissl (FPÖ) die Ukraine besuchen.

Österreich sei eines der ersten Länder gewesen, das die Ukraine anerkannt hätte, betonte Van der Bellen, im Anschluss an das Gespräch. "Seither haben sich die bilateralen Beziehungen sowohl ökonomisch, politisch als auch kulturell sehr gut entwickelt. So sei Österreich der sechstgrößte Investor in der Ukraine und österreichische Firmen würden über 30.000 Personen in der Ukraine beschäftigen, sagte Van der Bellen. "Trotzdem gibt es viel Potenzial zur Verbesserung der Zusammenarbeit".

Poroschenko betonte, er sei "Österreich sehr dankbar für die Unterstützung der EU-Sanktionen gegen Russland bis zur vollständigen Implementierung des Minsker Abkommens". Er sei Österreich auch sehr dankbar für die medizinische Versorgung verwundeter Kämpfer, so Poroschenko. Van der Bellen versicherte, dass Österreich keine Initiativen zur Abschaffung der Russland-Sanktionen setzen werde, solange sich die Situation in der Ostukraine und auf der Krim nicht ändere. Dies seien "notwendige Maßnahmen", auch wenn Österreich wirtschaftlich davon durchaus betroffen sei.Am Abend sind beide auch noch am Opernball, Poroschenko auf Einladung von Bundespräsident Alexander Van der Bellen, Kurz mit dem irischen Premierminister Leo Varadkar.

Alle Inhalte anzeigen

Dass Österreich die Ukraine künftig als sicheres Herkunftsland betrachte, unterstütze er vollkommen, sagte Poroschenko. "Auch während den Zeiten der russischen Aggression ist es uns gelungen 1,6 Millionen Binnenflüchtlinge zu versorgen", betonte er. Aus der Ukraine kamen laut Innenministerium im vergangenen Jahr 484 Asylwerber nach Österreich. Gegenüber 2016 war das ein Plus von 110 Personen oder knapp 30 Prozent. Damit liegt das europäische Land auf Platz neun der Staaten mit den meisten Anträgen. In nur vier Prozent der Fälle wurde allerdings Schutz gewährt.

In der Ukraine ist Poroschenko derzeit neben dem weiterhin ungelösten Konflikt in der Ostukraine mit Protesten unter Führung seines ehemaligen Studienfreundes und Beraters, des georgischen Ex-Präsidenten Michail Saakaschwili, konfrontiert. Angesichts der unruhigen innenpolitischen Lage in der Ukraine widersprach der ukrainische Botschafter in Wien, Olexander Scherba, am Mittwoch auf Facebook dem offenbar in der Ukraine kursierenden Eindruck, dass der Wien-Besuch des ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko am Donnerstag ausschließlich mit dem Opernball zu tun hätte. Dies sei keine 'Reise zum Ball', "wie mancherorts geschrieben wird, sondern ein vollwertiger Arbeitsbesuch, der ausgehend vom Niveau der Treffen ein offizieller Staatsbesuch ist", schrieb Scherba in seinem auf ukrainisch verfassten Beitrag.

Kurz und Varadkar: Keine "harte Grenze" nach Brexit

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und der irische Ministerpräsident Leo Varadkar haben am Donnerstag in Wien betont, dass es im Zuge der Brexit-Verhandlungen nicht dazu kommen dürfe, dass zwischen Irland und Nordirland eine "harte Grenze" entstehe. Das würde nicht funktionieren, meinte Kurz. "Das neue Verhältnis der EU zu Großbritannien soll so eng wie möglich sein", forderte indes Varadkar.

Für Irland sei es von "großem nationalen Interesse", dass es nach dem EU-Austritt Großbritanniens "neue Beziehungen zwischen Großbritannien und der EU" gebe, die freien Handel und Reiseverkehr ermöglichen würden, so Varadkar. "Noch warten wir auf die Entscheidung Londons, welche Beziehung sie zur EU künftig wollen", betonte der Taoiseach, so der irischsprachige Titel des Premierministers. Wichtig sei jedenfalls eine rasche Entscheidung, denn das geplante Austrittsdatum im März 2019 komme bald. Eine "harte Grenze" müsse jedenfalls unbedingt vermieden werden, denn es "wäre auch unvorstellbar wieder eine Grenze zwischen Österreich und Bayern zu haben".

Alle Inhalte anzeigen

Österreich und Irland hätten ähnliche Interessen, betonte Kurz. Beide seien eher kleine und zudem neutrale Länder, die auch bei der Frage der Nicht-Weiterverbreitung von Nuklearwaffen einer Meinung seien, meinte Kurz. Varadkar hob hervor, dass er und Kurz, den er schon aus der Europäischen Volkspartei (EVP) kenne, auch über Migration und den neuen mehrjährigen Finanzrahmen der EU gesprochen hätten. Beide Länder seien Nettozahler in der Europäischen Union und würden für Freihandel eintreten, so Varadkar. Auch die von Österreich vorangetriebene Erweiterung der EU um die Westbalkanländer werde von Irland unterstützt.

Der 39-jährige Varadkar ist seit Mitte Juni Regierungschef Irlands. Seine Partei Fine Gael gehört wie die ÖVP der EVP an. Im Jänner 2015 hat sich Varadkar an seinem 36. Geburtstag im Radio als erster Minister in der irischen Geschichte als homosexuell geoutet. Er wird am Abend mit seinem Partner Matthew Barrett als Gast in der Kanzler-Loge am Opernball teilnehmen. Außenministerin Karin Kneissl (FPÖ) wird gemeinsam mit der bulgarischen Außenministerin Ekaterina Sachariewa den Staatsball besuchen. Bundespräsident Alexander Van der Bellen hat den ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko am Opernball zu Gast.