Politik/Inland

Kritik an Betreuungsquote: Stadt Wien lässt Karmasin ins Leere laufen

Die Wiener Kindergärten hatten es in den vergangenen Wochen und Monaten nicht leicht: da wurde kritisiert, dass zu wenig kontrolliert wird, ÖVP-Chef Sebastian Kurz wollte Islamkindergärten gleich zusperren, und der Stadtrechnungshof monierte, dass bei der Durchsetzung des Pflichtjahres zu lasch vorgegangen wird.

Familienministerin Sophie Karmasin nannte dazu kürzlich den Wert von 800 Kindern, die fehlen, obwohl ein Jahr Kindergarten vor der Einschulung Pflicht ist. Die Zahlen des Ministeriums divergieren aber leicht mit jenen von Stadtrat Jürgen Czernohorszky. Fest steht: Die Zahl ist in einem Jahr stark zurückgegangen.

Im vergangenen Kindergartenjahr 2016/17 lag die Betreuungsquote der Fünfjährigen bei bis zu 98 Prozent, wenn man jene mitrechnet, die bereits vorzeitig eingeschult worden sind.

2015/16 war die Bundeshauptstadt mit einer Quote von 95,2 Prozent noch österreichweit Schlusslicht. Offiziell eingemeldet wurden die neuen Zahlen vom Magistrat Wien noch nicht, die Statistik Austria veröffentlicht sie jährlich für ganz Österreich.

210 Euro Strafe

2016 und 2017 wurde nur noch bei 208 Fünfjährigen die Kindergartenpflicht verletzt. 126 fehlen wegen begründeter Ausnahmeregelungen. Den Rückgang im Vergleich zu 2015/16 erklärt man sich im Büro Czernohorszky damit, dass die Verwaltung effizienter funktioniere – wenn ein Kind fehlt, werde das jetzt schneller aufgeklärt und fällt dann erst gar nicht in die Negativ-Statistik.

Bei jenen Eltern, die ihr Kind das Pflichtjahr tatsächlich schwänzen lassen, werden Verwaltungsstrafverfahren eingeleitet. Heuer gab es bereits für 131 rechtskräftige Strafen – bei einem Wiederholungstäter wurde der Höchstbetrag von 210 Euro Geldstrafe fällig. Davor werden Eltern kontaktiert und schriftliche Ermahnungen geschickt.

Ministerin will Jugendamt einschalten

Der Familienministerin ist das zu wenig: Karmasin schlägt vor, dass bei der Verletzung der Kindergartenpflicht ähnlich vorgegangen wird wie bei Schulschwänzern: Zwischen Elterngespräch und Geldstrafe soll das Jugendamt eingeschaltet werden, sagt sie zum KURIER. "Ziel muss sein, jene Kinder, die im Alter von fünf Jahren trotz Pflicht nicht in den Kindergarten besuchen, zu erreichen."

Sie adressiert dabei besonders Migrantenfamilien – für diese Kinder sei das Jahr in Betreuung besonders wichtig, um vor Schuleintritt Deutsch zu lernen. Aktuell haben 65 Prozent der Kinder in Wiener Betreuungseinrichtungen eine andere Muttersprache als Deutsch.

Karmasin plädiert seit Längerem für ein zweites Pflichtjahr, das gratis sein soll. Ende des Jahres läuft die 15a-Vereinbarung mit den Ländern zum Ausbau der Betreuungsplätze aus, die Finanzierung hängt noch in der Luft.