Politik/Inland

Nicht einmal die ÖVP-Wähler glauben an den Schulden-Stopp

Es war die Woche des Michael Spindelegger. Am Dienstag hielt der Finanzminister seine erste Budgetrede; und am Samstag, im ORF-Radio, erklärte er einmal mehr, wie er’s finanzpolitisch in den nächsten beiden Jahren anlegen will, nämlich: Erst muss der "Schuldenberg" schrumpfen, dann kann mittels Steuerreform entlastet werden – etwa, indem die Lohnnebenkosten und der Eingangssteuersatz (auf 25 Prozent) gesenkt und die Familien mit Freibeträgen deutlich mehr unterstützt werden.

Das Bittere ist nur: Die Bevölkerung scheint die vielfachen Beteuerungen des Vizekanzlers nicht zu glauben.

Denn wie eine aktuelle OGM-Umfrage im Auftrag des KURIER belegt, halten dem ÖVP-Chef nur noch die deklarierten ÖVP-Sympathisanten die Treue; der große Rest der Bevölkerung glaubt weder an eine baldige Steuerreform, noch an ein Ende des Schuldenmachens (siehe Grafik).

Ist es nicht dennoch verwunderlich, dass eine Mehrheit meint, Spindelegger mache seinen Job gleich schlecht oder noch schlechter als seine Vorgängerin Maria Fekter?

"Durchaus – insbesondere, wenn man bedenkt, dass die Umfragewerte von Fekter sehr schlecht waren", sagt OGM-Meinungsforscherin Karin Cvrtila.

Das Umfrage-Ergebnis habe sich aber durchaus abgezeichnet. "Es gab ja schon Streit im Vorfeld der Budgetrede, und davor erlebten die Menschen die Entscheidung über die teure Lösung bei der Hypo. Nicht zu vergessen die Debatte um ein plötzlich aufgetauchtes Budgetloch während der Koalitionsverhandlungen."

Nicht von ungefähr sei die Bevölkerung verunsichert,das Vertrauen in die Lösungskompetenz sei im Keller. "Auf gut Deutsch: Die Leute sind einfach ang’fressen", sagt Cvrtila.

Das zeigt sich besonders bei der Frage, ob die Menschen glauben, dass bald Schluss mit neuen Schulden ist. "Das glaubt so gut wie niemand. Die Österreicher sind ja gewohnt, dass die Schulen stetig steigen und erwarten sich auch keine Trendumkehr", erklärt die Expertin.

Bedenklich sei allerdings, dass auch drei von vier ÖVP-Wähler nicht an ein Ende der Schulden-Politik glauben. "Die Politik hat hier ihre Glaubwürdigkeit verspielt. Zu oft wurde das versprochen und nicht gehalten." Bemerkenswert sei ein Teilergebnis – bei den Neos-Wählern glaubte laut Umfrage überhaupt niemand, dass die Schulden sinken werden.

Steuerreform

Die SPÖ will, dass die Einkommenssteuern schon 2015 gesenkt werden, Spindelegger hat bisher dagegen gehalten, und eine Reform vor dem Jahr 2016 ausgeschlossen. "Wie sich zeigt, sind immerhin 30 Prozent der Befragten dafür, erst 2016 eine Steuerreform umzusetzen, weil sie sehen, dass die Schulden wachsen und jemand die Hypo zahlen muss", erklärt Cvrtila.

Für eine sofortige Steuerentlastung sind mit 93 Prozent vor allem die Neos-Wähler. "Das sind vor allem urbane, höher gebildete Wähler mit einem besseren Einkommen. Die wissen, wie viel sie an Lohnnebenkosten bezahlen."

Und 2016? Glauben die Bürger, dass dann – wie versprochen – die Einkommen entlastet werden? "Die Bevölkerung wünscht es sich zwar, aber der Glaube fehlt. Die größte Hoffnung haben noch ÖVP-Wähler, immerhin zwei Drittel glauben an eine Steuerentlastung ab 2016."

Unterm Strich sei für den Finanzminister positiv anzumerken, dass er zumindest seine Wähler mobilisieren könne – auch wenn diese nicht mehr allzu viele sind. Und wie kann er alle anderen überzeugen? "Es braucht Glaubwürdigkeit, Transparenz und Kommunikation. Er muss auch die unangenehmen Dinge erklären."

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"In unserem Land der Berge gibt es einen Berg zu viel, den Schuldenberg; mit dem Schuldenberg muss Schluss sein." Michael Spindelegger hat seine erste Budgetrede im Parlament pointiert eröffnet und damit gepunktet. Der Satz war ein Treffer auf allen Medienkanälen. Kein Premieren-Bericht in Internet, Print, Funk oder Fernsehen in dem die Metapher vom Land der Schuldenberge nicht prominent zitiert wurde. Nachhaltig eingeschlagen hat die Botschaft aber nicht. Das OGM-Institut befragte zwei Tage nach der Budgetrede für den KURIER eine repräsentative Gruppe der österreichischen Wähler: Glauben Sie, dass der Schuldenberg nicht mehr weiterwachsen wird? Und: Glauben Sie, dass es nach 2016, wie angekündigt, eine Steuersenkung geben wird? Die Antwort ist knapp, aber unzweideutig: Die Botschaft hörten wir wohl, allein es fehlt uns der Glaube. Selbst unter den ÖVP-Anhänger glaubt nur eine kleine Minderheit an das Aus fürs Schuldenmachen (siehe Bericht rechts). Die Allerwelts-Ausrede am Ballhausplatz greift da beim besten Willen nicht mehr: Wir tun unser Bestes, aber die missliebigen Medien berichten nur, was sie wollen. Wer permanent nur ankündigt, ab morgen zu regieren, darf sich über das traurige Echo nicht wundern.

Rezepte schuldig zum Schulden-Abbau

Der Finanzminister blieb nicht nur jede Antwort schuldig, wie er künftig den Schulden-Berg abtragen will. Auch im seinem Bugdet-Erstling wurden vorerst nur Rücklagen aktiviert, also "Sparbücher" der Ressorts aufgelöst; die Hausaufgaben, wo und wie gespart werden soll, wurde auf die kommenden Haushalte verschoben.

Da hilft es auch nichts, dass ausgerechnet einer der mächtigen Länderfürsten, Oberösterreichs Josef Pühringer, tags darauf verkündet, "in die Verwaltung muss ein Blitz einschlagen". Und Michael Spindelegger himself kundtut, bei einem Eingangssteuersatz von 36 Prozent lohne es sich nicht zu arbeiten. Ist das nun ein Aufruf zur Schwarzarbeit aus dem Munde des Finanzministers? Oder gar seine Kapitulationserklärung vor dem unzähmbar gierigen Steuermoloch aus seinem Hause?

Signale einer roten Revolte

"Was ist eigentlich los in mit unserer Bundespartei?", heißt es just am 1. Mai auch aus der SPÖ. Statt Festtagsjubel gibt es an Faymann & Co die Forderung: "Mehr Bodenhaftung und ein bisschen mehr Gespür dafür, was die Leute wirklich brauchen." Die Spitze gegen die Parteiführung kommt nicht von der Sozialistischen Jugend, sondern von der neuen Parteichefin der Grazer SPÖ, Martina Schröck. Der Frust der Basis über den Eiertanz der Parteiführung wegen des Hypo-Ausschusses ist derart groß, dass der brave Parteisoldat Gerald Klug aus der Parteilinie ausbricht. Die verzweifelt klingende Begründung des SP-Heereschef, den viele in seiner Partei als Nachfolger des steirischen SPÖ-Chefs und bisher einzigen offenen Faymann-Widersachers, Franz Voves, sehen: "Dann machen wir halt einen U-Ausschuss zur Hypo, damit eine Ruhe ist."

Die zunehmend auch öffentlich sichtbare Unruhe bei Rot und Schwarz macht offenbar: Bei der Mehrheit der Wähler sind Österreichs "Dinosaurier" (Belgiens Ex-Premiere und EU-Listenführer der Liberalen, Guy Verhofstadt) unten durch. Jetzt schlittern Faymann & Spindelegger auch in den eigenen Reihen in eine Legitimitätskrise.