Politik/Inland

Staatsanwältin beklagt "Störfeuer“ bei Ibiza-Ermittlungen

Seit rund drei Jahren tobt ein Krieg innerhalb der Justiz. Die Fronten verlaufen zwischen der Wirtschafts-und Korruptionsstaatsanwaltschaft (kurz WKStA) auf der einen Seite und dem Duo Johann Fuchs, Leiter der Oberstaatsanwaltschaft (er hat auch die Fachaufsicht über) und Sektionschef Christian Pilnacek auf der anderen Seite.

Seit der Ibiza-U-Ausschuss läuft, hat bis jetzt noch jeder Staatsanwalt der WKStA, der als Auskunftsperson geladen war, die Gelegenheit genützt, um die Vorwürfe in Richtung Fuchs und Pilnacek zu bekräftigen. So lief es auch bei der Befragung von Christine Jilek ab. Sie war für Teile der Ermittlungen in der Ibiza-Affäre wie etwa die Schredderaffäre zuständig, ist jedoch nicht mehr bei der WKStA aktiv. Die Ermittlerin hatte das Handtuch geworfen, weil der Druck zu hoch geworden ist.  

 

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Jilek sprach schnell, fast zu schnell, um ihren Ausführungen zu folgen. Mit ihrem Anfangsstatement brachte sie ihren Frust zum Ausdruck: Es habe einfach zu viele "Störfeuer" gegeben, berichtete Christine Jilek. An die Abgeordneten appellierte Jilek, die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft von deren "politischem Korsett" zu befreien.

"Ich war 13 Jahre lang Staatsanwältin mit Leib und Seele", begann Jilek ihr Eingangsstatement vor dem Untersuchungsausschuss. "Schweren Herzens" habe sie sich aber von dieser Funktion verabschiedet, da sie sich die "Gewissensfrage" stellen musste. Der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen gebracht habe, sei eine dienstrechtliche Maßnahme durch den Leiter der Oberstaatsanwaltschaft Johann Fuchs mit Genehmigung durch das Justizministerium gewesen, schilderte die Auskunftsperson, da sich ein falsches E-Mail im "Tagebuch" - also der Dokumentation ihrer Arbeit - befunden hatte.

Haltlose Vorwürfe

Auf eigene Kosten habe sie dann die Disziplinarmaßnahme samt dem "völlig haltlosen" Vorwurf - erfolgreich - bekämpft, berichtete Jilek weiter. Dennoch sei ihr deutlich vor Augen geführt worden, dass sich an ihrer staatsanwaltschaftlichen Arbeit nichts ändern werde: "Ich werde dieses Verfahren nicht zügig führen können." Auch von anderen "ganz außergewöhnlichen Vorgängen" sprach die Auskunftsperson, etwa in Zusammenhang mit Weisungen, Gerichtsaufträgen und der Zusammenarbeit mit der Polizei. "Ich habe intern alles versucht, um eine Lösung zu finden, aber leider ohne Erfolg", so die ehemalige Korruptionsstaatsanwältin.

Als grundsätzliches Problem bezeichnete Jilek, die unter anderem in der mittlerweile beigelegten Schredder-Causa ermittelt hatte, das aktuelle staatsanwaltliche System. So sei die Antikorruptionsbehörde der WKStA Teil der Gerichtsbarkeit und stehe damit unter Aufsicht. Effektive Arbeit mache dies unmöglich. Ihr Appell an die Abgeordneten: "Bitte schaffen Sie die Rahmenbedingungen dafür, dass die WKStA ihre Rolle effektiv wahrnehmen kann!"

Jilek sagte auch zu Blümel aus

Auch folgende Frage beschäftigt nicht nur die Republik, seit das Gerücht am Dienstagnachmittag erstmals auftauchte, sondern auch den Ibiza-U-Ausschuss: Wird Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) nun als Beschuldigter in der Causa Casinos/Novomatic geführt oder nicht?

Eine offizielle Bestätigung seitens der WKStA gibt es bis jetzt noch nicht. Auch der Anwalt von Blümel fragte bei der WKStA vergeblich nach. Der Finanzminister habe keine Kenntnis, ob er wegen des Verdachts der Untreue, oder  des  Amtsmissbrauchs oder der Bestechlichkeit oder der Bestechung als Beschuldigter geführt wird.

Auch Jilek wurde im U-Ausschuss dazu befragt. "Wissen Sie, welchen Status Gernot  Blümel hat?", will Katharina Kucharowits (SPÖ) wissen. Die Kartoffel war heiß – und löste Beratungen von über 20 Minuten aus. Jilek berät sich mit ihrer Vertrauensperson und dem Verfahrensanwalt. Auch der Verfahrensrichter und der Vorsitzende werden konsultiert.

Als Antwort gibt es ein Ausweichmanöver: Sie könne den aktuellen Stand nicht sagen, weil sie keine WKStA-Staatsanwältin mehr sei.

SPÖ-Fraktionsführer Jan Krainer lässt nicht locker, und meint, dass es auch der Stand von Dezember sein könne. "Fragezeit abgelaufen", sagt U-Ausschuss-Vorsitzender Wolfgang Sobotka. "Sie sind 1,5 Minuten drüber und können das in der nächsten Runde fragen."  Die Republik tappt also weiter im Dunklen.