Politik/Inland

Auf Verliererkurs: Gasgeben fürs Finale

Ihnen bleiben noch 16 Tage. In etwas mehr als zwei Wochen ist klar, ob es die Vertreter der Koalitionsparteien, Rudolf Hundstorfer (SPÖ) und Andreas Khol (ÖVP), am 24. April schaffen, bei der Wahl zum Bundespräsidenten zumindest in die Stichwahl zu kommen.

Nach derzeitigem Stand ist das eher unwahrscheinlich, die Lage für die Regierungsparteien ist durchaus dramatisch. Denn mit einer einzigen Ausnahme rangieren Hundstorfer und Khol in allen (!) seit 11. März publizierten Umfragen auf den hinteren Plätzen. Schlechter schneidet nur Richard Lugner ab, der Vorsprung von Irmgard Griss und Norbert Hofer bleibt stabil, der zu Alexander Van der Bellen scheint kaum aufzuholen.

Für SPÖ und ÖVP wäre es jedenfalls blamabel, würden beide Regierungskandidaten schon am 24. April ausscheiden – im Vergleich zu einer Irmgard Griss haben SPÖ und ÖVP nicht nur deutlich mehr Budget, sondern auch ein weites Netz aus Funktionären und Bezirksparteien, das bei der Mobilisierung der Wähler hilft – oder helfen sollte.

Wie wollen Hundstorfer und Khol die letzten Tage nutzen? Wie könnte es gelingen, das Ruder noch herumzureißen und ein starkes Wahlkampf-Finish hinzulegen?

Es waren Heimspiele: Gestern trat Rudolf Hundstorfer in Linz zuerst vor Hunderten Voest-Betriebsräten, hernach vor 300 Pensionisten auf.
Andernorts ist der Zulauf zum roten Hofburg-Werber enden wollend. Hundstorfers Umfragewerte sind schlecht. Was für einstige Präsidentschaftskandidaten ein Vorteil war – einer Regierungspartei anzugehören –, ist nun ein Nachteil. Wie will er bis zum 24. April aufholen?
Stärker als bisher wird sich der einstige Sozialminister „als einer, der politische Verantwortung getragen, der Entscheidungen getroffen hat“, positionieren – im Gegensatz zu Alexander Van der Bellen und Norbert Hofer. Beide hätten als Oppositionelle nur kritisiert, er sei „immer operativ tätig“ gewesen.
Van der Bellen, zu dem viele klassische Rot-Sympathisanten tendieren, und Hofer sind Hundstorfers Hauptkonkurrenten. Und so hat er sie im Visier. Die SPÖ versucht, „das wahre Gesicht“ des öffentlich freundlich-verbindlichen Blau-Mannes zu zeigen. „Wir werden klarmachen, wofür Hofer inhaltlich steht“, heißt es in Hundstorfers Team.

Rote Final-Strategie

Dass dieser bei der Marko-Germania zu Pinkafeld ist, wird nun thematisiert. In der 1994er-Festschrift der Burschenschaft ist von der „geschichtswidrigen Fiktion einer österreichischen Nation“, die seit 1945 „in den Gehirnen der Österreicher festgepflanzt“ worden sei, die Schreibe. Hundstorfer greift das auf: „Es ist unverständlich, dass jemand, dessen Burschenschaft Österreich nicht als Nation anerkennt, Präsident dieses Landes werden möchte.“
Auch davor, Van der Bellen zu wählen, wird Hundstorfer warnen. Nach dem Motto: Wer Grün unterstützt, bekommt Blau. Die Argumentation: Schaffe es Van der Bellen in die Stichwahl und habe Hofer als Gegenüber, sei das Risiko groß, dass dieser Bundespräsident wird. Flüchtlingspolitisch repräsentiere der Ex-Grünen-Chef nämlich eine Minderheit, das Gros der Bürger sei – wie die FPÖ – gegen die „Willkommenskultur“.
Kandidatin Irmgard Griss wird die SPÖ auch in den kommenden Tagen außen vor lassen; da sei nichts zu holen: „Ihre Unterstützer werden nie Sozialdemokraten werden.“

Der ÖVP-Chef, der Tiroler Landeshauptmann, fast alle ÖVP-Minister und an die 1000 Gäste – sie alle pilgerten Donnerstagabend in den Innsbrucker Congress, um den Wahlkampf von Andreas Khol offiziell zu eröffnen. Schützenhilfe bekam der schwarze Hofburg-Anwärter auch aus Bayern, Ministerpräsident Horst Seehofer reiste an. Khol kann jeden Beistand brauchen.
„Das ist eine harte Aufholjagd“, gestand auch Kampagnenleiter Thomas Kratky kürzlich ein. Er wirbt mit Khols langjähriger Polit-Erfahrung und positioniert den Verfassungsrechtler als potenziellen „Sicherheitspräsidenten“ (mehr Geld fürs Heer, strikte Flüchtlingspolitik). Im Endspurt werfen sich Khol & Co. vor allem in den ÖVP-dominierten Ländern in die Schlacht. Man setzt auch auf die Bauern, die Pensionisten – und „die rund 1500 ÖVP-Bürgermeister“ (Kratky).
Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll bietet dem Präsidentschaftskandidaten kommenden Montag eine Bühne vor 1000 ÖVP-Anhängern im Schloss Grafenegg. Tags darauf ist ein großer Empfang in Ried im Innkreis (OÖ) geplant.

Familienrat per SMS

Die Parteijugend will der ehemalige Seniorenbund-Chef Khol bei einem Clubbing in Wien für sich gewinnen. Ebenfalls dabei: Schwiegertochter Nazan Eckes, RTL-Moderatorin mit türkischen Wurzeln. Den Vorwurf, er instrumentalisiere seine Familie, um sein Image aufzupolieren, weist Khol zurück. Er habe die Kinder aus dem Wahlkampf „raushalten wollen“, schildert der sechsfache Vater. „Sie wollten aber mittun“, betont Khol-Ehefrau Heidi. Über die familieninterne Kurznachrichten-Gruppe („Familienrat“) würden die Söhne und Töchter sogar laufend Vorschläge einbringen, was man im Wahlkampf noch alles tun könne.
Die Gegner zu attackieren, gehört nicht dazu. Das überlässt Khol dem ÖVP-Generalsekretär. Peter McDonald nimmt vor allem zwei Konkurrenten ins Visier: Rudolf Hundstorfer (SPÖ) und Ex-Richterin Irmgard Griss. Khol matcht sich mit Hundstorfer um die Stimmen der Senioren. Griss spricht bürgerliche Wähler an, also die klassische ÖVP-Klientel.