Ibiza-U-Ausschuss: Offener Streit zwischen Justiz und Innenministerium
Von Ida Metzger
Seit der Aussage von Matthias Purkert, dem Oberstaatsanwalt der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft, im Ibiza-U-Ausschuss gehen die Wogen hoch. Sein Auftritt vor dem U-Ausschuss entwickelte sich zu einer Art Abrechnung mit den Ermittlern der Soko Tape im Bundeskriminalamt. Unterschwellig stand der Vorwurf im Raum, dass die Ermittler der Soko Tape gewisse Personen schützen.
Der geschäftsführende Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit, Franz Lang, kontert und stellt sich klar hinter die Ermittler. „Das sind unerhörte Vorwürfe gegenüber den Ermittler, die eine Spitzenarbeit geleistet haben“, so Lang gegenüber dem KURIER.
Was wirft die Korruptionsstaatsanwaltschaft den Ermittlern des Bundeskriminalamtes konkret vor?
- WKStA-Oberstaatsanwalt Matthias Purkart berichtete im U-Ausschuss von Qualitätsmängeln, die so sehr gestört haben, dass man als Staatsanwalt „Bauchweh bekommt“. So soll bei der Hausdurchsuchung von Heinz-Christian Strache gepfuscht worden sein. Besonders viel Wert legt die Korruptionsstaatsanwaltschaft, dass das Handy von Strache sicher gestellt wird. Bei der Hausdurchsuchung kann Straches Handy dann sogar entsperrt sichergestellt werden. „Allerdings kümmerte sich dann keiner um das Strache-Handy, sodass es sich wieder versperrte“, sagt der Oberstaatsanwalt. Die WKStA musste dann von Strache die Herausgabe des Pins anfordern. Strache allerdings kooperierte mit den Ermittlungsbehörden.
- Der zweite Vorwurf ist noch härter: IT-Experte Purkart kritisiert die Qualität der übermittelten Scans. "Da hat es uns die Augen ausgehauen“, so Purkart. Schatten hätten Teile der Unterlage unleserlich gemacht. Als die Korruptionsstaatsanwaltschaft den Schatten auf der Unterlage entfernte – dem Terminkalender von Novomatic-Eigentümer Johann Graf – entdeckten sie ein Treffen zwischen Bundeskanzler Sebastian Kurz, Casinos-Aufsichtsratschef Walter Rothensteiner und den früheren ÖVP-Chef sowie Casinos-Aufsichtsrat Josef Pröll.
"Alles widerlegbar“
In den 42 Jahren seiner Polizeikarriere habe der geschäftsführende Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit eine solche Attacke zum „ersten Mal erlebt.“ Lang war „entsetzt“, als er von den Vorwürfen des Oberstaatsanwaltes hörte. „Die Vorwürfe sind in dieser Qualität neu“, so Lang.
Untersuchung gefordert
Damit ist der Streit zwischen der Korruptionsstaatsanwaltschaft und dem Innenministerium, der sich bis jetzt nur hinten den Kulissen abspielte, erstmals öffentlich.
Lang erzählte auch, dass man in der Vergangenheit bereits ein „Schlichtungsgremium einführen musste“, um zwischen der WKStA und den Ermittlern „auszugleichen“.
Der geschäftsführende Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit fordert nun, dass eine unabhängige, justizielle Untersuchung durch eine andere Staatsanwaltschaft durchgeführt wird, was an den Vorwürfen dran ist. „Aus meiner Sicht ist alles widerlegbar“, so Lang.
Originale der Dokumente bei der Korruptionsstaatsanwaltschaft
Beispielsweise wurden die Dokumente, die gescannt wurden, auch im Original der Staatsanwaltschaft vorgelegt und nochmals gescannt, als diese die Qualität kritisierten.
Auch der häufige Vorwurf, dass die Handys nach dem Bekanntwerden des Schredderns von Festplatten aus dem Bundeskanzleramt das Handy des Beschuldigten zurückgegeben und auch dessen Laptop in der ÖVP-Zentrale nicht sichergestellt haben, soll nicht stimmen.
Die Rückgabe des Handys soll auf Anweisung von Staatsanwältin Christina Jilek erfolgt sein.