Politik/Inland

„Kleinunternehmer haben mehr Sozialprobleme als Angestellte“

In den ersten zehn Punkten des SPÖ-Wahlprogramms „111 Projekte für Österreich“ findet sich überraschend viel Wirtschaft. Ein Schwerpunkt sind dabei Maßnahmen für die 370.000 Einzelpersonen-Unternehmen (EPU) und Kleinstbetriebe mit bis zu vier Mitarbeitern. „Das Thema der Kleinstunternehmen wird total unterschätzt – sowohl von der Bedeutung für den Wirtschaftsstandort als auch von den Problemen, die diese Kleinstunternehmer haben“, sagt Finanzstaatssekretär Andreas Schieder.

Standortfaktor 92 Prozent der 26.000 Unternehmensgründungen sind Kleinstunternehmen, 6000 davon allein in Wien. Schieder: „Sicher machen viele davon auch wieder zu, aber wenn die, die überleben, ein bis drei Leute einstellen, sind sie ein großer Jobmotor.“ Diese Betriebe hätten darüber hinaus vielfältige Funktionen: als Hort von Kreativität (z. B. Design, Fotografie usw.), für die interkulturelle Vermittlung (z. B. wenn Migranten mit ihren Herkunftsländern Handel treiben) und als Nahversorger (Märkte, Gastronomie, Kleingewerbe). Schieder: „Der Teil des Wirtschaftswachstums, den wir mit nationaler Politik am stärksten beeinflussen können, ist dieser Bereich.“ Daher will die SPÖ Finanzierungsinstrumente für Kleinstbetriebe ausbauen, Bürokratie und Behördenwege vereinfachen sowie bei der Infrastruktur helfen. Schieder: „Viele Kleinunternehmer sagen, dass ihnen mit Bürogemeinschaften geholfen wäre – gemeinsamem Sekretariat, Buchhaltung und Internetservice.“

Soziale Absicherung „Die Kleinstunternehmer haben oft größere soziale Probleme als viele Arbeitnehmer“, sagt Schieder. Daher wolle sich die SPÖ für die EPU „öffnen und auch deren Agentin sein“. Die wichtigsten Maßnahmen: Der 20-prozentige Selbstbehalt bei der Krankenversicherung soll gestrichen werden und die 47 Tage Wartefrist auf Krankengeld drastisch reduziert werden.

Betriebe auffangen

Weitere Punkte im SPÖ-Wirtschaftsprogramm:

Die ÖIAG soll zu einer Standortholding erweitert werden, wo Infrastrukturunternehmen wie OMV, Verbund, Post und Telekom die Standortversorgung gewährleisten.

Eine neue staatliche Auffanggesellschaft soll wichtige Unternehmen, wo etwa viel Know-how gebunkert ist, auffangen. Diese Unternehmen sollen saniert und dann wieder privatisiert werden.

Schieder versichert, dass das SPÖ-Reichensteuer-Konzept Unternehmen nicht betreffe. Bei der Erbschaftssteuer soll es Ausnahmen für Unternehmen geben, bei der Vermögenssteuer sollen „Millionäre und nicht Unternehmen“ besteuert werden.

Den Industriestandort will die SPÖ vor allem mit Infrastruktur absichern. Für die Industrie sei die Energie wichtig. Unbedingt, so Schieder, sei der 380-kV-Ring zu schließen. Der SPÖ-Politiker warnt in diesem Zusammenhang die Grünen: „Es nützt nichts, Windparks zu bauen, wenn die Leitungen, die den Strom abtransportieren sollen, fehlen. Strom kann nicht fliegen – soll er auch nicht.“

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Tatsächlich fehlt das wichtige Teilstück Salzburg(Grafik). Der überschüssige Strom aus den Windparks im Osten muss zu den Pumpkraftwerken in den Alpen transportiert werden. Das hilft der Stromversorgung zweifach: Erstens wird überschüssiger Windstrom genutzt; zweitens können die Pumpkraftwerke bei Windstille mit Strom aushelfen.

Das Problem: Die Salzburger Politiker wollen die Kabel unterirdisch verlegen, was technisch nicht machbar und sauteuer ist.