Politik/Inland

Hürde Deutschkurs: Ein Jahr Wartezeit für volle Mindestsicherung

563 oder 863 Euro: Wer nach dem positiven Asylbescheid die volle Mindestsicherung beziehen will, muss dafür vor allem eines – warten. Denn um die 300 Euro Aufschlag zu beziehen, muss man Deutsch auf B1-Niveau beherrschen; und das ist laut Experten gar nicht so einfach.

"Im Idealfall", sagt AMS-Sprecherin Beate Sprenger, "braucht man 45 Wochen, also knapp ein Jahr, um das vorgeschriebene B1-Niveau zu erreichen" (siehe dazu auch Test unten). Wichtig ist bei diesem Satz das Wort Idealfall: 45 Wochen gelten nämlich für Personen, die schnell und gut lernen. Wer nicht lesen und schreiben kann, muss drei Monate Lernzeit hinzurechnen – mindestens. Und wer einmal durchfällt, muss wiederum 15 Wochen draufschlagen.

Weniger Kurse wegen Kürzungen

Dazu kommen Wartefristen. Derzeit betrügen die beim AMS Wien, wo die meisten Deutschkurse abgehalten werden, vier Wochen; wenn sich der Andrang erhöht – was durch die neue Regelung auch zu erwarten ist -, werden sich die Fristen freilich verlängern. Dazu kommt: Die Regierung hat angekündigt, das Sonderbudget des AMS für Integrationsmaßnahmen kürzen zu wollen – heuer hat man bereits 105 Millionen für das "Integrationsjahr" gestrichen, das auch Sprachkurse, beinhaltet. Ab 2019 wird der Etat gänzlich auf null heruntergefahren.

Was das für die Deutschkurse heißt, ist noch nicht ganz klar. Sollte der Verwaltungsrat des AMS, in dem die Regierung ihre Vertreter sitzen hat, nicht Gelder aus dem Regelbudget für Integration zur Verfügung stellen, wird die Zahl der Kurse wohl stark sinken – ein wahrscheinliches Szenario. Dann müssten Deutschlernende auf private Institute ausweichen, wo die Kurse - sofern sie nicht vom Integrationsfonds gefördert werden - pro Stück um die 350 Euro kosten. Bis man B1-Niveau erreicht hat, käme man so auf etwa 1000 Euro Kosten.

B1-Niveau als große Hürde

Experten wie etwa das Netzwerk SprachenRechte – ein Zusammenschluss von Wissenschaftlern und Sprachlehrern – hat zudem Bedenken, dass die Hürde B1 tatsächlich leicht zu schaffen ist. "Auch ein beträchtlicher Prozentsatz jener Menschen in Österreich, die Deutsch als Erstsprache verwenden, würde die Prüfung nicht schaffen", sagt Sprecherin Verena Plutzar. Sowohl Praxiserfahrungen als auch Forschungsergebnisse würden belegen, dass viele Menschen die nun eingeforderte Prüfung trotz enormer Anstrengung erst nach Jahren - oder nie - bestehen.

Wie schwierig B1 ist, kann man an den Empfehlungen des Bildungsministeriums für österreichische Schüler sehen: Für die erste lebende Fremdsprache – also beinahe immer Englisch – ist B1 da für das fünfte bis achte Lernjahr vorgesehen.

Mitarbeit: Alexander W. Huber

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