Politik/Inland

Jeder Fünfte würde gerne weniger arbeiten

Wie lange Herr und Frau Österreicher künftig arbeiten werden, sei eine viel zu wichtige – auch sozial-, gesundheits- und gleichstellungspolitische – Frage, als sie eindimensional als Lohndebatte zu behandeln, sagt WIFO-Chef Christoph Badelt.

"Es geht um den generellen Zwölf-Stunden-Tag und die Frage der Überstundenzuschläge, das heißt, vor allem um einen lohnpolitischen Konflikt. Das muss auch so benannt werden und greift freilich viel zu kurz", sagt der Top-Ökonom zum Dauerstreit über die Arbeitszeitflexibilisierung.

Eine neue WIFO-Studie zeigt die enorme Bandbreite der Problematik auf:

Mehr/weniger arbeiten

Mehr als jeder vierte Österreicher – rund 27 Prozent – ist mit der eigenen Arbeitszeit unzufrieden – das sind immerhin rund 930.000 Menschen. Konkret würden 18 Prozent der heimischen Arbeitnehmer gerne weniger arbeiten, neun Prozent würden ihr Stundenausmaß erhöhen.

Atypische Zeiten

Knapp mehr als die Hälfte aller Arbeitnehmer leben schon jetzt mit atypischen Arbeitszeiten. Die Rangliste der Betroffenheit lautet: Samstagsarbeit (36,7 Prozent), Spätdienste (29,1 Prozent), Sonntagsarbeit (19,9 Prozent).

Wochenarbeit

Die durchschnittliche tatsächlich geleistete Normalarbeitszeit liegt in Österreich bei 35,9 Stunden. Männer arbeiten im Durchschnitt 39,8 Stunden, Frauen wegen des hohen Teilzeitanteils 31,6 Stunden. Die Differenz, der sogenannte "Gender Time Gap", ist in Europa nur in den Niederlanden höher als in Österreich.

Eine "Schema-F-Lösung" – drübergestülpt über alle Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen – sei daher wenig bis gar nicht zweckmäßig. Ein regelmäßiger Zwölf-Stundentag für Frauen bei gleichzeitigen Kinder-Betreuungspflichten ohnehin kaum denkbar. Sie würden noch häufiger in Teilzeitarbeit gedrängt werden. Badelt: "Schon der Acht-Stunden-Tag ist für Frauen wegen der Öffnungszeiten der Betreuungseinrichtungen meist nur schaffbar, wenn sie direkt daneben arbeiten."

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Die WIFO-Studienautorinnen Christine Mayrhuber und Ulrike Huemer schlagen alternativ zum Zwölf-Stunden-Tag den Ausbau bestehender Flexibilisierungs-Modelle vor – maßgeschneidert für den jeweiligen Lebensabschnitt. "Das Thema sollte nicht auf die betriebswirtschaftliche Perspektive reduziert werden." Die Bandbreite der Möglichkeiten reiche von Gleitzeit, Zeitwertkonten, Elternteilzeit, Bildungskarenz, Fachkräftestipendien bis zur Altersteilzeit und Gleitpension.

Eingedämmt werden sollten speziell bei Geringverdienern die überhand nehmenden All-inclusive-Verträge, schlägt das WIFO vor. Über höhere Einkommensgrenzen könnte das erreicht werden, gleiches gelte für die geltenden Arbeitsruhebestimmungen. Der Gedanke dahinter: Besserverdiener würden häufig freiwillig mehr und flexibler arbeiten, es sei ihnen aber auch eher zumutbar.