Koalition: IGGÖ beklagt "feindselige Haltung" gegenüber Muslimen
Die Islamische Glaubensgemeinschaft (IGGÖ) ist enttäuscht vom Regierungsprogramm der schwarz-grünen Koalition. Man hätte sich von der Regierungsbeteiligung der Grünen einen menschenrechtlichen Kurs und die Verteidigung der Gleichbehandlung erwartet. Stattdessen ziehe sich eine "feindselige Haltung" gegenüber Muslimen als roter Faden durch das Programms, so Präsident Ümit Vural in einer Aussendung.
Er sieht darin einen "fließenden Übergang zur populistisch-rassistischen Haltung der ehemaligen ÖVP-FPÖ-Regierung". Durch eine völlig undifferenzierte Verwendung des Begriffs "politischer Islam" würden pauschal alle in Österreich lebenden Muslime stigmatisiert und kriminalisiert, so Vural. Die geplante Einrichtung einer eigenen Dokumentationsstelle brandmarke sie sogar als staatsgefährdende Bedrohung. Menschen, die seit langem fester Bestandteil der österreichischen Gesellschaft seien, würden mit Extremisten gleichgesetzt und eine ganze Religion und ihre Anhänger als Feindbild diskreditiert.
Mit der geplanten Ausweitung des Kopftuchverbots bis 14 werde zudem "Politik auf dem Kopf der Mädchen und Frauen" gemacht. Dieser Schritt sei "sehr schmerzlich und nicht nachvollziehbar", so IGGÖ-Schulamtsleiterin Carla Amina Baghajati am Freitag in einer ersten Reaktion gegenüber der APA.
Während es sich beim bereits geltenden Kopftuchverbot in Kindergärten und Volksschulen noch um Symbolpolitik mit wenigen tatsächlich Betroffenen gehandelt habe, wären nun mit zehn- bis 14-jährigen Mädchen eine Gruppe betroffen, in deren Glaubenspraxis das Kopftuch tatsächlich beginne eine Rolle zu spielen. Vor allem in Ballungsräumen seien bei Dreizehnjährigen in vielen Klassen ein, zwei Mädchen mit Kopftuch zu finden.
Für sie ist vor allem die Begründung des Kopftuchverbots problematisch, da sie mit Negativzuschreibungen die religiöse Innensicht ignoriere. Die individuelle Begründung, wieso ein Mädchen oder eine Frau das Kopftuch trage, werde negiert und das Kopftuchtragen per se verdächtig gemacht und in Kontext mit Maßnahmen gegen einen radikalen Islam gestellt. "Mit dieser Kriminalisierung tut man den Mädchen und Frauen eklatant unrecht. Noch dazu ist diese Bevormundung im Widerspruch zu einer Erziehung in Richtung Mündigkeit und Selbstbestimmung", betont sie.