Katzian an Koalition: "Viel Spaß bei den Lohnrunden"
Von Evelyn Peternel
Am ÖGB-Kongress vergangen Woche war Wolfgang Katzian noch recht verhalten, was Kritik an der Regierungs- angeht. Jetzt, nachdem die Koalition – pünktlich zum Ende des Kongresses übrigens – ihren Plan zum 12-Stunden-Tag vorgelegt hat, hört sich der neue ÖGB-Chef schon anders an: „Das ist ja nur ein Auspressen“, sagt er im Rahmen der Schau-TV-Serie „Warum eigentlich“ zu KURIER-Politikchef Josef Votzi. Die Freiwilligkeit beider Neuregelung, von der ständig die Rede sei, „steht mit keinem Wort im Gesetz“, sagt er – im Gegenteil: Künftig könnten 12 Stunden täglich, 60 Stunden in der Woche angeordnet werden, und das über längere Zeiträume hinweg – ohne Sanktus des Betriebsrates, der bisher ja nötig war.
Warnung an Koalition
Die Konsequenz für ihn? Protest, und das auf mehreren Ebenen. Zunächst startet der ÖGB eine Kampagne unter allen Betriebsräten: „Mehrere hundert pro Bundesland“ würden in den nächsten Tagen zusammengetrommelt, sagt ÖGB-Organisationschef Willi Mernyi; sie sollen dann in ihren Firmen Betriebsversammlungen abhalten. „Das sehen die Chefs, die den 12-Stunden-Tag bestellt haben, gar nicht gerne“, sagt Mernyi – schließlich dauern solche Infoveranstaltungen schon mal zwei Stunden; und das ist vor allem in der Industrie, weil dann zwei Stunden alles still steht, problematisch.
Dort soll dann auch für die Großdemo mobilisiert werden, die der ÖGB am 30. Juni in Wien vom Westbahnhof bis zum Heldenplatz organisiert. Dass die nur einen Tag nach Schulschluss stattfindet, macht Katzian keine Sorgen – auf Schätzungen will er sich aber nicht festlegen: Man habe nur eineinhalb Wochen, um zu mobilisieren, aber „einige Zehntausende werden schon kommen.“
Im Jahr 2003, beim größten ÖGB-Protest unter Schwarz-Blau I, waren es 200.000, die bei heftigen unwettern gegen Wolfgang Schüssels Pensionsreform am Heldenplatz protestierten. Freilich, genützt hat das Ganze damals kaum etwas. Katzian ist darum aber nicht weniger hoffnungsvoll, dass der jetzige Protest fruchtet: Einen Kompromiss mit der Regierung, also eine Nachbesserung des Vorschlages, hält er durchaus für möglich. Und wenn die Koalition das ganze einseitig durchbringt, gebe es ja noch andere Mittel: „Wer glaubt, dass das dann gegessen ist, ist am Holzweg. Viel Spaß bei den Lohnrunden und Kollektivvertrags-Verhandlungen im Herbst“, sagt er – das hört sich fast nach Warnstreiks an.
Noch kein Kurz-Termin
Gespräche mit ÖVP-Kanzler Sebastian Kurz habe es allerdings noch keine gegeben; „es gibt auch noch keinen Termin“, sagt Katzian, „er hat ja auch viel zu tun.“ Parteipolitisch bewerten will er die Debatte um den 12-Stunden-Tag ohnehin nicht: Auch vor einem Jahr, als die rot-schwarze Regierung über flexiblere Arbeitszeiten nachgedacht hat, hätte es bei einem solchen Beschluss „den selben Protest gegeben wie jetzt.“
Denn auf eines legte der ÖGB-Chef besonderen Wert: Die Gegenwehr ist überparteilich. Hinter der Großdemo und der Betriebsrats-Infokampagne stehen nicht nur rote Gewerkschafter, sondern auch die Fraktion christlicher Gewerkschafter (FCG), die der ÖVP nahe steht. „Wir machen alles gemeinsam“, proklamiert ÖGB-Organisationschef Mernyi.