U-Ausschuss: Grasser nimmt sich und Haider in Schutz
Von Dietmar Kuss
Der Hypo-U-Ausschuss startete am heutigen Mittwoch mit der Befragung des ehemaligen ÖVP-Finanzministers Karl-Heinz Grasser. Im Anfangsstatement sprach Grasser von einem "multiplen Versagen" in der Hypo-Krise. Die FMA wurde eindeutig verbessert, konnte aber nicht alles "handeln". Die beste Aufsicht hätte das Desater um die Hypo nicht verhindern können. Österreich habe es vor und nach der Hypo-Verstaatlichung "schlecht gemacht". Grasser bestreitet, dass es beim Versuch, die FMA-Vorstände abzusetzen, Weisungen gegeben habe. Das Verfahren sei korrekt auf Basis eines Gutachtens erfolgt. Auf den Brief von Haider aus Kärnten, der sich über Traumüller und Pribil beschwert habe, habe er, Grasser, gar nicht geantwortet.
In den Jahren nach der Verstaatlichung hätten Politik und Management "ohne Informationsgrundlage und ohne Fachwissen" falsche Entscheidungen getroffen, die zu einer "Maximierung des Schadens für die Steuerzahler" geführt hätten. In anderen Ländern seien verstaatlichte Banken mit Gewinn für die Steuerzahler privatisiert worden, hielt Grasser den Verantwortlichen vor.
Es sei ihm bei der Hypo "nicht ein einziges Mal" ein kritischer Fall oder eine Schieflage zur Kenntnis gebracht worden, betonte Grasser.
Grasser hat sich zur Vorbereitung der heutigen Befragung an Finanzminister Schelling in einem Brief um Hilfe gewandt. Er hat daraufhin Unterlagen erhalten. Diese wurden von einer Fachabteilung des Ministeriums zusammengestellt. Jan Krainer wollte bei seiner Befragung wissen, ob sich Grasser erinnert, oder ob er sich nur an den Unterlagen orientierte.
Haider-Brief
Krainer hielt Grasser auch den Brief Haiders vor. Grasser: Nur wegen einer Empfehlung der Rechtsabteilung des Finanzministeriums und nicht wegen Haiders Wunsch sei dann ein Abberufungsverfahren gegen die FMA-Vorstände eingeleitet worden. Krainer widersprach dem heftig, die Rechtsabteilung habe dies genau nicht empfohlen.
Der ehemalige Präsident der Industriellenvereinigung (IV), Veit Sorger, hat bei der Befragung im Anschluss sein Investment in die frühere Hypo Alpe Adria via der Berlin & Co Capital im Jahr 2006/07 verteidigt. Ihm habe das Investment gut gefallen.
Der KURIER hat live berichtet. Hier können Sie die Befragungen nachlesen:
Sorger investierte in die Berlin & Co Capital insgesamt 1,5 Mio. Euro, 500.000 am 5. Dezember 2006 und 1 Mio. Euro am 30. Juni 2007. Im Jahr 20006 habe es überhaupt keine Gewitterwolken am Bankenmarkt gegeben, beschrieb er die damalige Zeit. "Es war eine ganz anderes Umfeld als heute." Damals sei ihm die Bewertung der Hypo mit 2,5 Mrd. Euro "fair und logisch" vorgekommen. Er habe keine Zweifel an den Angaben im Memorandum zum Investment gehabt, betonte Sorger.
Sorger kennt Berlin übrigens schon seit den frühen 1980er-Jahren. Bis er ums Investment angefragt wurde, habe er mit Berlin aber nichts zu tun gehabt, so Sorger.
Werner Kogler ist am Wort.
Tamandl (ÖVP) darf fragen. Sie wundert sich, warum sich Sorger die Sache nicht näher angeschaut hat. Die Bewertung der Bank sei ihm marktgerecht vorgekommen, so Sorger. Die Swaps waren darin nicht berücksichtigt.
Anm: Trotzdem segnete Sorger im Juni 2007 das Geld für die dritte Tranche des Investments ab.
Walter Rauch (FPÖ) ist am Wort. Auf die Frage, ob auch die „Kommunalkredit“ Thema war? Nein, sagt Sorger. Das „not distressed“ Urteil der Notenbank war ebenso nicht Thema.
Zur Auffrischung der Erinnerung: Sorger war einer der Investoren rund um Tilo Berlin, die bei der Hypo über ein Konsortium eingestiegen und mit einem deutlichen Gewinn beim Verkauf an die Bayern ausgestiegen sind.
Neos-Mandatar Rainer Hable bohrt nach. Es geht um das Investment-Angebot von Tilo Berlin. 2006 habe er erstmals davon erfahren, so Sorger. Berlin schickte ihm das Angebot zu – es ging um ca 1,5 Mio Euro. Von Investitionen in drei Tranchen, habe er nichts gewusst.
Die Pause ist zu Ende. Es folgt eine Rechtsbelehrung und dann die Befragung von Veit Sorger. „Mit der Hypo selbst habe ich gar nichts zu tun gehabt“, beginnt Sorger. Falscher Zeuge?
Nachtrag: Grasser gab sich vor Journalisten zufrieden über seinen Auftritt. Er habe noch bei keiner Befragung Schwierigkeiten gehabt. "Auch heute wollte man mir Details herausziehen". Das sei nicht gelungen.
Tamandl will "den Mythos des Kollegen Krainers zerstören". Auch die ÖVP-Abgeordnete sieht ein Empfehlung der Rechtsabteilung für die Absetzungsverfahren gegen die FMA-Vorstände und zitiert aus einem Dokument. Krainer sagt, dass das zitierte Schriftstück nur eine Zusammenfassung sei und erst nach der Stellungnahme der Rechtsabteilung verfasst wurde.
Somit ist die Befragung Grasser beendet. Sitzung bis 16 Uhr unterbrochen.
Übrigens: Aus dem Büro von Finanzminister Schelling gab es vorerst auf Anfrage - etwa ob jeder Zeuge im U-Ausschuss oder gar jeder Staatsbürger Unterlagen zur Hypo aus dem Ministerium bekommen könne - noch keine Stellungnahme. Wir sind gespannt!
Jan Krainer versucht es nochmal und fasst zusammen. Wir haben gelernt: „Die Abberufung fand gegen die Meinung der Rechtsabteilung statt“. „Sie haben erfolglos interveniert, was im Sinne Kulterers war“. All das gehe aus den Dokumenten hervor. „Und das nehme ich mit aus der Befragung heute“.
Grasser wiederholt böse seinen Standpunkt: Abberufungsverfahren war korrekt von Beamten eingeleitet worden. „Wenn Sie es fünf Mal sagen, wird es nicht richtiger“, greift Grasser Krainer an.
Zum tausendsten Mal wird die versuchte Absetzung der FMA-Vorstände Traumüller und Pribil thematisiert. Wie zuvor von Grasser betont, hatte ja Haider da seine Finger nicht im Spiel. Er selbst hatte auch damit nichts zu tun. „Aber vielleicht Herr Kramer?“, so Grasser. (Anm: Kramer, ist jener Beamte, der Grasser aktuell die Unterlagen für den U-Ausschuss zusammengestelt hat)
Robert Lugar bringt Grassers „Vorbereitung“ aufs Tapet. Hans-Georg Kramer, Generalsekretär im Ministerium war einst Mitarbeiter von Grasser. Dieser hat Grasser die Fragen zum heutigen U-Ausschuss beantwortet. Grasser habe von ihm anscheinend „lange nichts mehr gehört“. Er sei „überrascht gewesen“, dass Schelling ihn mit dem Auftrag betraut hat.
Grasser hat sich zur Vorbereitung der heutigen Befragung an Finanzminister Schelling in einem Brief um Hilfe gewandt. Er hat daraufhin Unterlagen erhalten. Diese wurde von einer Fachabteilung des Ministeriums zusammengestellt.
Wer hat entschieden, dass Berlin einsteigen darf, fragt sich Grasser. „Das war unter anderem das Land Kärnten“, antwortet sich Grasser selbst. Ich hatte damit nichts zu tun. „Ich sehe schwere Verfehlung auf der Bundesseite“: Zur späteren Reaktion auf die „Schieflage“. Kogler insistiert auf die Aufklärung der Anbahnung des Tilo Berlin Investments. Kogler spricht von einem typisch österreichischen „Sittenbild“. Die Diskussionsatmosphäre ist merklich lockerer geworden. Jetzt Sitzungspause.
So, der grüne Werner Kogler ist am Wort. Haben Sie mit Berlin über das Bieterverfahren zur Bawag gesprochen, fragt er. Wenn dann war es eine oberflächliche Diskussion, gibt der Ex-Minister an. Es könne sein, dass man aufgrund eines Kaufinteresses der Bayern LB Gespräche mit Berlin über die Bawag geführt habe, antwortet Grasser.
„Ich hatte keinen Hinweis, dass die Bank ein Systemproblem bekommen könnte“, führt Grasser sein Referat fort. Entschuldigend für die FMA: Wer eine Bank 2007 die Bank mit 2,7 Mrd. Euro bewertet, wird wissen was er tut.
Grasser monologisiert… „…Swap-Verluste“. Meine Aufmerksamkeit nimmt wieder zu. „Im Jahr 2006 wurde ich informiert“, sagt Grasser. Grasser sah keine Gefahr und keinen Ansatzpunkt dafür. Zu Kulterers Abgang: „Er wird die Bank am besten gekannt haben“, so Grasser. "Kulterer war die Bank". Brigitte Jank (ÖVP) befragt jetzt übrigens den Ex-Finanzminister.
Elmar Podgorschek ist am Wort. Er will nach der mühsamen letzten halben Stunde andere Themen ansprechen. Er fragt seinen Ex-Parteikollegen um Erlaubnis, das „Du“-Wort zu verwenden. Grasser ist einverstanden. Es geht um die Besetzung der Bankenaufsicht (Anm.: Er installierte selbst Traumüller 2004). Druck habe er nicht viel ausgeübt, nur „die besten Köpfe ausgesucht“.
Thematisch geht es wieder um das Absetzungsverfahren gegen die beiden FMA-Vorstände Traumüller und Pribil. Laut Krainer hat die Rechtsabteilung keine Empfehlung für das Verfahren gegeben. Grasser bestreitet das vehement. Die Dokumente würden das nicht belegen.
Grasser will Zeit, um den Text zu lesen. Jetzt ist mal Ruhe im Saal. Podgorschek (FP) hält das offenbar nicht aus und stellt eine Frage zur Geschäftsordnung. Grasser liest.. Zeit für eine kurze Pause.
"Jetzt nehmens das wieder in die linke Hand": Krainer erklärt Grasser, wie er die vorgelegten Dokumente richtig liest. Doris Bures greift in den langsam zu einem Hick-Hack werdenden Disput ein und erklärt die Regeln. Neues handschriftliches Dokument. Grasser: "Das ist verdammt schwer zu lesen". Es geht auch um Notizen von ihm selbst.
Jan Krainer (SPÖ) steigt in die Befragung ein. Er legt ein Dokument vor. Es handelt sich um ein Schreiben an Grasser. Demnach sei der Prüfungswunsch Kulterers im Jahr 2001 nicht nur an Lejsek sondern auch an Grasser gegangen.
Da kommt jetzt mal nicht viel raus. Es gibt eine Entschlagung: Hable will wissen, ob Ex-Hypo-Chef Berlin an ihn wegen eines Investments herangetreten sei. Grasser entschlägt sich. Hable ist enttäuscht: "Ich laufe erst warm, und sie entschlagen sich schon?" Gelächter. Sitzung wird unterbrochen.
Grasser liest das vorgelegte Dokument und murmelt: „Herr Abgeordneter, ich würde Sie bitte Unterstellungen zu unterlassen“. Er droht, gar nichts mehr zu sagen, weil es ein laufendes Verfahren geht. Was haben Sie in Bayern gemacht, fragt Lugar. „Haben Sie einen Einstieg der Bayern verhandelt?“ Grasser gibt zu: „Der Vortrag dort war ungewöhnlich“ Zu BayernLB sagt er nichts. Rainer Hable darf jetzt weiterfragen.
Lugar wird laut. „Es ging um jemanden (Anm.: Kulterer), der strafbare Handlungen gesetzt hat. Und sie haben Sich hinter ihn gestellt!!“ Grasser beschwert sich ob der laut vorgetragenen unsachlichen Vorwürfe.
Es geht um das berühmte Schreiben Jörg Haiders an Grasser, in dem es um die Absetzung der FMA-Vorstände Traumüller und Pribil geht. Schon damals habe er öffentlich erklärt, auf diese Intervention nicht einzugehen. „Warum haben Sie sich nicht hinter die FMA-Vorstände gestellt?“, will Lugar wissen. Grasser weicht aus.
Die eigentliche Befragung beginnt mit Robert Lugar vom Team Stronach.
Verfahrensrichter Walter Pilgermair will das Verhältnis zu Haider klären. Die Klagen gegen die FMA war eine klare Intervention des Landeshauptmannes, sagt Grasser. Gab es andere Wünsche, die er persönlich an sie herangetragen wurde? Ich habe keine Erinnerung, sagt Grasser mit größter Überzeugung.
Hannes Ainedter: Ohne Anwalt geht Grasser nicht außer Haus.
Welche Lehren sollten gezogen werden? Es sollte sorgsamer mit Haftungen umgegangen werden. Hypo beweist aufs neue, dass die Eigentümer schlecht waren. Europäische Aufsicht müsste mehr machen. Eigenkapital der Banken sollte massiv erhöht werden. Dann wäre das Risikopolster größer, so Grasser.
Karl-Heinz Grasser gibt ein Anfangsstatement ab. Die neue Aufsicht wurde mit den Stimmen aller im Parlament sitzenden Parteien einstimmig beschlossen. Und verbessert. Bawag und Hypokrise hätten mit der besten Aufsicht nicht verhindert werden können. Grasser spricht von einem „multiplen Versagen“. In vielen Ländern konnte nach Lehman die Krise gehandelt werden. Nur in Österreich gelang das nicht.
So, das Chaos mit den Filmteams und Fotografen legt sich. Im Sitzungssaal beginnt die Befragung. Es werden Details zum Ablauf verlesen.
Der grüne Werner Kogler dürfte sich bei der Befragung auf die Bankenaufsicht FMA konzentrieren. Diese habe "völlig versagt", wiederholt er sein Ansinnnen. Das Konstrukt der FMA mit Einbeziehung der Nationalbank wurde unter Grasser als Finanzminister 2000 installiert. Sie wurde immer wieder vom Rechnungshof schwer kritisiert.
Gabriele Tamandl merkt ob es großen Andrangs vor dem Ausschuss an, dass heute "offenbar wer Wichtiger" zu kommen scheint. Sie glaubt aber nicht, dass viel herauskommt. Einen "großen Knüller" solle man sich heute nicht erwarten-
Grasser ist pünktlich mit Anwalt eingetroffen. Er gibt gleich mal ein Statement ab. "Kein politisches" Hick-Hack erwartet er sich. Er hofft dass es um "die Sache" geht bei der heutigen Befragung.
Guten Morgen aus dem Parlament!