Holzinger: "Die Leute sind so angefressen"
Von Maria Kern
Wer neu ins Parlament kommt und noch dazu sehr jung ist, hält sich anfangs üblicherweise eher zurück. Nicht so Daniela Holzinger. Nach gerade einmal dreieinhalb Monaten im Hohen Haus stimmte die 26-Jährige als einzige Rote einem Antrag der Grünen für einen Untersuchungsausschuss in der Causa Hypo zu. Die Oberösterreicherin machte sich damit als Erste in ihrer Partei offiziell dafür stark, dass das Hypo-Debakel parlamentarisch untersucht wird – zum Missfallen ihres Klubs. Unter den Genossen ist derartige Rebellion unüblich.
Ein Abgeordneter legte der "Neuen" gar nahe, aus dem Klub auszutreten, wenn sie sich nicht an dessen Linie halten wolle.
Holzinger nimmt das freie Mandat aber wörtlich – Klubzwang hin oder her. Sie gefällt sich in der Rolle der Basis-Politikerin. Hartnäckig fordert sie weiterhin einen U-Ausschuss in Sachen Hypo – und hofft, dass er möglichst bald realisiert wird.
Mittlerweile haben ja selbst SPÖ- und ÖVP-Spitzen signalisiert, man könne die Regeln für ein derartiges Gremium ändern. Dann könnte auch die Minderheit, sprich die Opposition, einen U-Ausschuss initiieren.
"Vorsichtig sein"
Kritiker in den eigenen Reihen sollten "vorsichtig mit dem Vorwurf sein, ich würde gegen die Parteilinie stimmen", mahnt Holzinger im KURIER-Gespräch. Schließlich habe die SPÖ bei ihrem Bundesparteitag 2012 in St. Pölten bereits einen U-Ausschuss als Minderheitenrecht beschlossen.
Deshalb macht die jüngste Abgeordnete unter den Roten auch Druck: "Das muss jetzt zügig gehen, sonst fühlen sich die Leute wieder nicht ernst genommen."
Draußen bei "den Leuten", da ist sie häufig – so wie es sich für eine Volksvertreterin gehört. Rund 4500 Hausbesuche haben Holzinger und ihre Unterstützer im Nationalratswahlkampf absolviert. Damals war sie Gemeinderätin in ihrem Heimatort Gampern im Bezirk Vöcklabruck. Der Aufwand wurde mit 5271 Vorzugsstimmen belohnt.
Und was hört sie heute, wenn sie durchs Land tourt? "Das Thema, das alles überschattet, ist die Hypo. Die Leute haben Angst, dass es ein Sparpaket geben wird, weil Finanzminister Spindelegger das nicht ausgeschlossen hat." So weit dürfe es aber keinesfalls kommen. "Da muss die SPÖ Nein sagen."
Wenn die öffentliche Hand in Zukunft Geld benötige, dürfe "nicht der "Durchschnittsbürger" drankommen. "Die Leute sind schon so angefressen. Die haben genug gezahlt. Irgendwann muss einmal Schluss sein", sprudelt es aus Holzinger in energischem Ton heraus – und klassenkämpferisch ergänzt sie: "Wenn der Staat Geld braucht, muss er es sich bei jenen holen, die genug haben." Die Jung-Politikerin meint die "Millionärssteuer". Vermögen und Erbschaften ab einer Million Euro sollten besteuert werden.
Das hat die SPÖ im Nationalratswahlkampf am laufenden Band gefordert. "Ab Beginn der Koalitionsverhandlungen hat man davon aber nichts mehr gehört – obwohl es eine der Hauptforderungen der SPÖ war", kritisiert Holzinger ihre Parteifreunde. Dabei würde der Staat dringend Einnahmen benötigen, "um die Steuern auf Arbeit zu senken. Das würde auch die Wirtschaft ankurbeln", meint die quirlige Frau, die bis vor Kurzem beim roten Wirtschaftsverband in Oberösterreich werkte.
Sie stößt damit ins selbe Horn wie ÖGB-Präsident Erich Foglar, der im KURIER auf eine Steuerreform gedrängt hatte.
"Reden und Handeln"
Holzinger drängt ihre Kollegen, den Bürgern die Wahrheit zu sagen: "Reden und handeln müssen zusammenpassen", doziert die Politologie-Absolventin. Und: Politiker müssten den Menschen zuhören, sie ernst nehmen. Denn: "Die Leute sagen eh schon: ‚Es hat keinen Sinn mehr, zur Wahl zu gehen.‘" Diese Entwicklung sei "demokratiegefährdend".
Daniela Holzinger stammt aus Gampern (OÖ). Der Vater war Schlossermeister (nun in Pension), die Mutter ist Hausfrau. Holzinger hat zwei Geschwister. Nach der HAK studierte sie Politikwissenschaft. In ihrer Bachelor-Arbeit (gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten verfasst) widmete sie sich der Frage, warum SPÖ und ÖVP laufend Wähler verlieren. Hobby: Laufen.
PolitikAb 2009 war Holzinger SPÖ-Gemeinderätin in Gampern, einer mehrheitlich schwarzen Kommune. Daneben engagiert sich die junge Frau bei Volkshilfe und Kinderfreunden. Bis November 2013 war sie beim Sozialdemokratischen Wirtschaftsverband tätig.
Seit 29. Oktober sitzt sie für die SPÖ im Nationalrat und ist jüngstes Klub-Mitglied.