"Ich mache nicht den Steigbügelhalter": Nehammer bleibt bei Nein zu Kickl
Von Christian Böhmer
Zweieinhalb Wochen nach der Nationalratswahl haben die von Bundespräsident Alexander Van der Bellen beauftragten Gespräche zwischen den Parteichefs von FPÖ, ÖVP und SPÖ begonnen. Den Anfang machten am Dienstag ÖVP-Chef Karl Nehammer und Wahlsieger Herbert Kickl (FPÖ). Danach lud Nehammer überraschend zu einer Pressekonferenz.
"Es geht nicht um die Frage der Sympathie zwischen uns beiden", sagte Nehammer am Beginn seines Statements. Er bleibt bei seiner Ablehung von Kickl als Koalitionspartner, will dies aber nicht an Sympathie oder Befindlichkeiten festmachen. "Es geht um das politische Handeln." Und hier habe Kickl vielfach bewiesen, dass er "nicht bereit dafür ist, politische Verantwortung zu übernehmen". Nehammer: "Ich mache nicht den Steigbügelhalter!"
Konkret nannte der ÖVP-Chef folgende Punkte, die aus seiner Sicht belegen, dass Kickl mit politischer Verantwortung nicht umgehen kann:
In der Corona-Krise habe Kickl die Parteiinteressen der FPÖ über die des Staates gestellt und sich aufs "Angstverstärken" konzentriert. Produktive Beiträge habe es in der gesamten Gesundheitskrise nie von ihm gegeben.
Des weiteren teilt Nehammer Kickls Demokratieverständnis nicht. "Auch unter dem Feigenblatt der Zuspitzung lehne ich es zutiefst ab, wenn man Fahndungslisten schreiben will und nach oben tritt. Demokratie funktioniert über Dialog und den Kompromiss."
Nehammer bleibt überzeugt, dass Kickl sich gegen die sicherheitspolitischen Interessen Österreichs stellt. Ein Beispiel: Der FPÖ-Chef lehne das Sicherheitsprojekt Skyshield nicht nur ab, sondern behaupte sogar, die Neutralität werde dadurch gefährdet.
Und schließlich warnt der Kanzler davor, dass Kickl gerne Verschwörungstheorien anheimfalle. Das sei angesichts der Lage Österreichs problematisch. "Österreich ist UN-Hauptsitz und Kickl sagt, die WHO wäre die nächste Weltregierung."
Im Vorfeld des heutigen Treffens wollten weder die ÖVP noch die FPÖ bekannt geben, wo der Termin stattgefunden hat. Informationen mehrerer Medienvertreter, die beiden könnten sich im Parlament treffen, stellten sich als falsch heraus. Kurz vor 14 Uhr war Kickl vor den FPÖ-Klubräumlichkeiten in der Reichsratsstraße gesehen worden, wie er in ein Auto stieg.
Von Seiten der FPÖ hieß es zu den vergebens wartenden Journalisten nur, das Treffen fände "in Wien" statt, und dauere "so lange es dauert".
Am Mittwoch loten Nehammer und SPÖ-Chef Andreas Babler die Möglichkeiten einer Zusammenarbeit aus.
Als letztes Treffen steht am Donnerstag dann jenes zwischen Kickl und Babler an. Eine Koalition mit den Freiheitlichen wurde von der SPÖ mehrfach ausgeschlossen.