Politik/Inland

Hofer: „Wir stehen nicht dort, wo uns manch einer sieht“

KURIER: Landesrat Rudi Anschober (Grüne OÖ) will, dass Asylwerber, die eine Lehre machen und einen negativen Asylbescheid bekommen, Bleiberecht erhalten. Können Sie als Regierungsmitglied der Initiative „Ausbildung statt Abschiebung“ etwas abgewinnen?

Norbert Hofer: Ich verstehe, dass viele Betroffenen hier Sorgen haben. Ich verstehe jeden einzelnen Fall, kenne auch Betroffene im Bekanntenkreis, aber: Asyl ist ein ganz besonderes Recht. Die Gefahr ist, dass Menschen den Lehrberuf ergreifen, um sicherzustellen, dass sie bleiben dürfen, obwohl sie gar kein Asylrecht haben. Dieses Risiko möchte ich nicht eingehen.

Die Möglichkeit der Amnestie kommt für Sie nicht infrage?

Wenn der Staat die falschen Signale setzt, dann führt es dazu, dass viele das Recht missbrauchen.

Viele fragen sich, warum Asylwerber drei Jahre lang auf einen Bescheid warten, die Verfahren so lange dauern.

Da muss man schon auch den Staat entschuldigen, denn es liegt auch daran, dass es seitens der Asylwerber oft keine Mitwirkung gibt. Dass auch Menschen Papiere wegwerfen und einiges tun, um die Verfahren in die Länge zu ziehen. Die Verfahrensdauer ist jedenfalls nicht alleinige Schuld des Staates.

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Diese Woche wurde der Regierung vorgeworfen, teils zu großzügig und intransparent zu agieren. Studien in der Höhe von 10,2 Millionen Euro wurden in Auftrag gegeben, deren Inhalte oft nicht publik werden. Allein die von Ihnen beauftragte Studie zum „Rechtsabbbiegen bei Rot“ kostete 99.750 Euro. Ab 100.000 Euro hätte Sie die Studie ausschreiben müssen.

Ich gebe Ihnen eine offene und ehrliche Antwort: Ich wollte, dass die TU Wien den Auftrag zur „Rechtsabbiegen bei Rot“-Studie bekommt, weil sie der perfekte Partner ist. Wir haben gewusst, dass wir, wenn wir den Auftrag an die Technische Universität vergeben, 100.000 Euro Budget nicht überschreiten dürfen. Ich bin der TU dankbar, dass sie die Studie um diesen Betrag machen kann. Zudem kommt die wissenschaftliche Arbeit auch den Studentinnen und Studenten zugute. Ich werde es künftig bei mir so handhaben: Egal ob bei „Rechtssabbiegen bei Rot“ oder „Tempo 140“, werden die Ergebnisse der Studien veröffentlicht. Ich kann nicht für andere Ministerien sprechen, aber es gibt Gründe – zum Beispiel personenbezogenen Daten – warum Studien nicht veröffentlicht werden.

Apropos Tempo 140 km/h: Was ist Ihr Resümee nach knapp zwei Wochen?

Es läuft alles ganz unaufgeregt. Die Autofahrer sind diszipliniert, es gibt keinerlei Zwischenfälle bisher – also alles in bester Ordnung.

Kritiker sagen, schnelleres Fahren verursacht mehr Emissionen, die Toleranzmessgrenze mit bis zu 159 km/h berge eine erhöhte Unfallgefahr in sich und das 140er-Limit bringe nichts außer guter Stimmung.

Nochmal: Die Autofahrer verhalten sich derzeit äußerst diszipliniert. Ich bin zudem der Meinung, dass sich die Fahrzeugtechnik seit den 1970ern und der Einführung der 130 km/h-Limits inklusive der Autobahnen selbst so sehr verändert haben, dass der Versuch der 140 km/h zu rechtfertigen ist. Wenn der Modellversuch funktioniert, dann möchte ich das 140 km/h-Limit auch in anderen Teilen Österreichs ausrollen. Wir haben ein ganz anderes Problem auf Österreichs Autobahnen.

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Welches Problem haben wir österreichweit?

Wir haben auf den Autobahnen häufige Geschwindigkeitswechsel. Das Beschleunigen und Abbremsen innerhalb kurzer Wegstrecken verursacht mehr Probleme als man glauben würde. Permanente Geschwindigkeitswechsel sind auch ein Ärgernis für die Autofahrer.

An welche Strecken denken Sie, wenn Sie von permanenten Geschwindigkeitswechsel sprechen?

Jeder, der auf der Südautobahn Richtung Kärnten unterwegs ist, weiß, dass man oft Geschwindigkeitswechsel hat – Tempobeschränkungen bei Tunnels ausgenommen. Ich bin ein entschiedener Gegner des Luft-Hunderters von IG Luft. Wir haben Studien, die belegen, dass die Wirksamkeit von Lufthundertern auf der Autobahn nur ein Prozent an Luftschadstoffen einspart. Ich unterstütze diese Maßnahme nicht, brauche aber für eine Änderung die Unterstützung der Länder. Überall dort, wo ein neuer Luft-Hunderter entsteht, werde ich meine Meinung kundtun. Für Elektroautos und Wasserstoffautos, also dekarbonisierte Fahrzeuge, werde ich mich bemühen, den Luft-Hunderter österreichweit abzuschaffen.

SP-Chef Christian Kern plädiert dafür, mehr Geld in erneuerbare Energien zu stecken. Wird die Regierung hier mit der Opposition an einem Strang ziehen?

Ich habe mir die Pläne der SPÖ angesehen. Da geht es stark um Wind- und Wasserkraft, mit dem Hinweis, dass diese Investments wirtschaftlich darstellbar sind. Jeder, der seit Jahren mit der Materie befasst ist wie ich, weiß, dass diese Energie-Alternativen nicht der Weisheit letzter Schluss sind. Natürlich haben wir bei der Photovoltaik Entwicklungen, die wirtschaftlich darstellbar sind. Natürlich wird Wasserstofferzeugung eine wesentliche Rolle spielen. Die Frage ist aber nicht, wie subventionieren wir erneuerbare Energie, sondern wie speichern wir sie. Im Burgenland beispielsweise erzeugen wir 160 Prozent des Stroms selbst, aber dann, wenn wir ihn nicht brauchen. Alle Parteien müssen sich gemeinsam viel mehr mit der Materie der erneuerbaren Energie und alternativen Energieformen befassen und in die Tiefe gehen. Am steirischen Erzberg wird derzeit versucht, neue Speichertechnologien zu erproben. Wie speichern wir Energie: Das ist ein Zukunftsthema. Und ich freue mich, wenn auch die SPÖ sich dieser Zukunftsthemen annimmt.

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Eines der Zukunftsthemen der Regierung ist die Arbeitszeitflexibilisierung. SPÖ und Gewerkschaft machen gegen den 12-Stunden-Tag bereits mobil und versprechen einen „heißen Herbst“. Sie wollten nach einem teils amüsanten Schlagabtausch mit der Arbeiterkammer-Chefin Renate Anderl auf ein Würstel und ein Bier gehen. Ist das schon passiert?

Nein, aber ich freue mich schon darauf! Wir haben schon einen Termin für September vereinbart. Es ist vollkommen klar und legitim, dass die SPÖ das Thema in der Oppositionsrolle nutzt. Nachdem die Post jetzt eine Vier-Tage-Woche überlegt, bin ich zuversichtlich, dass sich vieles von der jetzigen Kritik in Luft auflösen wird, sobald die Arbeitszeitflexibilisierung gelebte Praxis ist.

Kritik gab es jüngst von Wolfgang Ambros. In einem SZ-Interview sagte er unter anderem: „Ich bin mir sicher, dass es viele braune Haufen in der FPÖ gibt“. Ihr FP-Generalsekretär Christian Hafenecker bezeichnete ihn und Fendrich erst als „abgehalfterte Musiker“, dann bot er ihm ein Versöhnungs-Bier an, das Ambros ablehnte.

Ich nehme Ambros’ Meinung zur Kenntnis. Ich kann es nicht ändern, wenn er eine schlechte Meinung von uns hat, und kann nur hoffen, dass er durch den Kontakt mit Einzelnen in der FPÖ seine Meinung ändert.

Ist es Hafeneckers Aufgabe, als Generalsekretär mit diesen Worten auf Ambros zu reagieren?

Ein Generalsekretär hat ganz andere Aufgaben und manchmal auch eine andere Wortwahl als ein Minister, das ist klar. Ich bin mit der Musik von Wolfgang Ambros groß geworden. Und es tut mir sehr leid, dass er so über uns denkt. Aber wer uns kennt, einzelne, auch ehrenamtliche Mitarbeiter in Gemeinden, und unsere Bemühungen, auch in der Beziehung zum Staat Israel, der weiß: Wir stehen nicht dort, wo uns manch einer sieht.

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Nachgefragt

Wo verbringen Sie Ihren Urlaub?
 Die letzten freien Tage verbringe ich im südlichen Burgenland

Welche Lektüre nehmen Sie in den Urlaub mit?   
Meine Lektüre derzeit ist: Dale Carnegie   „Sorge Dich nicht – lebe!“   

Was ist Ihr bevorzugter Sommer-Drink? 
Mineral-Zitrone.

Schreiben Sie im Urlaub Kurznachrichten oder Postkarten? 
Ich stelle im Urlaub Fotos in die WhatsApp-Familiengruppe. 

Zur Person: Zur Person: Norbert Hofer Nummer 2 hinter StracheDer gebürtige Steirer (geb. 1971 in Vorau) arbeitete nach der Matura als Systemingenieur bei Lauda Air. Seine FPÖ-Karriere begann 1996 im Burgenland. Seit 2005 ist der heutige Regierungskoordinator und Infrastrukturminister Vizeparteiobmann der FPÖ.  2016 kandidierte der ehemalige Dritte Nationalratspräsident für die Hofburg  – unterlag mit 46,1 % der Stimmen  gegen Alexander Van der Bellen.  2003 stürzte Hofer mit dem Paragleiter ab – seither leidet  er unter einem  inkompletten Querschnittsyndrom. Der Vater von vier Kindern lebt in Pinkafeld und Wien.